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Schulden und Insolvenz Hilfe Forum

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Autor Thema: IN eröffnet 06/10 - Lebensnotwendiger Unterhalt /Pfändungsfreibetrag Selbständig  (Gelesen 4640 mal)

wini01

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Hallo liebe Gemeinde,
ich benötige dringend Hilfe in einer existenzbedrohenden Situation!

Zum besseren Verständnis hier die Historie: Ich bin seit ca. 20 Jahren freiberuflich tätig. Im Juni d. J. musste ich Insolvenz beantragen, hatte aber aus der Tätigkeit noch Honorareinnahmen von ca. 1500,- Euro, die direkt auf das Treuhandkonto des IV gehen. Davon erhielt ich vom IV Unterhaltsgeld von ca. 1000,- Euro.

Am 24.08.10 musste ich, auf Grund drastischer Auftragsrückgänge auf monatlich ca. 700,- Euro, zusätzlich Hartz IV beantragen. Bis einschließlich zum November erhielt ich dann tatsächlich diese 700,- Euro vom IV als Unterhaltsgeld zuzüglich 200,- Euro HARTZ IV-Zuschuss. Unter anderem benötigte ich das Geld für die Fahrtkosten (Bahn ca. 180,-) zum Arbeitsort.

Im Dezember bekam ich bis zum 14.12. keine Unterhaltszahlungen. Diverse Mails bezüglich des Zahlungstermins an den IV blieben erst einmal unbeantwortet. Am 15.12. erhielt ich auf telefonische Anfrage die Mitteilung, dass der IV kein Unterhaltsgeld mehr auszahlen kann, da ansonsten die Insolvenzkosten nicht gedeckt würden und der Rechtspfleger dies nicht zuließe(?).

Fakt ist nun: Ich stehe für diesen Monat ohne einen Cent in der Tasche da. Die HARTZ IV-Stelle wird in der kommenden Woche eine Neuberechnung "in Erwägung ziehen".

Gibt es für mich - als Freiberufler - irgendeine Möglichkeit auch in den Genuss des Pfändungsschutzes zu kommen? Hätte ich bei Gericht da irgendeine Chance? Gibt es eine andere Möglichkeit etwas Geld aus der beruflichen Tätigkeit zu behalten?

Für eine Antwort wäre ich sehr dankbar.

LG
wini01
« Letzte Änderung: 20. Dezember 2010, 11:21:04 von wini01 »
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paps

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erfolgte durch den IV eine schriftliche Freigabe der selbständigen Tätigkeit?

Wenn ja, hat er keinen Anspruch auf die Bruttoeinnahmen.

Lassen Sie sich den fehlenden Masseunterhalt bestätigen und beantragen die Anpassung der staatlichen Unterstützung sowie einen Vorschuß für den laufenden Monat.
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MfG Paps (der jetzt in BW lebt)

Paps arbeitet hauptberuflich für die Debeka-Versicherungen Bausparkasse
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wini01

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Hallo paps,

vielen Dank für die schnelle Antwort.

Ich habe leider keine schriftliche Freigabe des IV. Dieser hält sich mit Schriftverkehr ohnehin arg zurück.

Den fehlenden Masseunterhalt muss mir der IV bestätigen?

LG
wini01
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Feuerwald

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"Am ... erhielt ich auf telefonische Anfrage die Mitteilung, dass der IV kein Unterhaltsgeld mehr auszahlen kann, da ansonsten die Insolvenzkosten nicht gedeckt würden und der Rechtspfleger dies nicht zuließe(?)."


- böser Unsinn. Sie sollten

a) dem IV um eine umgehend Erklärung gem. § 35 Abs. 2 InsO ersuchen
und falls der Nein sagt oder besser sofort:

b) umgehend einen Antrag gem. § 850i ZPO beim Insolvenzgericht stellen. Zudem sollten Sie einen Antrag gem. 4a InsO auf Stundung der Verfahrenkosten stellen. 

Was da passiert ist bösartige Willkür des IVs. Unterhalt aus der Masse (§ 100 InsO) ist hier völlig fehl am Platz. Sie leisten Arbeit und haben ein gesetzliches Recht auf einen existenzscherenden Teil Ihrer Einnahmen zzgl. KV/PV sowie die erforderlichen Betriebkosten.

Entweder der IV gibt den Neuerwerb nach § 35 Abs. 2 InsO frei oder die Insolvenzmasse wird für die laufenden Betriebskosten haften. Falls das nicht erfolgt, § 850i ZPO Antrag beim Insolvenzgericht stellen.

Bis dahin wie paps schreibt, die ARGE in die Pflicht nehmen.

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wini01

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Vielen Dank für die Info Feuerwald!

Jetzt wo Du die Stundung ansprichst: Ich habe bereits bei Antragsstellung die Stundung der Verfahrenskosten beantragt und auch genehmigt bekommen.

Der IV deutete heute an, dass die Insolvenz in Gefahr ist, wenn nicht genügend Geld für die Gläubiger übrig bleibt. (Sorry, dass ich soviel nachfragen muss, aber ich total verunsichert durch den IV)

LG
wini01
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Feuerwald

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"Der IV deutete heute an, dass die Insolvenz in Gefahr ist, wenn nicht genügend Geld für die Gläubiger übrig bleibt."


das ist im eröffneten Verfahren Unsinn. Da hier der Neuerwerb aus der Selbständigkeit eben nicht nach § 35 Abs. 2 InsO frei gegeben wurde, gibt es auch keine "Obliegenheit" gem. § 295 Abs. 2 InsO für die Gläubiger einen angemessenen Betrag abzuführen.

Das einzigste Problem bei gestundeten Verfahrenkosten könnte darin besteht, dass Sie sich nicht ausreichend um eine angemessene Erwerbstätigkeit (und Einkommen) bemühen (§ 4c InsO), sofern Ihre Selbständigkeit nichts abwirft. Das wiederum erscheint unsinnig, da der IV bereits tüchtig Gelder in die Insolvenzmasse verschoben hat. Und daraus – neben dessen eigner Tasche – natürlich vorrangig die gestundeten Verfahrenkosten bereinigt werden.


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wini01

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...Das wiederum erscheint unsinnig, da der IV bereits tüchtig Gelder in die Insolvenzmasse verschoben hat. Und daraus – neben dessen eigner Tasche – natürlich vorrangig die gestundeten Verfahrenkosten bereinigt werden.


Nochmls vielen Dank für die kompetente Antwort Feuerwald!

In diesem Zusammenhang fiel mir gerade ein, dass der IV im zweiten Gespräch erwähnte, dass er durch den Zoll vereinnahmte Gelder zurückgefordert hat und dieses kommentierte mit:"...das Geld reicht ja schon fast, um die Verfahrenskosten zu decken".

Am Montag werde ich noch einmal beim IV auf der Matte stehen um die o. a. Ratschläge durchzusetzen!

Ich werde dann berichten, wie es sich weiter entwickelt hat!

LG
wini01
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wini01

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Hallo liebe Gemeinde
und nochmals vielen Dank für die hervorragenden Ratschläge!

Am 20.12. war ich gleich morgens in der Kanzlei des IV - der jedoch leider nicht anwesend war. Ich hinterließ daraufhin meinen Antrag auf Freistellung bei seinen Angestellten. (Bisher ohne Antwort)

Parallel dazu rief ich beim Insolvenzgericht wegen eines Termins an. Der zuständige Rechtspfleger, dem ich meine aktuelle Situation schilderte, gab mir sofort den ersten Nachmittagstermin. Die Zeit bis dahin wollte er nutzen, um sich vorab die aktuelle Gesetzeslage zu meinen Fall anzulesen.

Der Termin beim Rechtspfleger (Dauer: über eine Stunde), war sehr beruhigend und erfolgreich!! Er hat sofort den Antrag nach 850i ZPO aufgenommen und dem IV eine dreitägige Frist zur Anhörung gegeben. Er versuchte sogar, ihn persönlich zu erreichen, um eine sofortige Beschlussmöglichkeit zu haben.

Desweiteren teilte mir der Rechtspfleger mit, dass ich diesen Antrag monatlich stellen kann und ich dann automatisch die Gelder bis zum Pfändungsfreibetrag ausgezahlt bekomme.

Zusätzlich gab er mir noch einige Tipps. Z.B. den, dass ich den IV "abwählen" kann. Auch der Rechtspfleger war der Meinung, dass der IV sich sehr unfair verhalten hat und sein eingeschlagener Weg nicht korrekt ist. Zitat: "Wer arbeitet, muss dafür auch Geld bekommen - sonst lohnt sich doch das Arbeiten garnicht" Selten hatte ich in der Insolvenz-Sache ein so gutes Gespräch!!

Bei der Komune habe ich heute - nach einigen Anrufen, Telefonaten mit Vorgesetzten und einigem "drohen mit der Öffentlichkeit" einen Vorschuss auf die Leistungen erhalten.

Nochmals vielen Dank für alle Ratschläge!

LG
wini01
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Feuerwald

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na geht doch ...
man muss nur wissen wie!

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tomwr


Also abwählen kann der Schuldner den IV nicht, es kann ein anderer gewählt werden durch die Gläubiger nach §57 InsO oder das Insolvenzgericht kann den IV entlassen oder gegen ihn Zwangsgelder festsetzen wenn er sich pflichtwidrig oder treuwidrig verhält (§59 InsO).

Aber der Gang zum Insolvenzgericht bei solchen Problemen ist natürlich immer der richtige Weg.  :thumbup:

Generell ist es so, dass sich Freigabe und Fortführung durch den Schuldner unter Gewährung von Unterhalt aus der Insolvenzmasse gegeneinander ausschließen. Bislang wurde ja offenbar auch genügend Masse erzielt um den Betrag für den Unterhalt auszuzahlen und einen Beitrag zur Insolvenzmasse zu leisten. An und für sich richtig.

Die Zahlung von Unterhalt muss ja letztlich die Gläubigerversammlung beschlossen haben. Das kann der IV nur vorläufig bis zur nächsten Gläubigerversammlung und wird er auch sinnvollerweise nur tun, wenn dadurch die Masse insgesamt gemehrt und nicht geschmälert wird. Sonst macht er sich regresspflichtig gegenüber den Gläubigern.

Tatsache ist aber auch, dass ein Unterhalt wohl kaum gezahlt werden kann wenn er die Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit übersteigt. Meiner Meinung nach hätte der Unterhalt zunächst erstmal gekürzt werden müssen. Aber vielleicht ist gerade das jetzt ein idealer Aufhänger um eine Freigabe der selbständigen Tätigkeit zu erwirken. Die Freigabe muss nach §35 unverzüglich erfolgen, also freigegeben oder die Freigabe abgelehnt werden vom IV und zwar unverzüglich. Hier am Besten ein Einschreiben schicken und bei Untätigkeit ans Gericht wenden.

Es bleibt allerdings zu klären ob die Ertragslage der selbständigen Tätigkeit ausreichend für die erfolgreiche Fortführung ist, also ob man (zumindest zu einem großen Teil) davon leben kann. Zum Einen wird der IV dies regelmäßig mit einer Zahlungsaufforderung verbinden die sich an einem fiktiven Einkommen aus abhängiger Beschäftigung ergibt bzw. von ihm geschätzt wird, zum Anderen wird auch die ARGE nur dann ein Interesse an der selbständigen Tätigkeit haben, wenn diese weitgehend den notwendigen Unterhalt bietet so dass auf lange Sicht nur noch Zuschüsse von der ARGE zu zahlen sind. Hier gilt es zu beachten, dass bei Freigabe der evtl. an die Masse zu leistende Betrag aus dem nichtanrechenbaren Einkommen zu erwirtschaften ist (100 EUR Freibetrag pro Monat sowie 20% Freibetrag bis 1000 EUR Einkommen pro Monat, also je nach Einkünften zwischen 100 und 280 EUR im Monat).

Betreffend der ARGE ist es so, dass diese ggf. einen Vorschuss zahlen muss, wenn der Antrag nicht gänzlich unbegründet ist. Diese Leistung kann SOFORT beantragt werden und eine Auszahlung ist auch als Sofortmassnahme zu bewilligen, die ARGEN haben dafür eigenen Kassen zur Auszahlung. Also dringenden Termin vereinbaren und Sofortleistung nach §42 SGB I beantragen:
Zitat
§ 42
Vorschüsse

(1) Besteht ein Anspruch auf Geldleistungen dem Grunde nach und ist zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich, kann der zuständige Leistungsträger Vorschüsse zahlen, deren Höhe er nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt. Er hat Vorschüsse nach Satz 1 zu zahlen, wenn der Berechtigte es beantragt; die Vorschußzahlung beginnt spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags.

(2) Die Vorschüsse sind auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit sie diese übersteigen, sind sie vom Empfänger zu erstatten. § 50 Abs. 4 des Zehnten Buches gilt entsprechend.

(3) Für die Stundung, Niederschlagung und den Erlaß des Erstattungsanspruchs gilt § 76 Abs. 2 des Vierten Buches entsprechend.

Generell wird die ARGE sich mit der selbständigen Tätigkeit nur zufrieden geben, wenn diese auch genügend Ertrag abwirft, also ggf. auf Dauer nur ein Zuschuss zu gewähren ist um den Lebensunterhalt zu sichern. Anderenfalls drängen sie evtl. auch parallel zur Bewerbung um eine abhängige Beschäftigung. Das ist natürlich auch vom Alter abhängig.

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