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Schulden und Insolvenz Hilfe Forum

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Autor Thema: Private Insolvenz und Behinderung  (Gelesen 3079 mal)

Maryah

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Private Insolvenz und Behinderung
« am: 27. Oktober 2010, 18:37:26 »

Private Insolvenz und Behinderung
 
Insolvenzen heute immer unrealistischer
Mit Erschrecken lese ich hier zahlreiche Beiträge.
Und erkenne in vielen eine Geschichte voller Verzweiflung, voller Kampf und eine unendliche Zermürbung.
Aber ich stelle auch fest, dass diese Plattform zur Plattform labernder Dummschätzer mutiert ist, die mit ungelebtem Pseudowissen eigene Meinungen als allein richtig bereits geschädigten Menschen glauben, um die Ohren hauen zu können.
Ungelebt, unreflektiert und im Grunde nur dem eigenen kleinen Ego dienend.
Und der, leider gängigen Meinung angeschlossen, insolvente Menschen zu Schuldnern und Sünder abstempeln zu müssen.

Etwas, was unsere Un-Rechtsprechung doch bereits zur Genüge geschafft hat.
Gebrannt markte Menschen, deren größter Wortschatz die eigene Unsicherheit immer wiederholt in der ständigen Frage: Darf ich- bekundet.
In keiner Plattform wird das verunsicherte Wort: Darf ich- so oft verwendet.
Während in zahlreichen Ländern private Insolvenzen in wesentlich kürzere Zeit abgehandelt sind, bedient sich unser Staat sechs lange Jahre unserem Geld, aber noch viel schlimmer- unserer Seele.
Im Mittelpunkt steht nicht, wie es sein sollte, der betroffene Mensch, sondern der Gläubiger.
Der zudem oft gebrandmarkt zusätzlich in den Dreck gedrückt wird.
Kein Gläubiger, der wirklich auf sein Geld angewiesen ist, beteiligt sich an Insolvenzen.
Denn der geschuldete Betrag ist längst verbucht.
Wieso wird hier nicht mehr darauf geachtet, das dem Betroffene -kein Sünder oder Schuldner, die Hand gereicht wird, warum wird nicht von Seiten der Justiz darauf geachtet, ihn zu stärken, sondern  kontrolliert wie kleine entmündigte Kinder alles getan, um ihn in Abhängigkeit und brav dienend zu halten und ihn ständig seine Sünde büsen zu lassen.
 
Mir sind viele Betroffene begegnet, die, wie die meisten, kein Geld zum Fenster geworfen haben, sondern aufgrund der politischen Unfähigkeiten und der un-boomenden Wirtschaftslage in unendliche Not geraten sind... und die wenigsten haben sich die Fäustchen gerieben und über die beginnende Insolvenz gefreut.
Die meisten sind gerannt, haben alles versucht, abzuwehren und wurden mehr abgewimmelt, als angenommen.
Und sühnen nun die Fehler einer löcher haften Gesellschaft.
 
Ich bin Menschen begegnet, die keinen Hehl daraus machen, Hintertürchen zu suchen, Familienangehörige die entzogenen Güter tragen zu lassen- wie anders soll es denn sonst gehen.
Chefs, die über die 990 Euro Grenze Löhne hinter der Hand ausgezahlt haben.
Wer kennt nicht die Tricks- sind das denn alles ungehorsame Menschen, oder Kämpfer um den Erhalt eigener Regie und einem Rest von Lebensqualität.
Wer soll einem Menschen das verdenken.
Oder Menschen, die ihre Arbeit einstellen-müssen.
 
Als Betroffene, die zudem mit einer 90% igen Behinderung ganz andere Lebensvorgaben hat, werde auch ich in die nicht haltbare Schublade bekannter Insolvenzsünder gebastelt- und dem ständigen Druck ausgesetzt, eine zusätzlich zu meiner Rente, natürlich benötigte Hinzuverdienst zu suchen.
Nur egal welchen?
Meine Vorgaben sind meine Gesundheit, die engmaschigen BFA Gesetze- unvereinbar mit den meisten Jobs- zudem habe ich eine viel zu hohe Qualifikation, um in einem Call Center Lose der Süddeutschen Klassenlotterie zu verkaufen.
Auch ich erlebe, als aufgeklärter Insolvenzler, Druck, erlebe Zwang, den ständige Versuch, mich, unabhängig der Rentenvorgabe in irgendeinen Job zu drängen- ich erlebe es, klein gemacht zu werden, meine Arbeitgeber informiert zu sehen- eine zusätzlich willkommene Möglichkeit für Firmen, meiner Person keine andere Beachtung zu schenken, als die der Unzuverlässigen Person.
 
Mein größtes Problem ist mein Auto- denn meinen noch fast neuen Fiat -3 Jahre und als Behindertenfahrzeug deklariert-musste ich hergeben und in eine uralt Schrottlaube eintauschen, die in dem einen Jahr mehr an Reparaturen gekostet hat, als ich aufbringen konnte und nun dabei ist, sich zu verabschieden.
Während meine Behinderung gerade, wie ein Rollstuhlfahrer seinen Rolli, ein Fahrzeug unabdingbar macht.
Ohne das ich zu keinem Arzt, zu keinem Einkaufsladen, und zu keiner Arbeitsstelle komme.
Für einen behinderten Menschen, der keine Form familiärer Bindung mehr hat , der er solche Themen aufs Auge drücken kann und komplett auf sich alleine gestellt ist, ein Fiasko und ein Widerspruch zum Geforderten-
Aber- wie heißt es: ein bißchen Strafe muss sein?
Für mich würde das ein Pflegeheim bedeuten und damit erneut einem anderen Gesetz widersprechen- und kein erarbeitetes Geld mehr für irgendwelche Gläubiger.
 
Es wird in nicht allzu langer Zeit nicht zu umgehen sein, dass bestimmte Menschen keine Insolvenzen mehr in Anspruch nehmen können.
Oder es wird zu Doppelinsolvenzen kommen.
Denn wie viele Schulden sind von außen gemachte Schulden, die gerade in der 6 Jahre langen Zeit nicht vermeidbar sind.
Und auch dann ist es eine unrichtische Aussage, des Neustarts.
Denn welche Firma oder Bank speichert keine Personendaten und weiß auch nach diesen Jahren um die vergangene Insolvenz.
Und es ist ebenso unrichtig, dass nach der Zeit die Schufa kein Zeugnis vergangene Jahre mehr aufweist.
 
Ich habe keine Lust mehr zu lügen und Interesse zu heucheln, in 6 Jahren schuldenfrei zu sein- denn das bin ich nicht.
Für mich als behinderter Mensch ändert sich damit- außer einer geringen monatlichen Rückzahlung, die auch erst nach Tilgung der Gerichtskosten wegfällt, nichts.
Und ab einem gewissen Alter wird keiner mehr die große Karriere anstreben.
Also, aus welcher Ecke soll ich meine Motivation zerren.
 
Es wird Zeit, private Insolvenzen komplett umzustrukturieren.
Den betroffenen Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und ihn selbstbewusst zu stärken. Und nicht als gläsernes nickendes Äffchen gefügig halten zu wollen, um noch mehr Kontrolle auszuüben.
Es wird Zeit, enges und oft realitätsfremdes Schubladendenken durch Individualität zu ersetzen und es wird Zeit, Gesetze für die Menschen zu machen und keine: Menschen für die Gesetze zu formen.
Vorwürfe und Aussagen durch Fragen zu ersetzen.
Das nennt man Bewusstsein und Reife und gerade das wird von insolventen Menschen gefordert, auf der anderen Seite aber vergessen.
 
 
Dann wird das Wort: Darf ich, auch hier ersetzt durch das, was auf der anderen Seite gefordert wird.
Eigenveranwortung starker und selbstbewusster Menschen, die gemeinsam mit ihren Insolvenzberater gangbare Wege erarbeiten und wirklich Kraft und Motivation aufbringen, Situationen anders zu gestalten.
Denn gerade das Wort Integration ist derzeit zwar in aller Munde, sollte aber nicht nur auf ausländische Mitbüger gemünzt werden.
 
 
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Didi89

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Re: Private Insolvenz und Behinderung
« Antwort #1 am: 27. Oktober 2010, 19:05:08 »

Dazu sage ich nur Respekt!!!!
Ich glaube du sprichst hier vielen aus der Seele!!!!
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doktor mabuse

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Re: Private Insolvenz und Behinderung
« Antwort #2 am: 28. Oktober 2010, 11:10:08 »

Hallo,

mit Ihrem Artikel verflechten Sie sehr viele Themen, - wie Umgang miteinander, Politik, die Rolle des Einzelnen und der Allgemeinheit, "unser System", sowie die Folgen von persönlicher Einschränkung durch Insolvenz und Behinderung miteinander.
Darin schwingt jede Menge Enttäuschung darüber mit, daß es unmöglich ist, dies alles im Sinne Aller zufriedenstellend zu vereinen.

Die Realität sieht leider so aus, daß sich die verschiedenen Interessen auf nicht absehbare Zeit eben NICHT vereinen lassen.

"Unser System" ist ein von uns selbst über geschaffenes "Kunstgebilde", was auf so Schlagwörter wie - Wohlstand, Wachstum, "zivilisiert", immer schneller immer mehr, Konkurrenz und Neid, gekoppelt mit der Gier nach mehr - die Liste ließe sich beliebig fortsetzen, fusst und uns steuert.
Unsere Natürlichkeit ist uns längst, - beim Einen mehr, beim Anderen weniger - abtrainiert worden.
Wir haben uns "unser System" geschaffen,die gesellschaftlichen Auswirkungen davon sind mittlerweile weltweit spürbar...

Wer sich in zuvielen eigenen Erwartungshaltungen, verbunden mit Abhängigkeiten von Institutionen und Menschen befindet, wird es sehr schwer haben, auf Dauer ein selbstbestimmtes Leben in Zufriedenheit zu führen, da man immer bestrebt ist, es allen recht zu machen.
Nicht soviel von der Gesellschaft und den anderen erwarten, denn das macht auf dauer Krank und kostet sehr viel Lebensenergie.

Da ist es wichtig, im Sinne eines zufriedenen Lebens, zu schauen, welchen Weg man für sich gehen will.

Auf und Ab gehören zum Leben, das gilt es anzunehmen, auch wenn wir es nicht gerne wahrhaben wollen.

Das Thema Insolvenz und ihre Folgen bietet (für mich) eine Möglichkeit, mich dahingehend selbst zu überprüfen, was mir guttut:

Reduzierung der eigenen Ansprüche, geringes Einkommen, reduzierter aber dafür verlässlicher Freundeskreis, KEINE Abhängigkeiten mehr von Banken, kann auch neue Perspektiven eröffnen, auch wenn es nicht einfach ist.

Ich bin mir sicher, ohne meinen persönlichen und finanziellen crash hätte ich mein Leben nicht unbedingt  neu ausgerichtet, das "System" hatte mich voll im Griff.

Zu diesem ganzen Thema ließe sich noch lange diskutieren und philosophieren, ich belasse es aber dabei, es gibt ohnehin keine "Allgemeingültigkeit", da die Menschen individuell sind.

In diesem Sinne,

Gruß,
Doktor Mabuse




« Letzte Änderung: 28. Oktober 2010, 11:14:20 von doktor mabuse »
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Insokalle

Re: Private Insolvenz und Behinderung
« Antwort #3 am: 28. Oktober 2010, 12:01:43 »


Zu diesem ganzen Thema ließe sich noch lange diskutieren und philosophieren, ich belasse es aber dabei, es gibt ohnehin keine "Allgemeingültigkeit", da die Menschen individuell sind.

Ja, doc m, das haben Sie gut beschrieben. Als ich den Eingangsbeitrag gestern las, hatte ich schon mit drastischen Worten angefangen, dann vor lauter Kopfschütteln aber aufgehört. Das Insolvenzverfahren ist nun mal ein wirtschaftliches Verfahren und bisher wurde kein Gedanke an die Gläubiger verschwendet, von denen viele mit z.T. erheblichen Forderungsausfällen zu kämpfen haben und selbst nur mühsam den Kopf über Wasser halten können.
Der Staat gibt seinen Bürgern mit der InsO ein Geschenk in die Hand, wozu er nicht verpflichtet wäre und das - je nach Einzelfall natürlich - viele Tausend Euro wert sein kann. Man sollte endlich aufhören, auf hohem Niveau zu jammern.
« Letzte Änderung: 28. Oktober 2010, 16:24:23 von Insokalle »
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Pauli

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Re: Private Insolvenz und Behinderung
« Antwort #4 am: 28. Oktober 2010, 13:49:23 »

Ich schließe mich komplett den beiden Antworten von dr.mabuse und Insokalle an!
Ich habe das Glück in 6 Jahren schuldenfrei zu sein und muß nicht bis an mein
Lebensende mit Gläubigern und dem GV leben!
Durch meinen Crash haben wir erst angefangen unser Leben neu zu überdenken und unsere
Ziele neu zu definieren!
Wir haben es geschafft innerhalb eines Jahres unsere Ausgaben zu halbieren und wir
vermissen nichts! Günstigere Wohnung, Haushaltsplan, Kochplan, unsinnige Verträge,
etc.
Sämtlich Fragen und Probleme in meiner Insolvenz, wurden bisher vom Gericht oder
vom Büro des IV geduldig beantwortet.
Vielleicht habe ich einfach nur Glück mit beiden, aber mich behandelt niemand, wie ein
Mensch zweiter Klasse.
Ich bin durch diese ganze Situation wieder stärker geworden, habe mein Selbstbewusstsein
wieder und habe die Kraft für die Familie zu kämpfen!
Und wenn hier jemand fragt: "darf ich" dann doch nur, weil derjenige sicher sein möchte, damit nicht
seine RSB zu gefährden und nicht weil er sich nicht traut etwas alleine zu unternehmen.
(Wieviele gibt es denn hier, die das Insolvenzrecht auswendig können?) Ich habs auch nur auszugweise gelesen,
bin aber sehr froh, dass es hier Leute gibt, die zuhören (äh..lesen) und mehr Ahnung haben als ich.
Positiv denken, denn jede schlimme Erfahrung hat auch sein gutes- davon bin ich überzeugt!
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Maryah

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Re: Private Insolvenz und Behinderung
« Antwort #5 am: 29. Oktober 2010, 11:48:07 »

An alle hier....
ich bin begeistert über die hiesigen Reaktionen.
Dann hat mein Statement genau das erreicht, was ich beabsichtigt habe...
Eigenreflektion und Auseinsetzung.
Denn ich bitte bei allem zu bedenken, dass es immer ein Gemisch aus vielen Themen ist.
Und kein Mensch oder kein Leben-und keine Insolvenz, der anderen gleich sein KANN.
Es gilt eines zu beachten, egal, ob Insolvent- oder nicht.... denn es geht um Menschen.
Und ganz am Rande: meine Gläubiger waren insgesamt keine Menschen, die nach dem im Grunde geringen Schuldenberg, der nur aufgrund meiner jungen Berentung nicht anders zu tilgen war, "schlaflose Nächte"  hatten.
Die habe lediglich ich.
Es geht um ganz andere Themen.
Es geht um viel tiefere Themen.
Und natürlich spricht Wut und Enttäuschung aus meinen Worten- eine gesunde Reaktion eines jeden Menschen, der, gerade als Behinderte zuerst in eine Insolvenz gerissen wurde, und dann dafür sühnen soll..... denn ich arbeite mit behinderten Menschen und weiß nur zu gut, wie leicht und anders gelagert solche Situationen gerade in diesen Gruppen entstehen können.

Druck erzeugt immer Gegendruck
Erst loslassen  kann das entstehen lassen, was gewünscht ist.
Jede Form von Kontrolle und Festhalten lässt flüchten
Klein halten müssen nur die Instanzen, deren Angst vor der eigenen Freiheit zu groß ist.
Es gibt nun mal andere Welten-andere Bewusstsein-andere Lebensformen.
Denn der einzige Mensch, für den es sich lohnt, etwas zu verändern- bist du selbst.
So lange dieses Freidenken weiterhin in juristische Schubladen gepackt wird, werden bestimmte Menschengruppen keine Insolvenz durchstehen können.
Und es steht eine ganz große Aufforderung an jeden Treuhänder im Raum:
Den betroffenen Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und dessen Individualität zu achten.

Ich begrüße es, wenn Menschen die Sache für sich hier so betrachten können, ihr Leben in andere Bahnen zu lenken, notwendige Veränderungen zu schaffen, neue Perspektiven zu finden- durch diese Insolvenz- aber es gibt nun mal Menschen, deren Leben durch Behinderungen und Lebenssitationen bereits geprägt anderen Regien unterworfen ist und die nicht alles- ein Lieblingswort meines Gerichtes- tun- um ihrer Mitwirkungspflicht gerecht zu werden.
Welches Alles- mein Alles, das Alles des Gerichtes- was bedeutet ALLES und wer schreibt ALLES vor.
Ich tue ALLES- das ALLES, was mir möglich ist, was in mein Leben passt.... und damit ist ALLES getan.

Maryah
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