Schulden und Insolvenz Hilfe Forum

Schulden => Das (Verbraucher-) Insolvenzverfahren => Thema gestartet von: ragnarok123 am 31. Mai 2011, 19:48:17

Titel: Restschuldbefreiung + Steuerhinterziehung
Beitrag von: ragnarok123 am 31. Mai 2011, 19:48:17
Abend,

folgende Frage einmal.

Person X ist selbstständig und lässt sich vom Finanzamt schätzen.
Irgendwann gibt er eine Steuererklärung ab, in dieser fehlen jedoch Einnahmen (Schludrigkeit).
Es wird eine Betriebsprüfung angeordnet in Folge dessen das Finanzamt die Insolvenz beantragt.

Der Schuldner hat seine 7 Jahre nun fast rum und erhält kurz vor Ablauf Mitteilung vom AG, dass das FA beantragt hat, die RSB nach 290 (2) InsO zu verwehren vor dem Hintergrund, dass die Steuererklärung als Steuerhinterziehung gewertet wurde und damit Zahlungen an öffentliche Kassen zu verhindern versucht wurde.

Kann jemand hier aus der Erfahrung heraus sagen, ob der Richter eine Ermessensentscheidung ausübt oder ob es faktisch immer die RSB verwehrt wird ?

- danke
Titel: Re: Restschuldbefreiung + Steuerhinterziehung
Beitrag von: Fallera am 31. Mai 2011, 20:15:10
Habe hierzu folgendes gefunden:

Bundesfinanzhof
AO § 251 Abs. 3; InsO § 302 Nr. 1, § 290 Abs. 1, § 184, § 185; BGB § 823 Abs. 2, § 826; ZPO § 850f
1. Eine Steuerhinterziehung (§ 370 AO) ist keine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung i. S. des § 302 Nr. 1 InsO.
BFH, Urteil vom 19. 8. 2008 - VII R 6/ 07; FG Hamburg (Lexetius.com/2008,2659)
" Damit ist klargestellt, dass weder vorgesehen war, die Restschuldbefreiung wegen Steuerhinterziehung vollständig zu versagen noch die hinterzogene Steuer von der Restschuldbefreiung auszunehmen.
 Danach führt nicht jede Straftat zur Versagung. Ausdrücklich benannt sind lediglich Insolvenzstraftaten nach den §§ 283 bis 283c StGB, die zu einer rechtskräftigen Verurteilung geführt haben. Von einer Einbeziehung von anderen, auch Steuerstraftaten, in diesen Katalog hat der Gesetzgeber bewusst abgesehen."

Die Frage die ich mir stelle ist, ob überhaupt ein Antrag auf Versagung nach §290 Inso möglich ist nach dem Schlusstermin.
Titel: Re: Restschuldbefreiung + Steuerhinterziehung
Beitrag von: ragnarok123 am 31. Mai 2011, 20:40:24
Hallo,

das Urteil habe ich auch schon gefunden, weiß aber nicht, ob dieses überhaupt Anwendung findet.

Der Schlusstermin ist noch nicht, mE ist dieser in circa 3 Wochen, der Schuldner erhielt eben letzte Woche o.g. Ankündigung.

danke schonmal
Titel: Re: Restschuldbefreiung + Steuerhinterziehung
Beitrag von: Maurice Garin am 01. Juni 2011, 09:39:03
Irgendwann gibt er eine Steuererklärung ab, in dieser fehlen jedoch Einnahmen (Schludrigkeit).

Ich gehe mal davon aus, dass das innerhalb von drei Jahren vor dem Insolvenzantrag war?

Zitat
Der Schuldner hat seine 7 Jahre nun fast rum

7 Jahre und noch kein Schlusstermin?

Wenn das FA den Antrag stellt und die Steuerhinterziehung nachweisen kann, dann wird das Gericht die Restschuldbefreiung mit ziemlicher Sicherheit versagen. Vorsätzliche Falschangaben in der Steuererklärung fallen unter den § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Da wäre es besser gewesen, keine Steuererklärung abzugeben. Das ist zwar auch Steuerhinterziehung, hier hilft aber das von Fallera zitierte Urteil.
Titel: Re: Restschuldbefreiung + Steuerhinterziehung
Beitrag von: tomwr am 01. Juni 2011, 22:10:57
BFH, Urteil vom 19. 8. 2008 - VII R 6/ 07; FG Hamburg (Lexetius.com/2008,2659)
" Damit ist klargestellt, dass weder vorgesehen war, die Restschuldbefreiung wegen Steuerhinterziehung vollständig zu versagen noch die hinterzogene Steuer von der Restschuldbefreiung auszunehmen.

Das ist eine Erwägung des Gerichts bezugnehmend auf eine Neufassung der InsO, die so aber nie zum Tragen gekommen ist. Das Urteil bezieht sich allein auf die Frage, ob Verbindlichkeiten aus einer Steuerhinterziehung von der RSB nach §302 ausgenommen sind und ob eine Steuerhinterziehung als vbuH zu werten ist. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass §290 Abs.1 Nr.2 zutreffend sein kann. Selbstverständlich ist eine Anwendung nach dem Schlusstermin ausgeschlossen, dieser war aber hier wohl noch nicht.

Also ich denke dass ein Versagungsantrag des FA erfolgreich sein wird. Auch dürfte es für eine Rücknahme des Antrags auf RSB zu diesem Zeitpunkt (Entscheidung über den Antrag) zu spät sein.