Thema: Wie kann man nur helfen??? (Gelesen 2049 mal)

Hilfe1234 · « **am:** 27. Juli 2011, 10:35:31 »

Hallo,

ich weiß gar nicht, ob dies das richtig Forum ist, aber ich versuche es jetzt einfach mal.

Es geht um meinen Bruder. Er ist jetzt fast 34 und kriegt einfach sein Leben nicht geregelt. Jetzt ist mal wieder ein absoluter Tiefpunkt und wir als Familie haben auch keine Kraft mehr...
Diese Probleme kommen und gehen seit er 16 ist. Er hat alles schon durch - über Schulden, Arbeitslosigkeit, Drogen, Obdachlosigkeit bis Gefängnis...

Und hier die aktuelle Situation... Vor etwas 6 Wochen kam ein Brief seines aktellen Vermieters zu meinen Eltern. In diesem stand, dass schon seit Monaten die Miete offen ist, ihn seit Wochen keiner gesehen hat und er sich Sorgen macht, ob alles OK ist. Dazu muss er sagen, dass mein Bruder bei uns und meinen Eltern ein und aus gegangen ist und nie etwas gesagt hat - alles ist in Ordnung... Na jedenfalls haben ihn meine Eltern beim nächsten Besuch darauf angesprochen, was denn wieder los sei und da hat er nur den Brief genommen und ist gegangen. 2 Tage ohne Kontakt folgten. Horror für meine Eltern - vorallem meine Mutter. Dann hat er sich bei mir gemeldet und mich um ein Treffen gebeten. Obwohl ich nich den besten Kontakt zu ihm habe, hab ich natürlich eingewilligt - ist ja trotzdem mein Bruder. bei diesem Treffen hat er mir bissl was erzählt, wie die Situation ist. Er sagte mir damals, es ist die Wahrheit und er aht mir alles gesagt - über seine Schulden und das er die Arbeit verloren hat. Wir haben dann entschieden, dass wir gemeinsam zu einer Schuldenberatung gehen und er alle offenen Gläubiger zusammen sucht. Das war schon der Hammer... 11 000 € Schulden.
Na jedenfalls hat er jetzt 400 km weit weg wieder Arbeit gefunden und da die Beraterin sagte, dass Arbeit jetzt erstmal das wichtigste ist, ist er auch gefahren. Er hat immer wieder versprochen, dass er mit seiner Vermieterin in Kontakt tritt, um die Räumungsklage hinaus zu zögern. Außerdem wollte er nach spätestens 3 Wochen kommen, um die Wohnung auszuräumen und sauber zu machen.
Tja und das Ende vom Lied... Nix hat er eingehalten. Und das Schlimmste - seit einer Woche meldet er sich jetzt nicht einmal mehr. Wir waren jetzt mal in der Wohnung, um mal nach dem Rechten zu schauen den Briefkasten zu leeren. Da der nächsten Schock. Rechnungen über Rechnungen - manche über ein Jahr alt.
Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll. Auf der einen Seite würd ich es gern ignorieren - Scheiß drauf... Dann ist es eben sein Problem. Aber auf der anderen Seite - er ist doch mein Bruder und mit so einer Last kann man ja gar nich alleine zurecht kommen. Ich glaub, er brauch professionelle Hilfe - auch um endlich mal sein Leben in den Griff zu bekommen.
Aber ich kann nich mehr - hab ja auch noch ein eigenes Leben und er will ja grad scheinbar keine Hilfe. Aber es war auch schon so oft. Was, wenn es wieder noch schlimmere Formen an nimmt. Ach es ist so erdrückend...

Habt ihr nich eine Idee, was man machen kann?

Liebe Grüße

Achdujeh · « **Antwort #1 am:** 27. Juli 2011, 11:06:50 »

Hallo,

das ist eben das Problem. Man kann bzw. man sollte auch gar nicht helfen, wenn die Hilfe nicht willkommen ist. Und selbst wenn die Hilfe gesucht wird, muss man prüfen, ob man dem Hilfesuchenden eigentlich nur hilft, in seiner selbst verschuldeten Situation zu bleiben. Womit man ihn, genau genommen, sogar eher schädigt.

Es wird dir nicht viel nützen, wenn man dir sagt, dass du in der typischen Lage eines, möglicherweise bereits koabhängigen, Angehörigen bist.

Und genauso, wie man Suchtkranke durch falsches Helfen nur in der Sucht hält, ist es auch bei Schulden. Dein Bruder muss sich wohl grundsätzlich ändern. Das kann aber nur er, ggf. zwar mit Hilfe. Aber letztlich muss er es selber tun.

Deine Verantwortung endet dort, wo seine Verantwortungslosigkeit anderen und sich selber gegenüber beginnt.

Ich denke, du solltest offen sein, wenn er um Hilfe bittet. Du kannst ihn auch ansprechen und ihm deutlich machen, was die Situation mit dir macht und dass du darunter leidest. Nicht als Vorwurf, sondern schlicht als Information, als Rückmeldung für ihn.

Du wirst ihm am besten helfen können, wenn du dich klar abgrenzt und deutlich machst, dass du bereit bist zu helfen, aber zu deinen Bedingungen.

Ggf. wäre zu prüfen, ob eine seelische Störung hinter seinen Problemen steckt.

Alles Gute

Achdujeh

doktor mabuse · « **Antwort #2 am:** 27. Juli 2011, 14:28:09 »

Hallo,

eine sehr belastende Situation für Dich, da Du Dir wünschst, dein Bruder würde das Ganze Rational und mit gesundem Menschenverstand angehen, damit sich die Situation verbessert. Dies tut er aber nicht und hat er wohl auch in seiner Vergangenheit nicht konsequent getan, da vielleicht Suchtmotive und das Ausweichen bei Konfliktsituationen sein Leben bestimmt haben.
Ich meine, in akuten Situationen weiterzuhelfen ist Richtig und sollte auch NICHT an Bedingungen geknüpft werden, sondern aus Selbstlosigkeit erfolgen, ähnlich einer Spende.
Du hast ihm schon sehr weitergeholfen und ihm Möglichkeiten aufgezeigt, jetzt ist Er um seiner selbst Willen am Zuge, etwas für sich zu unternehmen. Dies ist nicht einfach, wenn man immer allem aus dem Wege gegangen ist und jetzt Selbstkritisch mit sich umgehen muß, damit man wieder ins Leben zurückfindet.
Vielleicht ist Er noch nicht soweit und benötigt noch Zeit, Du weist es nicht.
Alle Versuche von außen müssen Scheitern, wenn die Person um die es geht nicht mitspielt.
Du hast Dich menschlich und fürsorglich verhalten, damit hast Du Gutes getan, mehr geht im Moment nicht.

Gruß,
Doktor Mabuse

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