Schulden und Insolvenz Hilfe Forum

Schulden => Das (Verbraucher-) Insolvenzverfahren => Thema gestartet von: Paprika123 am 29. Oktober 2012, 12:25:20

Titel: Steuerklassenwechsel im Insolvenzverfahren wg. Elternzeit
Beitrag von: Paprika123 am 29. Oktober 2012, 12:25:20
Hallo zusammen!

Mein Mann steht vor der Eröffnung seines Insolvenzverfahrens, der Gutachter wurde bereits im August eingeschaltet, es ist also eine Frage von Wochen... Nun zu meiner Frage:

Mein Mann und ich liegen 200 Euro Brutto auseinander, d.h. wir haben die Steuerklassen 4/4. Nun gibt es ja zwei bekannte BGH Urteile:

1. Man darf die Steuerklassen ändern, wenn sich dadurch eine finanzielle "Besserstellung" ergibt, heißt aber sicherlich nur wenn man vor der Pfändung bereits 3/5 hatte? Würden wir nun die Steuerklassen ändern auf 3/5 hätten wir natürlich mehr Geld aber hauptsächlich durch die niedrigere Pfändung. Wären nämlich statt 483 Euro nur noch um die 200 Euro. Das ist aber sicherlich unter dem Aspekt nicht erlaubt oder?

2. Ein anderes Urteil besagt, dass man die Steuerklassen ändern darf um ein höheres Elterngeld zu erlangen. Wären ja dann wieder finanziell besser gestellt durch einen Steuerklassenwechsel. Aber auch hier denke ich, dass sobald ein Partner in der Inso steckt dieses Urteil dann hinfällig ist?

Vielen Dank im voraus für eure Antworten!
Titel: Re: Steuerklassenwechsel im Insolvenzverfahren wg. Elternzeit
Beitrag von: Der_Alte am 29. Oktober 2012, 19:40:45
Also in Klasse V darf Ihr Mann auf keinen Fall wechseln, das gefährdet die RSB.

Ansonsten rate ich davon ab, weil Sie dann im nächsten Jahr eine ordentliche Nachzahlung an das Finanzamt leisten müssen. Ihr Elterneld wird in der jeweiligen Steuerveranlagung als Einkommen mit Progressionsvorbehalt einbezogen; das bedeutet, Sie müssen darauf nachträglich noch Steuern zahlen.
Da Sie aber in diesem Zeitraum keine Steuern gezahlt haben, kommt es zu einer Nachzahlung. Wenn dann Ihr Mann auch noch Steuerklasse III hatte und damit ohnehin zu wenig Steuern gezahlt wurden, wird der Nachschlag um so höher. Und er ist, weil Sie persönlich dafür steuerpflichtig sind, von Ihnen zu zahlen.

Ich würde es bei der bisherigen Lösung lassen.
Titel: Re: Steuerklassenwechsel im Insolvenzverfahren wg. Elternzeit
Beitrag von: AuswegInsolvenz am 30. Oktober 2012, 22:14:01
Die Empfehlung ist die richtige. in ihrem Fall Würde sich der pfändbare Betrag verringern, der Vorsatz ihrerseits dürfte hier schnell nachweisbar sein. . Es ist nicht grundsätzlich verboten, die Steuerklasse V im Insolvenzverfahren zu haben. Soweit die Steuerklasse nicht nachweislich vorsätzlich von 4/4 auf 3/5 gewechselt worden ist, um das pfändbare Einkommen  zu schmälern, darf die Steuerklasse nach Belieben gewählt werden. ABER: zu beachten ist, dass im Folgejahr der Insolvenzverwalter berechtigt wäre, Sie zum Wechsel in die Steuerklassen 4/4 zu "zwingen" wenn sich dadurch ein höherer pfändbarer Betrag ergibt.

Bsp.: zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung haben Sie die Steuerklassen 3/5. Das Verfahren wird am 1.10.12 eröffnet. Der Verwalter kann nicht nachweisen, dass die Steurklassen ihrerseits bewusst gewählt wurden, um den pfändungsfreien Betrag zu erhöhen, dann dürfen Sie die Steuerklassen zunächst behalten. Ab 1.1.2013 kann der Verwalter Sie jedoch auffordern, die Steuerklassen zu ändern in 4/4, soweit er daraus einen höheren pfändbaren Betrag zur Masse ziehen kann.

Sie haben weitere Fragen? Kontaktieren Sie mich unter

*Adminedit: Werbung und Aufforderungen zur Kontaktaufnahme sind nicht erwünscht *
Titel: Re: Steuerklassenwechsel im Insolvenzverfahren wg. Elternzeit
Beitrag von: paps am 30. Oktober 2012, 22:47:46
ABER: zu beachten ist, dass im Folgejahr der Insolvenzverwalter berechtigt wäre, Sie zum Wechsel in die Steuerklassen 4/4 zu "zwingen" wenn sich dadurch ein höherer pfändbarer Betrag ergibt....
Auf welcher Grundlage ? Im vorgetragenen Fall ist doch nur der Mann in Inso.
Das getrennt veranlagt werden kann ist bekannt, aber der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Steuerklassenwahl?
Titel: Re: Steuerklassenwechsel im Insolvenzverfahren wg. Elternzeit
Beitrag von: Insokalle am 31. Oktober 2012, 11:17:03
Berechtigter Einwand. Wenn ich mich richtig erinnere, hat der BFH im letzten Jahr bestätigt, dass die Steuerklassenwahl bei den Schuldnern bleibt und nicht auf den IV übergeht.
Der IV müsste dann aber mE bei grundlos ungünstig gewählter Steuerklasse einen Antrag nach § 850h ZPO analog stellen können, so dass der pfändbare Betrag so zu berechnen ist, wie bei einer anderen Steuerklassenwahl.
Titel: Re: Steuerklassenwechsel im Insolvenzverfahren wg. Elternzeit
Beitrag von: Maurice Garin am 31. Oktober 2012, 13:29:54
Ein Steuerklassenwechsel ist ja unschädlich, wenn es dafür nachvollziehbare wirtschaftliche Gründe gibt (niedrigere Pfändung ist kein solcher Grund). Ein höheres Eltern-, bwz. Mutterschaftsgeld ist ein nachvollziehbarer Grund. So gesehen halte ich das nicht per se für schädlich. Andererseits bleibt ein Risiko. Eine Entscheidung dazu kenne ich nicht (was nix heißen muß).

Die Frage ist nur, ob der Effekt auf das Elterngeld so hoch ist. Das wird ja aus einem Zwölf-Monats-Durchschnitt berechnet. Eine Schwangerschaft dauert aber nur 9 Monate. Signifikante Auswirkungen beim Elterngeld ergeben sich also nur, wenn der Steuerklassenwechsel frühzeitig erfolgt. Anders sieht es beim AG-Zuschuss zum Mutterschaftsgeld aus. Der wird aus den letzten drei Monaten vor der Mutterschutzfrist berechnet. Und da lohnt sich ein Wechsel auf jeden Fall. Wer das nicht rechtzeitig macht, der schenkt Geld her. Und warum sollte man das tun, zugunsten der Gläubiger des Ehemannes?

Man könnte aber auch einfach die Steuerklassen wechseln und der Mann zahlt freiwillig den alten Pfändungsbetrag. Bei intakter Ehe dürfte es ja keine finanziellen Probleme geben.
Wenn das Kindlein auf der Welt ist, kann man die Steuerklassen ja wieder wechseln. Vermutlich nimmt der Mann dann St.kl. III, hat dafür aber einen Unterhaltsberechtigten mehr. Sonst gibt es am Ende womöglich eine Steuererstattung, die dann der IV einstreicht.   

Titel: Re: Steuerklassenwechsel im Insolvenzverfahren wg. Elternzeit
Beitrag von: Paprika123 am 31. Oktober 2012, 14:28:45
Ein Steuerklassenwechsel ist ja unschädlich, wenn es dafür nachvollziehbare wirtschaftliche Gründe gibt (niedrigere Pfändung ist kein solcher Grund). Ein höheres Eltern-, bwz. Mutterschaftsgeld ist ein nachvollziehbarer Grund. So gesehen halte ich das nicht per se für schädlich. Andererseits bleibt ein Risiko. Eine Entscheidung dazu kenne ich nicht (was nix heißen muß).

Die Frage ist nur, ob der Effekt auf das Elterngeld so hoch ist. Das wird ja aus einem Zwölf-Monats-Durchschnitt berechnet. Eine Schwangerschaft dauert aber nur 9 Monate. Signifikante Auswirkungen beim Elterngeld ergeben sich also nur, wenn der Steuerklassenwechsel frühzeitig erfolgt. Anders sieht es beim AG-Zuschuss zum Mutterschaftsgeld aus. Der wird aus den letzten drei Monaten vor der Mutterschutzfrist berechnet. Und da lohnt sich ein Wechsel auf jeden Fall. Wer das nicht rechtzeitig macht, der schenkt Geld her. Und warum sollte man das tun, zugunsten der Gläubiger des Ehemannes?

Man könnte aber auch einfach die Steuerklassen wechseln und der Mann zahlt freiwillig den alten Pfändungsbetrag. Bei intakter Ehe dürfte es ja keine finanziellen Probleme geben.
Wenn das Kindlein auf der Welt ist, kann man die Steuerklassen ja wieder wechseln. Vermutlich nimmt der Mann dann St.kl. III, hat dafür aber einen Unterhaltsberechtigten mehr. Sonst gibt es am Ende womöglich eine Steuererstattung, die dann der IV einstreicht.  



Ist das denn wenigstens zulässig, die Steuerklassen wegen des Mutterschaftsgeldes zu ändern? Kann man sich irgendwo vergewissern, beim IV, Gericht, etc., bevor man was ändert und man nicht in Teufelsküche kommt?