Schulden und Insolvenz Hilfe Forum

Schulden => Das (Verbraucher-) Insolvenzverfahren => Thema gestartet von: semmelbemmel am 27. September 2011, 08:08:37

Titel: viele Fragen zur PI
Beitrag von: semmelbemmel am 27. September 2011, 08:08:37
Hallo und Guten Morgen,

nachdem ich nun 45 Seiten nach hinten gelesen habe, bleiben für uns immer noch Fragen offen. Ich hoffe, ihr könnt mir helfen oder Erfahrungen posten. Mein Mann hat nächste Woche einen Termin bei der Schuldenberatung. Aufgrund der Situation wird es wohl auf eine Privatinsolvenz hinaus laufen. Bei den Voraussetzungen gehe ich auch nicht davon aus, dass sich die Gläubiger auf einen Vergleich/Schuldenbereinigungsplan einlassen werden. Er ist alleiniger Schuldner, ich bin außen vor. Nun gibt es viele Frage die offen sind:

1. Mein Mann bekommt das Kindergeld für 3 Kinder vom AG gezahlt. Sollte ich das Kindergeld jetzt beantragen, so dass es bei eventuell drohender Lohnabtretung/Pfändung nicht zu Komplikationen kommt?

2. Bisher konnten wir alle Forderungen unter größten Anstrengungen bedienen. Allerdings haben wir manchmal kaum noch etwas für Lebensmittel übrig. Der Dispo ist ausgereizt, alle Ersparnisse/Lebensversicherung/Bausparer wurden bereits freiwillig zur Tilgung heran gezogen. Nun steht die Entscheidung PI. Sollen wir bis zur Entscheidung Vergleich/PI weiter zahlen oder nun beginnen auszusetzen. Bisher bestehen keine Mahnbescheide, Pfändungen oder Ähnliches. Allerdings hat ein Gläubiger eine Lohnabtretung die bei zweimaligem nicht zahlen greift. Ich muss noch dazu sagen, dass bisher alle Anstrengungen die Raten zu reduzieren scheiterten, da kein Gläubiger einlenken wollte.
Es handelt sich fast ausschließlich um Kredite von Banken/Kreditkarte.

3. Auto 1 gehört meinem Mann und er benötigt es dringend da er zu 50% im Außendienst tätig ist. ich gehe davon aus, dass der AG das bestätigen wird. Das Auto ist ca. 3000 oder 3500 EUR wert. Zu finanzieren sind noch 1800 EUR. Diesen Gläubiger wollte er aus dem nichtpfändbaren Einkommen weiter bedienen. Geht das? Und wie sind die Chancen, dass er das Auto überhaupt behalten kann? Wer hat Erfahrungen und braucht das Auto auch dringend im Job?

4. Auto 2 wurde von meinem Mann 2007 gekauft und komplett bar gezahlt. Er hat es mir geschenkt. Ich fahre es seitdem und brauchte es auch damals dingend (Mann arbeitete außerhalb, meine Arbeitstelle 50 km vom Wohnort entfernt) Nachweislich wurde das Auto sofort auf mich angemeldet. Alle Unterlagen laufen seit dem kauf auf meinen Namen. Ich zahle die steuern. Für eine schenkung ist außer bei immobilien kein Notar oder Vertrag notwendig. Kommen wir damit unter diesen Voraussetzungen durch? Gehört mir das Auto wirklich? (Kleinstwagen Wert ca. 3500 EUR)

5. Mir fällt bestimmt noch etwas ein...

Ich danke schon jetzt für eure Hilfe...

Viele Grüße, semmelbemmel
Titel: Re: viele Fragen zur PI
Beitrag von: Fallera am 27. September 2011, 08:28:14
1. Kindergeld kann gemäß §54SGBI kann nur wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche gepfändet werden.

2. Gute Frage! Ein Zweischneidiges Schwert! Wenn die Insolvenz Option Nr. 1 ist, sollten Sie sofort anfangen nur noch das notwendige zu zahlen. Auch bei einem Vergleich stellt sich immer die Frage, welchen Grund die Gläubiger hätten diesem zuzustimmen, wenn bislang alle Raten bezahlt werden konnten?
Bzgl. der Lohnabtretung kommt es auch immer noch darauf an, ob das Unternehmen diese nicht gänzlich Ausschließt.

3. Bei einer möglichen Insolvenz gehört ein KFZ erstmal grundsätzlich zur Masse! In Ihrem Fall gehört das KFZ jedoch noch der Bank. Somit hat diese erstmal das Recht, dass KFZ zurückzufordern. Ob sich die Bank darauf einlässt, dass der Kredit weiter bedient wird im Falle einer Insolvenz ist eine andere Sache. Grundsätzlich möglich ist es, einen Insolvenzgläubiger aus dem unpfändbaren Vermögen zu bedienen.

4. Grundsätzlich ist das Ok! Ich würde nachträglich etwas schriftliches Aufsetzen! Sicher ist sicher.

Titel: Re: viele Fragen zur PI
Beitrag von: semmelbemmel am 27. September 2011, 08:38:11
Hallo,

danke für die schnelle Antwort.

Die Frage beim Kindergeld ist halt: Kommt es wirklich zur Lohnpfändung kann der AG ja auch mal einen Fehler machen. Ist das Geld erst einmal weg und gepfändet, steht für uns der Stress mit dem "wiederholen" Daher der Gedanke, dass ich das Kindergeld ab jetzt beziehen werde.

Auch bei einem Vergleich stellt sich immer die Frage, welchen Grund die Gläubiger hätten diesem zuzustimmen, wenn bislang alle Raten bezahlt werden konnten?

Das waren auch unsere Gedanken... Eh es zu Pfändungen kommt brauchen die Gläubiger ja erst einmal Mahnbescheid, Vollstreckungsbescheid und Titel. Wie lange kann sich das hinziehen?
Ob die Lohnabtretung im Arbeitsvertrag oder tarifvertrag ausgeschlossen ist, will mein mann heute erfragen.
Was die Gläubiger betrifft, gab es allerdings schon mehrere Anfragen unsererseits und auch schon einmal Rückbuchungen der Bank, die dann von uns im nächsten Monat bedient wurden. Also Unregelmäßigkeiten waren schon zu erkennen im letzten Jahr.   

Und dann fällt mir noch Frage 5 ein:

Meldet jeder TH dem Vermieter die Insolvenz oder kann man da auch drumherum kommen?

Viele grüße, semmelbemmel
Titel: Re: viele Fragen zur PI
Beitrag von: doktor mabuse am 27. September 2011, 09:14:44
Hallo,

bei mir wurde ein Vergleich auch abgelehnt und ich habe auch bis zuletzt (Einleitung des Vergleichs ) alle Gläubiger noch einigermassen bedient. Nach Ablehnung des Vergleichs und entsprechender Bescheinigung durch die SB wurde umgehend der PI-Antrag eingereicht.
Ein Vorteil hiervon kann aber sein, daß man bis zur Verfahrenseröffnung (je nach Gericht 2-4 Monate nach Antragseinreichung)noch seine Ruhe von den Gläubigern hat, da ja erstmal alle Schritte wie - Kündigung, Mahnbescheid, etc angeleiert werden müssen. Bei ist außer 2 Lohnabtretungen, die aber betrieblich ausgeschlossen sind, bis zur Verfahrenseröffnung nichts gravierendes passiert, es kam auch kein GV.
Und nach Eröffnung sind Pfändungen einzelner Gläubiger nicht mehr wirksam.
Bei mir hat der TH meinen Vermieter und Arbeitgeber umgehend angeschrieben, sie bekamen die Schreiben am selben Tag wie ich, keine Chance noch etwas selber zu regeln. Hatte aber meinen AG zumindest schon im Vorfeld informiert, mein Vermieter war natürlich überrascht, aber nach einem offenen Wort war die Sache dann auch zum Guten erledigt.
Ich würde auch nur noch das Nötigste zahlen und die Kreditraten nicht mehr bedienen, sonst macht ein möglicher vergleich wenig Sinn.

Alles Gute,

Gruß,
Doktor Mabuse
Titel: Re: viele Fragen zur PI
Beitrag von: Der_Alte am 27. September 2011, 09:40:04
Moin,

Ihr Mann sollte sich bei der Schuldnerberatung erkundigen, welche Zeitschiene zwischen der Erstberatung und dem Insolvenzantrag zu erwarten ist.
Die Banken brauchen für die Zeit zwischen dem ersten Nichtzahlen und einen Vollstreckungsbescheid in der Regel etliche Monate. Ich habe seinerzeit nach dem Besuch beim Schuldnerberater die Zahlungen vollständig eingestellt und später, etwa 8 Wochen vor der Abgabe des Eröffnungsantrages, kam der erste Mahnbescheid, dem ich widersprach. Deshalb habe ich bis zur Verfahrenseröffnung auch keine Vollstreckung erlebt. Auch eine bei einem Gläubiger vorhandene Lohnabtretung wurde nicht offengelegt.
Und selbst wenn dürfte das, was sich der Gläugiber holen kann, immer noch erheblich weniger sein als das, was Sie heute zahlen müssen. Eine Pfändung / Lohnabtretung ist bei den vier Unterhaltsberechtigten (Sie und Ihre drei Kinder) Ihres Mannes ja erst ab 2070 € netto möglich.

Die Raten für den Pkw des Mannes würde ich bezahlen, notfalls auch in Form einer Sondertilgung. Wenn Sie die übrigen Forderungen nicht mehr bedienen dürfte das Geld möglicherweise in der Zeit bis zum Insolvenzantrag dazu ausreichen.

Sobald Sie anfangen Raten nicht mehr zu bedienen wird Ihnen die bsiherige Bank den Dispo kündigen. Eingehende Zahlungen dort werden leider vollständig mit dem aufgelaufenen Dispo verrechnet. Gehen Sie daher beide zu einem anderen Bankinsitut und eröffnen Sie jeder für sich ein neues Konto. Das Ihres Mannes wandeln Sie sofort in ein P-Konto. Der Schuldnerberater wird Ihnen eine Bescheinigung ausfüllen aus der die Anzahl der Unterhaltsberechtigten Personen hervorgeht. Dann ist das Geahlt Ihres Mannes bis zur Pfändungshöhe auch auf dem Konto geschützt.

Alle Geldeingänge anderer Art gehen ab sofort nur noch auf Ihr Konto, nur auf diesem Konto werden eventuelle Guthaben gesammelt. Das Kindergeld würde ich, damit es zu keinen Unstimmigkeiten kommt, auf Ihr Konto umleiten. Ob dazu nur eine Kontoänderung notwendig ist oder eine tatsächliche Übertragung weiss ich nicht.

Alle gemeinsamen Konten auflösen.  Prüfen Sie noch vorhandene Versicherungen, ob diese möglicherweise der Insolvenz zum Opfer fallen könnten, so z.B. Sterbegeldversicherungen der Kinder sind gefährdet, wenn Ihr Mann der Versicherungsnehmer ist. Rechtzeitig vorher solche Versicherungen auf Sie umschreiben lassen.

Sie müssen inder Insolvenz damit rechnen, dass der Vermieter angeschrieben wird. Zum einen,  weil der Treuhänder sich die Mietkaution sichern wird, zum anderen aber auch, um den Mietvertrag freizugeben. Sonst könnte er bei Nichtzahlung der Miete in die Lage kommen, diese zahlen zu müssen.
Informieren Sie, wenn Sie Bedenken haben, den Vermieter vorher selbst. Bei großen Wohnungsbauunternehmen ist es egal. Sollten Sie Mitglied einer Wohnungsbaugenossenschaft sein und Ihr Mann die Genossenschaftsanteile halten, sollte er diese sofort kündigen. Termin dafür die üblicherweise der 30.9. Sie erwerben dann neue Anteile. Einzelheiten, wenn es zutrifft, können wir noch einmal diskutieren.

Titel: Re: viele Fragen zur PI
Beitrag von: Insokalle am 27. September 2011, 10:44:48
Noch zur Ergänzung:
Im Verbraucherinsolvenzverfahren müssen diese leidigen Formulare ausgefüllt werden. Die Schenkung eines Autos muss dort wohl auch eingetragen werden.
Hier stellt sich im eröffneten Verfahren die Frage nach der Anfechtbarkeit der Schenkung. Ob es dazu kommt, steht wieder auf einem anderen Blatt.

Auch eine Sondertilgung könnte anfechtbar sein, wenn diese nicht vertraglich vorgesehen ist. In der Verbraucherinsolvenz ist nur der Sicherungsgläubiger zur Verwertung berechtigt, eine Einigung mit dem sollte möglich sein.
Titel: Re: viele Fragen zur PI
Beitrag von: Der_Alte am 27. September 2011, 11:03:49
Die Schenkung ist schon deswegen völlig problemfrei, weil es im Jahre 2011 nicht mehr zu einer Antragstellung kommen wird. Da das Fahrzeug 2007 verschenkt wurde ist die Anfechtungsfrist von 4 Jahren spätestens Ende diesen Jahres verstrichen. Der Schenkungsvertrag sollte natürlich im Jahr 2007 schriftlich fixiert sein.
Die Schenkung ist dann auch nicht mehr einzutragen.

Sondertilgungen sind in Kfz-Finanzierungsverträgen üblich, insoweit sehe ich da kein größeres Problem. Man muss natürlich darauf achten, dass die letzte Zahlung 3 Monate und einen Tag vor Abgabe des Eröffnungsantrags erfolgt ist.