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Schulden und Insolvenz Hilfe Forum

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Autor Thema: Ist der Motivationsbonus absurd?  (Gelesen 7016 mal)

Boooom

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Ist der Motivationsbonus absurd?
« am: 07. Juni 2011, 22:37:09 »

„Zur Steigerung der Motivation, die Wohlverhaltensphase durchzustehen, verbleiben Ihnen im fünften Jahr zusätzlich 10% und im sechsten Jahre 15% des pfändbaren Teils Ihrer Einkünfte“, diese oder eine ähnlich lautende Information erhält jeder, der sich über die Bedingungen im Verbraucherinsolvenzverfahren informiert. So wurde es auch bei der Einführung der Verbraucherinsolvenz von der Bundesregierung dargestellt.

Heute weiß ich nun, dass mir dieser Wohlverhaltensbonus vollständig vorenthalten blieben wird. Dem liegt folgender Ablauf zu Grunde:

19.10.2006 – Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 305 InsO.

20.11.2006 – Beschluss des Amtsgerichts über die Eröffnung des Verfahrens, Bestellung des Treuhänders.

19.09.2008 – Beschluss des Amtsgerichts über die Zustimmung zur Schlussverteilung.

10.11.2008 – Beschluss des Amtsgerichts über die Ankündigung der Restschuldbefreiung, es wird mitgeteilt dass die Laufzeit der Abtretung mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 20.11.2006 begonnen hat und sechs Jahre betragen wird.

02.12.2008 – Beschluss des Amtsgerichts über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens.


Das Verfahren lief glatt durch, es gab keine noch zu klärenden Umstände oder andere Besonderheiten.


Nun kommt jedoch für mich der Hammer: Nach § 292 der Insolvenzordnung ist Berechnungsgrundlage für die Auszahlung des Motivationsbonus nicht wie zu erwarten der Beginn der Wohlverhaltensphase entscheidend, sondern der Zeitpunkt der Aufhebung des Verfahrens. Also werde ich wie oben erwähnt keinen Bonus erhalten.

Da ich keine Anhaltspunkte dafür habe, dass mein Verfahren vom Normalen abweicht, stellt sich mir eine ganz grundsätzliche Frage. Wie ist es zu erklären dass ein solcher Bonus im Gesetz vorgesehen ist und auch durchgehend angekündigt wird, wenn er doch im Normalfall gar nicht zum Tragen kommt.

Da ich mich mit einer solchen Regelung nicht abfinden möchte, beabsichtige ich dazu eine Petition beim Bundestag einzureichen.

Deshalb wäre es für mich wertvoll wenn ich hier auch von anderen Betroffenen Aussagen zu diesem Thema erhielte. Ich möchte einfach sicher sein dass ich kein Ausnahmefall bin sondern tatsächlich eine solche wohl Unredlich zu nennende Praxis gang und gäbe ist.


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Fallera

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Re: Ist der Motivationsbonus absurd?
« Antwort #1 am: 08. Juni 2011, 07:38:34 »

Nun kommt jedoch für mich der Hammer: Nach § 292 der Insolvenzordnung ist Berechnungsgrundlage für die Auszahlung des Motivationsbonus nicht wie zu erwarten der Beginn der Wohlverhaltensphase entscheidend, sondern der Zeitpunkt der Aufhebung des Verfahrens. Also werde ich wie oben erwähnt keinen Bonus erhalten.

Zum einen ist in § 292 InsO nie die Rede von der Wohlverhaltensperiode sondern von dem Zeitpunkt der Aufhebung des Verfahrens die Rede, zum anderen sieht auch der BGH den Beginn der WVP nicht ab Insolvenzeröffnung sondern ab Aufhebung des Verfahrens.

Auszug aus einem BGH Urteil:
"(2) Eine Geltung der Obliegenheiten des § 295 InsO bereits von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an stünde überdies nicht im Einklang mit der vom Gesetz im Übrigen strikt durchgehaltenen Trennung zwischen dem eröffneten Insolvenzverfahren einerseits, der Wohlverhaltensphase nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens andererseits."

Und nun noch meine persönliche Meinung: Sein Sie froh, dass es die Möglichkeit gibt innerhalb von 6 Jahren durch Tilgung eines Bruchteils seiner Verbindlichkeiten Schuldenfrei zu werden. Ich persönlich halte den Motivationsbonus für überflüssig und sicherlich mit das Nebensächlichste innerhalb einer Insolvenz.
« Letzte Änderung: 08. Juni 2011, 08:41:38 von Fallera »
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Boooom

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Re: Ist der Motivationsbonus absurd?
« Antwort #2 am: 08. Juni 2011, 08:56:41 »

@Fallera: Können Sie das angeführte BGH-Urteil mal benennen, ich würde es gerne lesen.
Und vieleicht können Sie ja auch eine Aussage dazu machen, ob es denn bei einem normalen Gang des Verfahrens überhaupt realistisch ist, dass dieser Bonus ausgezahlt wird. Denn auch wenn ich Ihre persönliche Meinung dazu nachvollziehen kann, Fakt ist doch dass sich der Gesetzgeber nun mal zu einer solchen Regelung entschlossen hat. Aber dann darf es keine Augenwischerei sein.
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Fallera

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Re: Ist der Motivationsbonus absurd?
« Antwort #3 am: 08. Juni 2011, 09:03:47 »

BGH, Beschluss vom 18. 12. 2008 - IX ZB 249/ 07; LG Wiesbaden
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Achdujeh

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Re: Ist der Motivationsbonus absurd?
« Antwort #4 am: 08. Juni 2011, 09:06:41 »

Nach meinen Kenntnisen gehört der Motivationsbonus in die Zeit vor der letzten Änderung der Insolvenzgesetzgebung, in der Verfahren sehr viel länger als heute dauern konnten. Somit machte es damals Sinn, denen eine Motivation zu geben, die unter unsäglich langen Verfahren zu leiden hatten.

Heute macht der Bonus in der Tat nicht mehr so viel Sinn.

FG Achdujeh

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Boooom

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Re: Ist der Motivationsbonus absurd?
« Antwort #5 am: 08. Juni 2011, 09:15:00 »

Weitere Anmerkung @Fallera: Sie schreiben "Sein Sie froh, dass es die Möglichkeit gibt innerhalb von 6 Jahren durch Tilgung eines Bruchteils seiner Verbindlichkeiten Schuldenfrei zu werden."

Nun, es bestanden Forderungen gegen mich in Höhe von 39.973 EUR, hinzu kommen noch die Kosten des Verfahrens. Innerhalb der 6 Jahre werde ich nach derzeitigem Stand 26.115 EUR abgetragen haben.

Einer der Gläubiger unterbreitete mir noch kurz vor der Eröffnung des Verfahrens einen Vergeichsvorschlag, der deutlich unter dem lag, was er nun bekommt. Gescheitert ist ein Vergleich letztlich an der Haltung der Bundeskasse, als einer der Gläubiger. Pikant ist dabei dass zu diesem Zeitpunkt von mir bereits Berufung beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt wurde, weil ich die Berechtigung dieser Forderung bestreite. Der Treuhänder hat dann dieses Verfahren gegen meinen Willen gestoppt.
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axler

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Re: Ist der Motivationsbonus absurd?
« Antwort #6 am: 08. Juni 2011, 09:27:48 »

ist doch super wir halten den laden am laufen
gerichte und anwälte werden  bezahlt und mwst natürlich
und es gibt kein gefeilsche über die bezahlung wie es
ansonsten bei allem (selbstständigkeit)  gibt
ganz im ernst wäre doch beschämend wenn ein anwalt z.b. einen golf fahren müsste
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Fallera

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Re: Ist der Motivationsbonus absurd?
« Antwort #7 am: 08. Juni 2011, 09:34:52 »

ist doch super wir halten den laden am laufen
gerichte und anwälte werden  bezahlt und mwst natürlich
und es gibt kein gefeilsche über die bezahlung wie es
ansonsten bei allem (selbstständigkeit)  gibt
ganz im ernst wäre doch beschämend wenn ein anwalt z.b. einen golf fahren müsste
Verstehe ich nicht! Aber klar, Schuld haben immer die anderen!
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Boooom

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Re: Ist der Motivationsbonus absurd?
« Antwort #8 am: 08. Juni 2011, 10:40:19 »

@Achdujeh: Ihre Einschätzung kann ich nicht nachvollziehen, denn gerade durch die lange Dauer des Verfahrens kommt es ja nicht zur Auszahlung dieses Bonus. Wenn die Wohlverhaltensperiode gleich bei Eröffnung des Verfahrens beginnt und das Verfahren dann länger als zwei Jahre dauert, kann es ja nicht zu diesem Bonus kommen. Geht man davon aus dass diese gesetzliche Regelung nicht von vorne herein ohne Wirkung bleiben sollte, dann muss der Gesetzgeber einfach von wesentlich kürzeren Verfahren ausgegangen sein.

So entsteht nun aber eine Situation, in der dieser Bonus ehetr nach dem Zufallsprinzip gezahlt wird. Hat man Glück und das Verfahren geht zügig über die Bühne bekommt man ihn. Ist das Gericht überlastet
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Achdujeh

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Re: Ist der Motivationsbonus absurd?
« Antwort #9 am: 08. Juni 2011, 10:48:59 »

Es handelt sich nicht um eine Einschätzung, sondern um einen Hinweis. Die alte Motivationsregelung und das jetzige RSB-Verfahren passen gewissermaßen nicht mehr zu einander.

Vielleicht gibt es ja jemanden hier im Forum, der auch die alte Insolvenzordung so gut kennt, dass er/sie die Zusammenhänge erklären kann.

Dass es Unlogiken im Insolvenzrecht gibt ist sicher unbestritten. Das Thema Motivationsrabatt ist eines davon.

FG Achdujeh
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makro

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Re: Ist der Motivationsbonus absurd?
« Antwort #10 am: 08. Juni 2011, 12:27:39 »

ich habe folgendes gefunden:

Zitat
InsbürO 2004, 97 - 100 (Ausgabe 3)

Motivationsbonus auch in Verfahren nach altem Recht:


Diese Bestimmung gilt seit dem In-Kraft-Treten der Insolvenzordnung am 1.1.1999. Ein Motivationsbonus ist daher auch an den Schuldner auszuzahlen, wenn das Verfahren vor dem 1.12.2001 eröffnet wurde.

20 % im 7. Jahr |

Er beträgt dann im 7. Jahr sogar 20 % (§ 292InsOalte Fassung!).

Fristberechnung ab Aufhebung des Verfahren|

Obwohl durch das Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung, das am 1.12.2001 in Kraft getreten ist, die Laufzeit der Abtretungserklärung für das Restschuldbefreiungsverfahren bereits mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnt, ist für den "Motivationsbonus" weiterhin auf die Zeit ab Aufhebung/Einstellung des Insolvenzverfahrens abzustellen.
Dies führt dazu, dass in der Praxis angesichts der Laufzeit der Abtretungserklärung von insgesamt nur 6 Jahren ab Eröffnung wohl nur noch selten ein Bonus an den Schuldner abzuführen sein wird.

Ich denke diese Motivationsbonusgeschichte wurde 1999 "erfunden" und dann 2001 wurde nur das letzte Jahr mit den 20% weggenommen aber die Regelung allgemein nicht mehr überprüft und entsprechend geändert.

Hier der alte Gesetzestext --> http://www.recht-in.de/gesetz/rechtsstellung_des_treuhaenders_paragraph_292_inso_insolvenzordnung_gegenueberstellung_01-12-2001_38714.html
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Boooom

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Re: Ist der Motivationsbonus absurd?
« Antwort #11 am: 08. Juni 2011, 14:18:20 »

Dann lesen Sie doch mal, @Makro, was die wohl renomierte Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung verkündet:

http://www.meine-schulden.de/schuldenregulierung/verbraucherinsolvenz/extra/wohlverhaltensperiode

Wenn ich das richtig sehe, blicken noch nicht einmal die durch. Aber genau so ist es auch mir bei der Beratung einmal eröffnet worden.
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Achdujeh

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Re: Ist der Motivationsbonus absurd?
« Antwort #12 am: 08. Juni 2011, 15:10:37 »

So, ich habe auch noch mal ein bisschen gesucht: Der Motivationsrabatt ist ein Überbleibsel aus der 1. InsO (1999), als die WVP erst nach der Aufhebung begann.

Mit der heutigen Regelung, das die Abtretungsdauer grundsätzlich nur 6 Jahre beträgt, ist der Motivationsrabatt eigentlich nicht mehr nötig und stiftet regelmäßig Verwirrung.

FG Achdujeh



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Boooom

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Re: Ist der Motivationsbonus absurd?
« Antwort #13 am: 08. Juni 2011, 17:31:15 »

Da habe ich meine Zweifel, @Achduje!

Unsere Gesetze zeichnen sich nach meinem Dafürhalten durch zwei Gegebenheiten aus. Zum einen sind sie so präzise formuliert und treffen so eingehende Regelungen, dass man davon ausgehen kann dass sie auch den wirklichen Willen des Gesetzgebers wiedergeben. Verbindlich sind sie ja so wie sie da geschrieben stehen sowieso. Zum anderen sind sie auch Teil des politischen Gestaltungswillens, bewusst soll oftmals dem Bürger eine Rechtslage zur Beruhigung vorgegaukelt werden, die politisch gar nicht erwünscht ist. In unserem Strafgesetzbuch steht immer noch die lebenslange Freiheitsstrafe, obwohl es die de facto gar nicht mehr gibt.

Also mag ich nicht davon ausgehen, dass die Regelung zum Motivationsbonus nur quasi aus Versehen auch heute noch so in der InsO stehen, wie sie da stehen. Für mich spricht alles dafür dass man diese Regelung bei der Reform 2001 so beließ, um ganz bewusst ein falsches Bild zu erzeugen. Es ist ja nie angenehm zu verkünden, dass nun ein Vorteil gestrichen ist.

Im übrigen, nur zur Ergänzung, plant unsere Bundesjustizministerin zur Zeit sogar eine Verkürzung der Wohlverhaltensphase auf drei Jahre wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.
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Boooom

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Re: Ist der Motivationsbonus absurd?
« Antwort #14 am: 08. Juni 2011, 17:48:57 »

Ich habe soeben eine Petition beim Bundestag eingereicht, mit der ich erreichen will dass die Regelung zum Motivationsbonus entweder ganz aus der InsO entfernt wird oder der Zeitraum an die Regelung zur Wohlverhaltensphase angepasst wird.

Ich begründe das damit dass es nicht dem Zufall in Gestalt einer nicht vorhersehbaren Verfahrensdauer überlassen bleiben darf, ob ein Betroffener  eine im Gesetz vorgesehne Vergünstigung auch tatsächlich erhält oder nicht. Auch damit dass es nicht sein darf, dass nach der Regelung in der InsO diese Vergünstigung in keinem nur denkbaren Fall im vollen vorgesehenen Umfang ausgezahlt werden kann.

Ich bin mir auch sicher, dass die derzeitige Regelung vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Bestand haben würde. Aber leider hat ja der Insolvente, im Gegensatz zum Beispiel zum inhaftierten Straftäter, keine Möglichkeit seine Rechte in Karlsruhe geltend zu machen.

Auch wenn ich kaum damit rechne durch meine Petition etwas zu erreichen, will ich die Politik aber auch nicht im schönen Gefühl lassen, es sei doch alles perfekt und man müsse sich keine Sorgen machen.
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