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Schulden und Insolvenz Hilfe Forum

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Autor Thema: Pfändung nach R-Insolvenz aufgrund "vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung"  (Gelesen 3540 mal)

snowflake

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Hallo,

ich bin gerade ziemlich ernüchtert und bitte um Eure Hilfe. Vor 2 Monaten wurde mein Regelinsolvenzverfahren beendet und mir wurde die Restschuldbefreiung erteilt.

Gestern kam die Ernüchterung. Mir flatterte Post vom Anwalt eines (doch nicht ehemaligen) Gläubigers ins Haus mit dem Hinweis auf schnellstmögliche Bezahlung des geschuldeten Betrags. Anbei lag eine Kopie der vollstreckbaren Ausfertigung des Auszugs aus der Insolvenztabelle.

Um es kurz zu machen: Der Gläubiger hatte damals eine Forderung angemeldet die angeblich aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung enstanden sind. Auf dem Schreiben steht außerdem das ich (der Schuldner) am Prüfungstermin nicht der behaupteten Tatsache widersprochen habe, eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung begangen zu haben.

Und genau da ist der Knackpunkt, den ich wurde am Prüfungstermin definitiv nicht darüber informiert. Auch nicht schriftlich, was meiner Kenntniss nach mindestens zwei Wochen vor Prüfungstermin hätte erfolgen müssen. Weder das Amtsgericht noch der Insolvenzverwalter hat mich schriftlich oder mündlich über diese Tatsache informiert, auch nicht nach Ende des Verfahrens. Ich hatte also zu keinem Zeitpunkt die Gelegenheit dazu Einspruch zu erheben. Das es vom Gläubiger so angemeldet hat und das er jetzt wieder Anspruch hat, habe ich erst gestern mit diesem Schreiben erfahren.

Es handelt sich um einen relativ geringen Betrag, den ich auch aufbringen könnte. Aber meiner Meinung nach ist das nicht Sinn und Zweck eines Insolvenzverfahrens. Gibt es eine Möglichkeit etwas dagegen zu unternehmen. Was kann ich tun?

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Der_Alte

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Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens ist es aber auch nicht, sich Forderungen, die aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung entstanden sind, zu entledigen.

Das Merkmal vbuH muss bis zum Schlusstermin zur Tabelle angemeldet und der Schuldner darüber informiert werden. Im Schlusstermin, zu dem der Schuldner geladen wird, hat er letztmalig Gelegenheit, diesem Merkmal zu widersprechen. Damit ist dieses Merkmal solange nicht relevant, bis der jeweilige Gläubiger es mittels Feststellungsklage bestätigen läßt.

Haben Sie seinerzeit am Schlusstermin teilgenommen? Haben Sie das Merkmal vbuH bei dieser Forderungsanmeldung zur Kenntnis genommen?

Wenn ja und kein Widerspruch von Ihnen eingelegt wurde, ist es rechtsgültig und Sie müssen zahlen.
Wenn Sie nicht am Schlusstermin teilgenommen haben, auch.

Wenn Sie am Schlusstermin teilgenommen haben und der Rechtspfleger hat Sie nicht über den Tabelleneintrag informiert und nicht belehrt, könnten Sie vielleicht über einen Anwalt gerichtlich feststellen lassen, dass seinerzeit der Schlusstermin fehlerhaft verlaufen ist und Sie nachträglich doch noch einer vbuH-Eintragung widersprechen könnten. Das halte ich aber für zweifelhaft, denn man wird Ihnen zu Recht vorwerfen können, dass Sie sich im Schlusstermin darum hätten kümmern müssen, was zur Tabelle eingetragen worden ist. Das Kostenrisiko für einen solchen Prozeß ist wahrscheinlich höher als die Forderung. Selbst wenn Sie der vbuH nachträglich widersprechen könnten stünde es dem Gläubiger frei, vor Gericht FEststellungsklage zu erheben, um vbuH feststellen zu lassen. Verlieren Sie diesen Prozeß tragen Sie auch die Kosten.

Wenn der Gläubiger grundsätzlch zu Recht das Merkmal angegeben hat, zahlen Sie und die Sache ist erledigt.
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Feuerwald

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"Im Schlusstermin, zu dem der Schuldner geladen wird, hat er letztmalig Gelegenheit, diesem Merkmal zu widersprechen. Damit ist dieses Merkmal solange nicht relevant, bis der jeweilige Gläubiger es mittels Feststellungsklage bestätigen läßt"

- wo steht denn das? Die Widerspruch hat im sog. Prüfungstermin zu erfolgen. 

175 InsO ... 2) Hat ein Gläubiger eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung angemeldet, so hat das Insolvenzgericht den Schuldner auf die Rechtsfolgen des § 302 und auf die Möglichkeit des Widerspruchs hinzuweisen.

177 InsO ... 1) Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung nicht entgegen.

Wird erst im Schulsstermin bestritten, ist es m.E. viel zu spät.

Dann hilft allenfalls noch ...

§ 186 InsO ... Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

(1) Hat der Schuldner den Prüfungstermin versäumt, so hat ihm das Insolvenzgericht auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. § 51 Abs. 2, § 85 Abs. 2, §§ 233 bis 236 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.

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Der_Alte

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Sorry, hast Recht. Meinte auch den Prüfungstermin.
Frage ist nur, ob der TE den wahrgenommen hat.
186 InsO dürfte aber nicht mehr anwendbar sein, da der nur das noch eröffnete Verfahren betrifft. Darüber sind wir hier schon lange hinaus.
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Insokalle


"186 InsO dürfte aber nicht mehr anwendbar sein, da der nur das noch eröffnete Verfahren betrifft. "

- und wo steht das?
Die Einschätzung dürfte falsch sein. § 186 InsO verweist auf die ZPO. Wiedereinsetzung ist also unter dessen Voraussetzungen zu gewähren. Ob das Verfahren noch läuft oder nicht, ist demnach irrelevant.
Es gibt natürlich keine Wiedereinsetzung, wenn der Schuldner am Prüfungstermin körperlich anwesend aber geistig abwesend war und das Bestreiten verpeilt hat.

Der fehlende gerichtliche Hinweis auf eine Forderung aus unerlaubter Handlung ist ein Wiedereinsetzungsgrund. Frist: 2 Wochen.

Nächstes Problem: Jahresfrist nach § 234 Abs. 3 ZPO. In den meisten Fällen ist diese längst überschritten. Allerdings hat das AG Duisburg diese Frist für unbeachtlich erklärt und Wiedereinsetzung gewährt. Aus der Entscheidung ergeben sich auch die zu stellenden Anträge.

Fragt sich nur, ob das andere Gerichte auch so sehen.

Und in der Tat stellt sich die Frage nach dem Aufwand. Es könnte durchaus sinnvoll sein, sich durch einen Blick in die Gerichtsakte Klarheit darüber zu verschaffen, ob der Hinweis nach § 175 InsO wirklich unterblieben ist.
Dann wird man wohl auch Hilfe bei den Anträgen benötigen. Ggf. kann man hierfür Pkh beantragen.

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snowflake

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Besten Dank schon mal für die zahlreichen antworten. Naja, wird wohl das einfachste sein ich bezahle. Allerdings habe ich mich maßlos drüber aufgeregt, da die Schulden sicher nicht aus "vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung" erfolgt ist und ich garantiert wiedersprochen hätte.

Am Prüfungstermin habe ich teilgenommen. Am Schlußtermin nicht, da mein Insolvenzverwalter meinte es wäre in meinem Fall unnötig anwesend zu sein (Gläubiger wurden alle zum Großteil bedient).

Es gibt natürlich keine Wiedereinsetzung, wenn der Schuldner am Prüfungstermin körperlich anwesend aber geistig abwesend war und das Bestreiten verpeilt hat.

sorry,auch wenn schon mehr als 5 Jahre vergangen sind könnte ich mich alleine schon an den Namen dieses Gläubigers sofort erinnern. Der ist lang, selten und kompliziert auszusprechen. Aber da war definitiv nix. Und wie schon oben beschrieben hätte ich über diese Anmeldung auch schriftlich informiert werden müssen und das ist auch nicht erfolgt.
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Der_Alte

  • Gast

Aus der Gesetzessystematik heraus gehört § 186 zum eröffneten Verfahren. Daher muss man zunächst davon ausgehen, dass nach Beendigung des Insolvenzverfahrens die Vorschrift unbeachtlich ist. Der Verweis auf die ZPO ergibt nichts anderes, denn der § 186 ist lex spezialis für die Frage der Wiedereinsetzung.
So wie der 290 nicht mehr nach Verfahrensende gilt dürfte auch der 186 nicht mehr anwendbar sein, es sei denn, ein Paragraf aus dem hinteren Teil des Gesetzes würde darauf verweisen.

Im vorliegenden Fall ist es aber noch problematischer. Das Verfahren ist insgesamt rechtskräftig abgeschlossen, denn auch die RSB ist bereits rechtskräftig erteilt. Damit kommt eine Wiedereinsetzung aufgrund fehlerhafter Belehrung nach § 186 InsO wohl nicht mehr in Betracht.
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Insokalle


Nach allem, was ich gelesen habe, ist auf diese Ideen ist noch keiner verfallen, zumal sie in sich unschlüssig sind und nicht nachvollziehbar. Es bedarf schon deswegen für das hier geschilderte Problem keiner Erwähnung des § 186 InsO an anderer Stelle, weil es zeitlich gesehen im eröffneten Verfahren spielt. Wo soll man den § 186 sonst auch hinschreiben? Hintenrum eine Einschränkung zu konstruieren, (die auch nicht im Gesetz steht,) wiederspricht Sinn und Zweck des § 186 und würde schlichtweg dazu führen, dass Rechte und Möglichkeiten des Schuldners vom Zufall abhängig gemacht werden. Das kann nicht sein. Lex specialis kann ich schon per definitionem nicht feststellen. Zu den Äpfel-Birnen-Vergleichen sage ich nichts.

Lesen Sie unbedingt die Entscheidung des AG Duisburg. Bedenken kommen mir wegen der Aushebelung der absoluten Ausschlussfrist von einem Jahr. Allerdings hat der BGH mehrfach Ausnahmen zugelassen, wenn die Fristversäumnis in der Sphäre des Gerichts liegt. Mit der endlich mal schuldnerfreundlichen Entscheidung kann man meiner Meinung nach sehr gut leben. Hoffentlich bleibt sie.

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