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Schulden und Insolvenz Hilfe Forum

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Autor Thema: Abfindung bei Betriebsbedingte Kündigung in der Privatinsolvenz  (Gelesen 7257 mal)

manuelfrech

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Hallo erstmal,
Und zwar geht es darum das ich in cirka ein halbes Jahr meinen Arbeitsplatz verlieren werde da unser Betrieb komplett geschlossen wird. Ich werde aber eine Abfindung für 17 Jahre Betriebszugehörigkeit von mein Arbeitgeber erhalten. Ich befinde mich seit Februar 2012 in der Privatinsolvenz bin verheiratet und habe zwei Kinder. Was passiert mit der Abfindung? Wird sie komplett gepfändet u. geht an mein Insolvenzverwalter oder darf ich einen Teil behalten und wie habe ich mich jetzt zu verhalten. Ich muß dazu noch erwähnen das ich im Moment davon ausgehen muß bis zur entgültigen Kündigung noch keinen neuen Job gefunden zu haben u. wohl Arbeitslosengeld erhalten werde.
Ich hoffe mir kann hier jemand auf meine Fragen antworten u. danke schonmal im Voraus.
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tomwr

Re: Abfindung bei Betriebsbedingte Kündigung in der Privatinsolvenz
« Antwort #1 am: 01. Februar 2014, 17:02:56 »

Generell ist die Abfindung in voller Höhe pfändbar bzw. unterliegt der Abtretungserklärung. Man kann zwar einen Antrag nach §850i ZPO stellen, dass dem Arbeitnehmer ein Teil der Abfindung erhalten bleiben soll aber Du dürftest ja auch Anspruch auf Arbeitslosengeld I nach 17 Jahren Beschäftigung haben. Insofern ist die Frage, wieviel das Gericht ggf. tatsächlich zubilligt. Dürfte schwer einzuschätzen sein und hängt von der Höhe des jetzigen Netto ab, daraus dann die Höhe des ALG I und der persönlichen Situation. Aber ein Versuch ist es alle Male wert.

Der Antrag nach §850i muss gestellt werden, bevor die Abfindung zur Auszahlung kommt. Wenn man das alles konkret belegen kann und alles bereits feststeht würde ich den Antrag mindestens 6 Wochen vorher stellen.
3 Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss man sich übrigens beim Jobcenter arbeitslos melden.

Dem IV würde ich das auch mehr oder weniger umgehend mitteilen. Nach §295 Abs.1 InsO muss man jeden Wechsel des Arbeitgebers unverzüglich dem Insolvenzgericht mitteilen sowie ggf. Auskunft über die von der Abtretungserklärung umfassten Bezüge erteilen. Jetzt gelten die Obliegenheiten des §295 InsO zwar erst in der WVP und nicht im eigentlich Insolvenzverfahren, hier hat man aber auch Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nach §97 InsO und die Gerichte lehnen sich im Zweifel gern an die Obliegenheiten nach §295 an (ausgelegt als Mitwirkungspflicht im laufenden Insolvenzverfahren).

Vermutlich bietet es sich hier an, sowohl das Insolvenzgericht als auch den IV/TH frühzeitig (im Sinne von umgehend) über das bevorstehende Ende des Arbeitsverältnisses mit Auszahlung der Abfindung zu informieren und dies mit einem Antrag nach §850i ZPO zu verbinden. Das Insolvenzgericht wird den IV/TH sowieso zu dem Antrag anhören.

Viel wird da m.E. nicht belasssen wenn man Anspruch auf ALG I hat. Etwas anders sähe es vermutlich aus, wenn man kein Anspruch auf ALG I hat. Dann hätte man aber sicher auch keine großartige Abfindung. Es ist aber möglich, dass das gezahlte ALG I zu niedrig ist um die Familie damit durchzufüttern und das Gericht dann eben doch teilweise die Abfindung für unpfändbar erklärt.
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manuelfrech

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Re: Abfindung bei Betriebsbedingte Kündigung in der Privatinsolvenz
« Antwort #2 am: 01. Februar 2014, 19:46:26 »

Erstmal ein großes Dankeschön für deine Antwort. Damit ist mir schon ein bisschen geholfen. Jedoch wirft sie für mich auch wieder neue Fragen auf. Ich gehe selbstverständlich davon aus das ich erstmal Anspruch auf Arbeitslosengeld habe. Heißt das dann das ich auf Grund dessen automatisch kein Anspruch auf meine Abfindung oder auch nur einen Teil davon habe oder wie hast du das gemeint??? Die Kündigungen sind übrigens noch nicht raus sondern die Belegschaft wurde letzte Woche lediglich von der Geschäftsführung darüber in Kenntnis gesetzt das die Schließung der Firma beschlossen u. nicht mehr abwendbar ist und so schnell wie möglich dieses Jahr noch abgewickelt werden soll. Diesen Antrag den man stellen muß wie du sagst, um einen Teil der Abfindung behalten zu können, kann ich den von einem Anwalt über meiner Rechtschutzversicherung beantragen oder wie läuft das??? Übrigens zahle ich für ein Kind aus erster Ehe Unterhalt und bin in zweiter Ehe verheiratet mit ein Kind. In Insolvenz bin ich mit einen Gläubiger. Die Schulden beliefen sich bei Insolvenzbeginn auf 40.000Euro. Kann ich den Gläubiger im laufender Insolvenz jetzt noch ein Angebot unterbreiten die komplette Restschuld durch meine Abfindung zu begleichen, oder ist das jetzt nicht mehr möglich. Ich rechne mit einer Abfindung in Höhe von cirka 15.000Euro. Ich hoffe du kannst mir da ein wenig weiterhelfen.
« Letzte Änderung: 01. Februar 2014, 19:48:51 von manuelfrech »
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tomwr

Re: Abfindung bei Betriebsbedingte Kündigung in der Privatinsolvenz
« Antwort #3 am: 02. Februar 2014, 14:05:51 »

Ich gehe selbstverständlich davon aus das ich erstmal Anspruch auf Arbeitslosengeld habe. Heißt das dann das ich auf Grund dessen automatisch kein Anspruch auf meine Abfindung oder auch nur einen Teil davon habe oder wie hast du das gemeint???

Ja, im Grunde habe ich das so gemeint. Nur hat man keinen Anspruch auf die Abfindung weil es eine Pfändung resp. Insolvenzbeschlag in der Insolvenz oder alternativ eine Abtretungserklärung in der WVP gibt und nicht weil man parallel ALG I bekommt. Das ist ein kleiner aber feiner Unterschied. Normalerweise darf man bei ordnungsgemäßer Kündigung die Abfindung zusätzlich zum ALG I behalten, soweit richtig. Normalerweise darf man eine Lottogewinn oder eine Erbschaft auch behalten. Aber das gilt natürlich nicht in einer Insolvenz. Da ist das erlangtes Vermögen (Neuerwerb) und der ist dem Insolvenzbeschlag (§35 InsO) unterworfen.


Die Kündigungen sind übrigens noch nicht raus sondern die Belegschaft wurde letzte Woche lediglich von der Geschäftsführung darüber in Kenntnis gesetzt das die Schließung der Firma beschlossen u. nicht mehr abwendbar ist und so schnell wie möglich dieses Jahr noch abgewickelt werden soll.

Okay - dann würde ich im Moment mal die Füße still halten, solange nichts offiziell ist.


Diesen Antrag den man stellen muß wie du sagst, um einen Teil der Abfindung behalten zu können, kann ich den von einem Anwalt über meiner Rechtschutzversicherung beantragen oder wie läuft das???

Prinzipiell ja, wenn die Rechtsschutzversicherung Arbeitsrecht mit einschließt. Das wäre dann auf jeden Fall ratsam, da die Konstellation mit Berücksichtigung von ALG I und insolvenzrechtlichen Aspekten sowie Pfändungsregelungen (§850i ZPO) rechtlich anspruchsvoll ist und vermutlich Rechenkünste, Fallkonstellationen und Taktieren mit dem Arbeitgeber verlangt. Also wenn das Optimale rauskommen soll, wenn es das überhaupt gibt.

Prinzipiell könnte man natürlich auch (zusammen mit dem Arbeitgeber) dafür sorgen, dass sich der Anspruch auf ALG I durch Eintreten einer Ruhezeit zunächst mal verzögert und hier eine Periode ohne Einkünfte zu erwarten ist und daher einem Antrag nach §850i ZPO zu entsprechen ist, die Abfindung also auf mehrere Monate verteilt wird und dann daraus ggf. Pfändungsbeträge beim Überschreiten der Pfändungsfreigrenzen zu erwarten ist. Auf diese Weise könnte man die Abfindung aus der Insolvenzmasse raushalten. Muss man aber sorgfältig planen, weil das Insolvenzgericht das rein theoretisch auch ablehnen kann, insofern ist auch ein taktisches Risiko dabei. Auf der anderen Seite kennen die sich im Arbeitsrecht auch eher nicht so besonders aus.

Man könnte eventuell aber auch mit dem Arbeitgeber vereinbaren, eine langfristige Kündigung ohne Zahlung einer Abfindung zu akzeptieren bei sofortiger Freistellung von der Arbeit. Dann erhält man statt der Abfindung weiterhin das Gehalt bis zum Ende des Arbeitsvertrages und hat sozusagen ab sofort frei. Die Zeit kann man nutzen um sich ggf. sinnvoll auf neue Bewerbungen zu konzentrieren und der Anspruch auf ALG I bleibt durch die Ruhezeit voll erhalten bis zum Ende Abfindung.

Das hat in dem laufenden Insolvenzverfahren keine Auswirkungen auf die Restschuldbefreiung, weil während des laufenden Verfahrens keiner Arbeitstätigkeit nachgegangen werden muss. Den Aspekt der Verfahrenskostenstundung kann man meist getrost vernachlässigen wenn die Verfahrenskosten durch laufende Zahlungen/Pfändungsbeträge gedeckt sind (meist um die 1000 EUR Verfahrenskosten/Mindestvergütung). Aber aufpassen, wenn das Insolvenzverfahren aufgehoben wird und die WVP beginnt. Dann sollte man mit dem Taktieren vorsichtiger sein bzw. dafür Sorge tragen, dass die Gläubiger wenigstens auch in den Genuss der Abfindung kommen. Sonst kommt jemand an, man hätte seine Erwerbsobliegenheiten verletzt.

Also insofern spricht m.E. viel für die Lösung mit der vorzeitigen Freistellung weil mit Aufhebung des Verfahrens sowieso die Erwerbsobliegenheit beginnt und weil es natürlich auch das persönliche Befinden hebt, wenn man am Arbeitsmarkt gebraucht wird und das insgesamt auch sehr sozialverträglich ist.  :wink:

Aber Du siehst, die Bandbreite der Handlungsmöglichkeiten ist groß. Ich würde mich ggf. bei Vorliegen einer entsprechenden Rechtsschutzversicherung einem Fachanwalt für Arbeitsrecht anvertrauen und vielleicht sicherheitshalber die Police mitnehmen. Wobei der BGH einschränkende Bedingungen auch schon angegriffen hat (das wird der Anwalt aber auch hoffentlich wissen):

Zitat
Zudem hat der Bundesgerichtshof den Schutz der Arbeitsrechtspolicen stark ausgeweitet. Die Versicherer müssen nun stets auch dann für den Besuch beim Anwalt zahlen, wenn der Arbeitgeber noch gar nicht gekündigt hat, sondern erst einmal Gespräche über einen Aufhebungsvertrag anbietet.
Siehe auch:
http://www.kanzlei-flaemig.de/magazin/aktuelles-arbeitsrecht/aufhebungsvertrag-rechtsschutzversicherung-muss-in-der-regel-zahlen/


Kann ich den Gläubiger im laufender Insolvenz jetzt noch ein Angebot unterbreiten die komplette Restschuld durch meine Abfindung zu begleichen, oder ist das jetzt nicht mehr möglich.

Das halte ich für ein schwieriges Unterfangen, weil die Gläubiger die Abfindung ja irgendwie sowieso bekommen. Das liegt ja letztlich nicht in Deiner Hand bzw. Du kannst über das Geld ja nicht frei verfügen. Etwas anderes wäre es, wenn man die Option hätte dass das Geld von einem Dritten kommt (unter bestimmten Bedingungen).

Hier ein paar Erläuterungen zum Thema "Entlassungsentschädigung" seitens der Bundesagentur für Arbeit.
http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/Veroeffentlichungen/Merkblatt-Sammlung/MB17-Entlassungsentschaedigungen-AN.pdf

PS: Wichtige Frage:
Das Insolvenzverfahren ist noch nicht aufgehoben, oder ?
Immerhin wurde das im Forum "Insolvenzverfahren" und nicht WVP gepostet aber Du scheinst auch noch neu hier zu sein - insofern sollte man da immer sicher gehen. Ist halt wichtig zu wissen ob die WVP schon begonnen hat oder nicht. Die Eröffnung 02.2012 ist schon einige Zeit her und das ist bei Verbraucherinsolvenzverfahren eher lang aber durchaus möglich.
« Letzte Änderung: 02. Februar 2014, 14:19:43 von tomwr »
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Insokalle

Re: Abfindung bei Betriebsbedingte Kündigung in der Privatinsolvenz
« Antwort #4 am: 02. Februar 2014, 15:36:31 »

Zitat
da unser Betrieb komplett geschlossen wird.
Das kann erheblichen Einfluss auf die sog. taktischen Möglichkeiten haben. Insbesondere langfristige Ratenzahlungen halte ich nicht für besonders sinnvoll.

Die Suche nach einer neuen Tätigkeit kann man auch jetzt schon problemlos starten.

Zitat
Ich werde aber eine Abfindung für 17 Jahre Betriebszugehörigkeit von mein Arbeitgeber erhalten.
Nur mal nachgefragt: Was macht Sie da so sicher?


§ 158 SGB III
Hat die oder der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte.

Mit anderen Worten, man muss darauf achten, dass die ordentliche Kündigungsfrist nicht verkürzt wird, denn sonst ruht der Anspruch auf ALG. Dazu gibt es auch ein Merkblatt vom Arbeitsamt.


Der Antrag auf Pfändungsschutz nach § 850i ZPO kann wohl nicht mehr gestellt werden, wenn die Abfindung ausgezahlt wurde. Der Antrag wäre also rechtzeitig zu stellen beim Insolvenzgericht.









« Letzte Änderung: 02. Februar 2014, 16:12:30 von Insokalle »
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manuelfrech

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Re: Abfindung bei Betriebsbedingte Kündigung in der Privatinsolvenz
« Antwort #5 am: 02. Februar 2014, 18:59:00 »

Zu deiner Frage ob ich mich nicht doch vieleicht schon in der WVP befinde u. nicht mehr im Insolvenzverfahren.
Du hattest natürlich Recht. Laut meines letzten Beschluss vom 30.01.2013 wurde mir die Restschuldbefreiung angekündigt und somit auch das Insolvenzverfahren aufgehoben.
In wieweit wird sich das auf mein Bemühen, meine Abfindung oder einen Teil davon behalten zu dürfen auswirken???
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Insokalle

Re: Abfindung bei Betriebsbedingte Kündigung in der Privatinsolvenz
« Antwort #6 am: 03. Februar 2014, 10:51:19 »

Wahrscheinlich keine. Das LG Münster hat vor einigen Jahren entschieden, dass § 850i ZPO auch in der WVP gilt.

In der WVP sollte die angesprochene Erwerbsobliegenheit des § 295 InsO beachtet werden. Im Falle einer Arbeitslosigkeit bedeutet das auch, dass man sich um eine Tätigkeit bemühen muss. Richtgröße nach BGH sind 2-3 Bewerbungen pro Woche.

Ich wiederhole meine Frage:
Zitat
Ich werde aber eine Abfindung für 17 Jahre Betriebszugehörigkeit von mein Arbeitgeber erhalten.
Nur mal nachgefragt: Was macht Sie da so sicher?
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tomwr

Re: Abfindung bei Betriebsbedingte Kündigung in der Privatinsolvenz
« Antwort #7 am: 04. Februar 2014, 18:55:53 »

In wieweit wird sich das auf mein Bemühen, meine Abfindung oder einen Teil davon behalten zu dürfen auswirken???

Hmm da in der WVP die Erwerbsobliegenheit greift, kann man da wohl nicht mehr viel tricksen.

Die Abfindung unterliegt auch in der WVP der Abtretungserklärung und ist pfändbar.
Vielleicht könnte man erreichen, dass die Abfindung auf 12 oder wenigstens 6 Monate verteilt wird und die Zusammenrechnung mit dem ALG I erfolgt und daraus dann der pfändbare Betrag errechnet wird. Dann hätte man wenigstens teilweise noch was von der Abfindung.

Das hängt sicherlich auch von der Höhe des ALG I ab. Das Gericht kann da mehr oder weniger frei entscheiden, es handelt sich hier um eine Abwägung zwischen den Interessen von Schuldner und Gläubiger, also eine Ermessensentscheidung. Da das ALG I entsprechend niedriger ausfällt als das Einkommen, fallen auch die Pfändungsbeträge entsprechend niedriger aus. Die Abfindung schafft hier halt auch einen Ausgleich für die Gläubiger.

Generell bleibt mein Tipp bestehen, im Falle einer Konkretisierung in Forum einer Unterbreitung eines Aufhebungsvertrages o.ä. gleich einen Rechtsanwalt aufzusuchen, sofern eine RSV mit Deckungsschutz für Arbeitsrecht besteht.
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eidechse

Re: Abfindung bei Betriebsbedingte Kündigung in der Privatinsolvenz
« Antwort #8 am: 05. Februar 2014, 10:58:16 »

Zitat von: tomwr
Vielleicht könnte man erreichen, dass die Abfindung auf 12 oder wenigstens 6 Monate verteilt wird und die Zusammenrechnung mit dem ALG I erfolgt und daraus dann der pfändbare Betrag errechnet wird.

Abfindung bleibt Abfindung und damit kein wiederkehrendes Entgelt, auch wenn die Fälligkeit in Raten festgesetzt wird. Damit verkompliziert man alles nur noch und eine Zusammenrechnung wie vorgeschlagen kann nicht erreicht werden, da dies § 850i ZPO nicht hergibt.

In der Praxis, so wie ich sie von den hiesigen Insolvenzgerichten kenne, kann ein Antrag nach § 850i ZPO auch noch gestellt werden, wenn die Abfindung schon an den TH ausgezahlt wurde. Das Gericht beschließt dann in der Regel, dass ein Betrag in Höhe von X € für X Monate an den Schuldner auszuzahlen ist durch den TH.

Das Problem, wenn der Antrag nach § 850i ZPO zu früh gestellt wird, ist auch, dass er nicht vernünftig begründet werden kann, da einige wichtige Parameter fehlen. Im Prinzip weiß man erst, wie hoch der Nettoabfindungsbetrag und damit der Auszahlungsbetrag ist, wenn die Abrechnung vorliegt und die Abfindung gezahlt wurde bzw. zur Zahlung ansteht. Die Zahlungshöhe muss man aber wissen, weil nur so kann bewertet werden, welcher Betrag überhaupt zur Verfügung steht.

Zudem wird der Schuldner tatsächlich erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses wissen, wie hoch sein Arbeitslosengeld sein wird. Die Höhe braucht man aber, wenn man die wirtschafltichen Verhältnisse des Schuldners berücksichtigen will.

Auch wenn im Gesetz etwas von "freier Würdigung" steht. Ich kenne ehrlich gesagt keinen einzigen Rechtspfleger, der wirlich mal selbst anfängt zu rechnen. Da werden immer Nachweise verlangt, erst recht wenn der TH darauf hinweist, dass man doch noch gar nicht wisse, wie hoch das Arbeitslosengeld ausfallen wird. Da wird dann gewartet bis der ALG-Bescheid vorliegt.
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tomwr

Re: Abfindung bei Betriebsbedingte Kündigung in der Privatinsolvenz
« Antwort #9 am: 05. Februar 2014, 15:30:06 »

Zitat von: tomwr
Vielleicht könnte man erreichen, dass die Abfindung auf 12 oder wenigstens 6 Monate verteilt wird und die Zusammenrechnung mit dem ALG I erfolgt und daraus dann der pfändbare Betrag errechnet wird.

Abfindung bleibt Abfindung und damit kein wiederkehrendes Entgelt, auch wenn die Fälligkeit in Raten festgesetzt wird. Damit verkompliziert man alles nur noch und eine Zusammenrechnung wie vorgeschlagen kann nicht erreicht werden, da dies § 850i ZPO nicht hergibt.

Wie sonst soll man bewerten, wieviel Abfindung gerechtfertigt ist, wenn man das nicht zusammenrechnet ? Man muss da ja pragmatisch eine Antwort finden. Das LG Bochum ist jedenfalls bei einem Schuldner in der Insolvenz so konkret vorgegangen:

Es wurde zunächst der Abfindungsbetrag (netto) auf 12 Monate verteilt, dann mit weiteren Einkünften zusammengerechnet und anschließend der Pfändungsbetrag berechnet. Da der unpfändbare Betrag nicht überschritten wurde, durfte die Schuldnerin die gesamte Abfindung letzlich behalten.

http://openjur.de/u/148029.html



Das Problem, wenn der Antrag nach § 850i ZPO zu früh gestellt wird, ist auch, dass er nicht vernünftig begründet werden kann, da einige wichtige Parameter fehlen. Im Prinzip weiß man erst, wie hoch der Nettoabfindungsbetrag und damit der Auszahlungsbetrag ist, wenn die Abrechnung vorliegt und die Abfindung gezahlt wurde bzw. zur Zahlung ansteht. Die Zahlungshöhe muss man aber wissen, weil nur so kann bewertet werden, welcher Betrag überhaupt zur Verfügung steht.

Zudem wird der Schuldner tatsächlich erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses wissen, wie hoch sein Arbeitslosengeld sein wird. Die Höhe braucht man aber, wenn man die wirtschafltichen Verhältnisse des Schuldners berücksichtigen will.

Also die Parameter sind normalerweise bekannt. Aus der Bruttoabfindung kann der AG den sich ergebenden Nettobetrag bereits errechnen, ohne dass er zur Auszahlung kommt. Das ist kein Hexenwerk. Auch ist die Berechnung des ALG I kein Hexenwerk, wenn man weiß, was man bis zum Vertragsende verdient. Da werden die Bezüge der letzten 12 Monate zu Grunde gelegt.

Einzig aufpassen muss man, dass die ordentlich Kündigungsfrist eingehalten wird. Sonst hat man unter Umständen eine Sperrzeit des ALG I was wiederum die Verteilung nach §850i beeinflussen könnte. Aber auch das weiß man im Grunde im Vorfeld, man schließt ja ggf. eine Vereinbarung.

Woran sich aber die Frage von Insokalle anschließt, was den TE so sicher macht, dass er eine entsprechende Abfindung erhält. Der Wegfall des Arbeitsplatzes z.B. wegen Schließung einer Betriebsstätte verbunden mit einer ggf. frist- und sozialgerechten Kündigung begründet nicht unbedingt den Anspruch auf eine Abfindung.

Auf jeden Fall sollte man den TH und das Insolvenzgericht vom Wegfall des Arbeitsplatzes umgehend informieren, wenn das in trockenen Tüchern ist.
« Letzte Änderung: 05. Februar 2014, 15:33:07 von tomwr »
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eidechse

Re: Abfindung bei Betriebsbedingte Kündigung in der Privatinsolvenz
« Antwort #10 am: 05. Februar 2014, 18:23:27 »

Zitat von: tomwr
Vielleicht könnte man erreichen, dass die Abfindung auf 12 oder wenigstens 6 Monate verteilt wird und die Zusammenrechnung mit dem ALG I erfolgt und daraus dann der pfändbare Betrag errechnet wird.

Abfindung bleibt Abfindung und damit kein wiederkehrendes Entgelt, auch wenn die Fälligkeit in Raten festgesetzt wird. Damit verkompliziert man alles nur noch und eine Zusammenrechnung wie vorgeschlagen kann nicht erreicht werden, da dies § 850i ZPO nicht hergibt.

Wie sonst soll man bewerten, wieviel Abfindung gerechtfertigt ist, wenn man das nicht zusammenrechnet ? Man muss da ja pragmatisch eine Antwort finden.

Ich hatte Ihren Beitrag im Hinblick auf die Verteilung der Abfindung dahingehend verstanden, dass die ratenweise Auszahlung der Abfindung mit dem Arbeitgeber ausgehandelt werden soll. (Ist glaube ich auch an meiner Antwort ersichtlich.) Anhand Ihrer Antwort jetzt scheinen Sie doch in den Anwendungsbereich des § 850i ZPO zu wollen. Da wären wir uns dann einig.

Es gibt mittlerweile mehrere veröffentlichte Urteile, die dann so verfahren wie das LG Bochum. Sprich die Abfindung auf den angemessenen Zeitraum umlegen, mit den moantlichen Einkünften des Schuldners zusammen rechnen und dann die Pfändungstabelle anwenden. Ich kenne jedoch auch nichtveröffentliche Entscheidungen der Insolvengerichte, die den Teil von §850i Abs. 1 Satz 1 ZPO "wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde" dahingehend verstehen, dass wirklich gewertet wird, was der Schuldner denn hätte, wenn er nicht gekündigt worden wäre sondern weiter arbeiten gehen würde. Sprich wenn der Schuldner vorher mit 5 Unterhalspflichten nur 1.500,00 € netto erhalten hat, dann wird dies auch als Grenze genommen. Da wird dann nicht das Arbeitlosengeld und die auf Monate umgerechnete Abfindung zusammen gerchnet und auf diesen Betrag dann die Pfandtabelle angewendet. Je nach Abfindungshöhe und Aufteilungszeitraum könnte es dann zu Ergebnissen kommen, die dem Schuldner ein verbleibendes Einkommen von über 3.100,00 € monatlich bescheren. Was letzten Endes wirklich richtig ist, wird wohl erst eine BGH Entscheidung klären können.

Zitat von: tomwr
Also die Parameter sind normalerweise bekannt. Aus der Bruttoabfindung kann der AG den sich ergebenden Nettobetrag bereits errechnen, ohne dass er zur Auszahlung kommt.

Nur der Arbeitgeber ist gar nicht in dem Verfahren beteiligt. Das sind nur Schuldner und IV. Wenn der Arbeitgeber die Infos vorher nicht rausrückt, dann kann man nicht viel machen. Außerdem kann man auch nicht pauschal sagen, dass die Nettoabfindungshöhe in jedem Fall bereits bei Begründung des Abfindungsanspruchs berechenbar ist. Auch wenn die sog. Fünftelregelung gilt, muss der Arbeitgeber zumindest den Jahressteuersatz kennen. Hat man z.B. einen Fall, in dem z.B. ein Sozialplan abgeschlossen wird, dann werden Kündigungen ausgesprochen und der betroffene Schuldner hat eine 7-monatige Kündigungsfrist, dann kann der Schuldner z.B. in der zwischenzeit Krank werden. Das könnte dann Auswirkungen auf die Berechnung der Steuerlast für die Abfindung haben.

Zitat von: tomwr
Auch ist die Berechnung des ALG I kein Hexenwerk, wenn man weiß, was man bis zum Vertragsende verdient. Da werden die Bezüge der letzten 12 Monate zu Grunde gelegt.

Hier gilt mein o.g. Beispiel ebenso. Mal abgesehen davon, dass es durchaus viele Arbeitsverhältnisse gibt, in denen kein festes Monatsgehalt sondern Stundenlohn mit Zulangen gezahlt wird. Da wird es dann mit dem konkreten Einschätzen schon schwierig.

Und wie gesagt, die Praxis hat bei mir tatsächlich im Rahmen der Insovlenzverfahren gezeigt, dass die Rechtspfleger wirklich die Belege haben wollten.

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tomwr

Re: Abfindung bei Betriebsbedingte Kündigung in der Privatinsolvenz
« Antwort #11 am: 07. Februar 2014, 02:00:12 »

Ich kenne jedoch auch nichtveröffentliche Entscheidungen der Insolvengerichte, die den Teil von §850i Abs. 1 Satz 1 ZPO "wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde" dahingehend verstehen, dass wirklich gewertet wird, was der Schuldner denn hätte, wenn er nicht gekündigt worden wäre sondern weiter arbeiten gehen würde. Sprich wenn der Schuldner vorher mit 5 Unterhalspflichten nur 1.500,00 € netto erhalten hat, dann wird dies auch als Grenze genommen. Da wird dann nicht das Arbeitlosengeld und die auf Monate umgerechnete Abfindung zusammen gerchnet und auf diesen Betrag dann die Pfandtabelle angewendet. Je nach Abfindungshöhe und Aufteilungszeitraum könnte es dann zu Ergebnissen kommen, die dem Schuldner ein verbleibendes Einkommen von über 3.100,00 € monatlich bescheren. Was letzten Endes wirklich richtig ist, wird wohl erst eine BGH Entscheidung klären können.

Also in der Regel wird der Schuldner sich besser stellen, wenn das niedrigere ALG I zu Grunde gelegt wird.

Kreativer Ansatz, ich halte aber die o.g. Vorgehensweise für unzulässig, weil §850i ZPO auf die tatsächlichen Einkünfte abstellt. Wenn der Schuldner keinen Arbeitslohn mehr bekommt, hat er daraus auch keine Einkünfte mehr. Einkünfte sind dann sonstiger Art, z.B. ALG I oder auch ALG II oder beides. Also es wird hypothetisch angenommen, die Leistungen wären Arbeitseinkommen. Könnten ja auch Renten sein, Mieteinkünfte, Unterhalt, eine Hinterbliebenenrente wie im o.g. Fall der LG Bochum oder was weiß ich, eben alles wovon der Schuldner ggf. leben muss oder kann. Da die Pfändungsregeln der §§850ff hier sonst nicht anwendbar wären. Das ist halt ein pragmatischer Ansatz.

Die Zusammenrechnung mit dem laufenden Arbeitseinkommen kommt m.E. für den Fall von Jahresgratifikationen in Frage wenn der Schuldner weiterhin zu einem (mehr oder weniger festen) Lohn oder Gehalt beschäfigt ist.
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manuelfrech

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Re: Abfindung bei Betriebsbedingte Kündigung in der Privatinsolvenz
« Antwort #12 am: 07. Februar 2014, 06:40:12 »

Hallo,
Vorab erstmal wieder Danke für die für mich hilfreichen Antworten von euch.
Zur Frage von Insokalle
Zitat
Ich werde aber eine Abfindung für 17 Jahre Betriebszugehörigkeit von mein Arbeitgeber erhalten.
Nur mal nachgefragt: Was macht Sie da so sicher?

Wie ich bereits erwähnte laufen im Moment die Verhandlungen zwischen Betriebsrat (in zusammenarbeit mit Rechtsanwälte der Gewerkschaft) und der Geschäftsführung, vobei es auschließlich nurnoch über den Zeitpunkt der Werksschließung (welcher natürlich dieses Jahr sein soll) und der Höhe der Abfindungen für jeden einzelnen Mitarbeiter geht. Diese Verhandlungen beinhalten auch unseren (meinen) Anspruch auf anteilmäßiges Urlaubsgeld, sowie anteilsmäßiges Weihnachtsgeld für das laufende Jahr. Außerdem verfügt fast jeder Mitarbeiter von uns, in diesen Fall ich noch über knapp 80 geleistete Flexüberstunden teilweise aus dem Vorjahr und aus diesem Jahr. Also noch einmal kurz u. knapp.Die Geschäftsführung ist bereit Abfindungen zu zahlen da sie den Betrieb aus guten Grund nicht über eine Insolvenz schließen möchten aber das Budget für diese Abfindung sei laut Geschäftsführung nicht sehr hoch.
Ich hatte übrigens gestern einen Termin bei meinen Anwalt was diese zu erwartende Abfindung für mich betrifft und hatte leider Pech weil sie mir sagte das ich dafür eigentlich einen Anwalt der Fachrichtung Insolvenzrecht bräuchte und sie darauf nicht spezialisiert währe. Sie sagte mir allerdings das ich diesen Antrag auf Pfändungsschutz laut §850i beim zuständigen Amtsgericht selbst stellen könnte. Und der dortige Rechtspfleger mir auch gleich sagen könnte welche Erfolgschancen ich damit hätte. Was haltet ihr von diesen Vorschlag???
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tomwr

Re: Abfindung bei Betriebsbedingte Kündigung in der Privatinsolvenz
« Antwort #13 am: 10. Februar 2014, 23:48:52 »

Ich hatte übrigens gestern einen Termin bei meinen Anwalt was diese zu erwartende Abfindung für mich betrifft und hatte leider Pech weil sie mir sagte das ich dafür eigentlich einen Anwalt der Fachrichtung Insolvenzrecht bräuchte und sie darauf nicht spezialisiert währe. Sie sagte mir allerdings das ich diesen Antrag auf Pfändungsschutz laut §850i beim zuständigen Amtsgericht selbst stellen könnte. Und der dortige Rechtspfleger mir auch gleich sagen könnte welche Erfolgschancen ich damit hätte. Was haltet ihr von diesen Vorschlag???

Glückwunsch, da hast Du scheinbar voll ins Klo gegriffen. Du solltest einen Fachanwalt für Arbeitsrecht konsultieren. Du brauchst keinen Fachanwalt für Insolvenzrecht. Im Vordergrund steht hier das Arbeitsverhältnis. Im Grunde verhält es sich hier nicht viel anders als bei einer Pfändung, nichts Anderes ist letztlich Insolvenzbeschlag. Nur das hier nicht ein einzelner Gläubiger pfändet sondern eine Gläubigergemeinschaft über einen Treuhänder (IV genannt) in einem gerichtlich und von der Insolvenzordnung begleiteten Verfahren. Das alles sind aber keine spezialgesetzlichen Regelungen in der Insolvenz sondern es gilt einfach der Pfändungsschutz nach §§ 850ff.

Jeder Anwalt sollte bitte sattelfest sein für Allerwelts-Pfändungen und deren Auswirkungen. Wobei es hier ja um eine Abtretungserklärung geht, aber auch wieder bezogen auf den pfändbaren Anteil vom Arbeitslohn.

Ich hoffe Du hast nicht viel Geld bezahlt für diesen Ratschlag.
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