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Schulden und Insolvenz Hilfe Forum

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Autor Thema: Platzt nun die Insolvenz???  (Gelesen 9676 mal)

Insokalle

Re: Platzt nun die Insolvenz???
« Antwort #20 am: 12. Februar 2011, 10:21:22 »

Das sollte man wirklich nicht tun. Solange noch nicht aufgehoben ist, ist mögl. § 100 InsO noch eine Option bzw. ein Antrag auf Einberufung einer Gläubigerversammlung.

Zurück zur Frage. Die Frage der Berechnung des pfändbaren Einkommens ist doch mit InsO genauso wie ohne InsO, §§ 292, 36 InsO. Da gibt es auch keine Missverständnisse. § 287 InsO regelt dazu die Abtretung an den TH. Und dass eine Abfindung zum Lohneinkommen gehört und damit der Abtretung unterliegt, steht außer Frage. Da sie als Einmalzahlung nicht unter 850c fällt, gelten logischerweise auch dessen Pfändungsgrenzen nicht.
Da müsste schon die ZPO geändert werden. Deswegen leider: Wer sich nicht rechtzeitg Gedanken macht oder sich beraten lässt, steht daher praktisch schon auf der Seife.
« Letzte Änderung: 12. Februar 2011, 10:25:19 von Insokalle »
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bertino

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Re: Platzt nun die Insolvenz???
« Antwort #21 am: 12. Februar 2011, 14:28:16 »

Die letzten Beiträge von tomwr und Feuerwald mögen für sich zutreffend sein. Sie können jedoch nicht eins zu eins auf andere Fälle übertragen werden, welche in abweichendem Kontext stehen.

Während der von Feuerwald erwähnten Fall, zwar nicht mit WVP aber zumindest mit InsO zu tun hat,  liegt der von tomwr genannte Fall - soweit aus der knappen Originaltext zu entnehmen ist, nur im Kontext der ZPOs Zwangsvollstreckung und nicht etwa in dem der InsO.

§ 4 InsO (http://dejure.org/gesetze/InsO/4.html):
Zitat
Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend.

Tatsache ist aber, dass dieses Gesetz (InsO) doch etwas anderes bestimmt hat:

Insolvenzordnung, 8. Teil - Restschuldbefreiung (§§ 286 - 303):

§ 287 InsO (http://dejure.org/gesetze/InsO/287.html):
Zitat
(2) Dem Antrag ist die Erklärung beizufügen, daß der Schuldner seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge für die Zeit von sechs Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt. Hatte der Schuldner diese Forderungen bereits vorher an einen Dritten abgetreten oder verpfändet, so ist in der Erklärung darauf hinzuweisen.

Da während der WVP abweichend von der ZPOs Zwangsvollstreckung die Pfändung ausschließlich durch Abtretung an TH zu erfolgen hat, und weil die Abtretung nur Forderungen erfasst, die erst nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens und dem damit verbundenen Ende des Insolvenzbeschlages entstehen, sind die beiden genannten Fälle hier nicht Ausschlag gebend.

Die von Insokalle aufgeworfene Schwierigkeit kann ich zwar sehr gut nachvollziehen. BGH argumentiert in seinem gerade die Pfändbarkeit der Abfindung betreffenden Urteil jedoch wie folgt:

BGH, Urteil vom 11. 5. 2010 - IX ZR 139/ 09; http://lexetius.com/2010,1303:
Zitat
Die Anwendungsbereiche der genannten Vorschriften der Insolvenzordnung (§ 81 Abs. 2 Satz 1, § 89 Abs. 2 Satz 1, § 114 Abs. 1, § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO) und der Zivilprozessordnung (§§ 850 ff ZPO) sind nicht vollständig deckungsgleich.

So stellen Ansprüche eines Kassenarztes gegen die kassenärztliche Vereinigung "Arbeitseinkommen" im Sinne von § 850 Abs. 2 ZPO dar (BGHZ 96, 324, 326), nicht jedoch "Bezüge aus einem Dienstverhältnis" im Sinne von § 114 Abs. 1 InsO (BGHZ 167, 363, 369 ff). § 850 ZPO sichert dem Schuldner einen der Pfändung entzogenen Anteil an Vergütungen für Dienstleistungen, die seine Existenzgrundlage bilden, weil sie seine Erwerbstätigkeit ganz oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nehmen; § 114 Abs. 1 InsO, der von vornherein nur pfändbares Einkommen betrifft, regelt, ob und in welchem Umfang Vergütungsansprüche des Schuldners dem Abtretungsempfänger oder aber der Gesamtheit der Gläubiger zugute kommen.

Anderseits gilt - wie bereits mehrfach in diesem Forum genannt - folgendes:

BAG, Urteil vom 21. 11. 2000 - 9 AZR 692/ 99; http://lexetius.com/2000,4431:
Zitat
Nach § 400 BGB kann eine Forderung nur abgetreten werden, soweit sie der Pfändung unterworfen ist. In Geld zahlbares Arbeitseinkommen kann nur gepfändet werden, wenn die für den Lebensunterhalt des Arbeitnehmers gesetzlich bestimmten Pfändungsgrenzen überschritten werden. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist nichtig (§ 134 BGB).
« Letzte Änderung: 12. Februar 2011, 16:17:22 von bertino »
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tomwr

Re: Platzt nun die Insolvenz???
« Antwort #22 am: 12. Februar 2011, 17:27:13 »

Während der von Feuerwald erwähnten Fall, zwar nicht mit WVP aber zumindest mit InsO zu tun hat,  liegt der von tomwr genannte Fall - soweit aus der knappen Originaltext zu entnehmen ist, nur im Kontext der ZPOs Zwangsvollstreckung und nicht etwa in dem der InsO.

Da während der WVP abweichend von der ZPOs Zwangsvollstreckung die Pfändung ausschließlich durch Abtretung an TH zu erfolgen hat, und weil die Abtretung nur Forderungen erfasst, die erst nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens und dem damit verbundenen Ende des Insolvenzbeschlages entstehen, sind die beiden genannten Fälle hier nicht Ausschlag gebend.

Die Wirkungen einer Lohnabtretung und einer Lohnpfändung sind zwar nicht wirklich identisch führen aber zu gleichen Abführungsbeträgen. Es ist daher müßig darüber zu diskutieren ob hier die Abtretung durch den TH oder die Lohnpfändung durch den IV geltend gemacht werden.

Du solltest Dich mal mit §35 und §36 InsO befassen. Es ist richtig, dass die Lohnabtretung im Grunde erst mit Eintritt der WVP gilt (Aufhebung des Insolvenzverfahrens) aber vorher darf und muss der IV sozusagen Lohnpfändung gegen den Schuldner betreiben sofern keine Vereinbarung über eine freiwillige Abführung der pfändbaren Anteile durch den Schuldner getroffen wird. Was sicherlich eher die Ausnahme sein dürfte und aus Sicht des IV ein wenig riskant ist. Und eine Abfindung ist pfändbar und zwar nach den Regeln der §850ff der ZPO im Sinne des §36 Abs.1 InsO.

Zitat
§ 35 Begriff der Insolvenzmasse
(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).

Zitat
§ 36 Unpfändbare Gegenstände
(1) Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850l, 851c und 851d der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

Zitat
§ 292 Rechtsstellung des Treuhänders
(1) Der Treuhänder hat den zur Zahlung der Bezüge Verpflichteten über die Abtretung zu unterrichten. Er hat die Beträge, die er durch die Abtretung erlangt, und sonstige Leistungen des Schuldners oder Dritter von seinem Vermögen getrennt zu halten und einmal jährlich auf Grund des Schlußverzeichnisses an die Insolvenzgläubiger zu verteilen, sofern die nach § 4a gestundeten Verfahrenskosten abzüglich der Kosten für die Beiordnung eines Rechtsanwalts berichtigt sind. § 36 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 gilt entsprechend. Von den Beträgen, die er durch die Abtretung erlangt, und den sonstigen Leistungen hat er an den Schuldner nach Ablauf von vier Jahren seit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens zehn vom Hundert und nach Ablauf von fünf Jahren seit der Aufhebung fünfzehn vom Hundert abzuführen. Sind die nach § 4a gestundeten Verfahrenskosten noch nicht berichtigt, werden Gelder an den Schuldner nur abgeführt, sofern sein Einkommen nicht den sich nach § 115 Abs. 1 der Zivilprozessordnung errechnenden Betrag übersteigt.

Hinweis: Es wurden nur die relevanten Teile der jeweiligen §§ zitiert.
« Letzte Änderung: 12. Februar 2011, 17:30:31 von tomwr »
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bertino

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Re: Platzt nun die Insolvenz???
« Antwort #23 am: 12. Februar 2011, 18:29:12 »

Guten Abend tomwr,

herzlichen Dank für die angegebenen Zitate. Diese waren mir aber bekannt gewesen.

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, möchten Sie durch Ihren letzten Beitrag verdeutlichen, dass InsO von ZV nicht unabhängig ist. Allein die Tatsache, dass ich selbst § 4 InsO als Grundlage meiner Erläuterungen verwendete, sollte es bereits deutlich gemacht haben,  dass ich ebenfalls derselben Meinung bin.

Es ist allerdings so, dass jede Verbindung zwei Richtungen hat. Während Sie nun die eine Richtung von InsO zu ZV (also von Speziellem zu Allgemeinem) meinen, meinte ich vorhin die andere Richtung. Außerdem habe ich meine Äußerung an den knappen Originaltext orientiert.

Gemeint war übrigens nicht eine völlige Berührungslosigkeit der beiden Gebiete. Viel mehr versuchte ich gerade aufgrund der engen Verbindung dieser Gebiete durch Hervorhebung des § 4 InsO auf die Grenzen zwischen denen hinzuweisen. Der Unterschied zwischen beiden Kontexten ist ferner aus dem o. g. Urteil des BGH sehr deutlich zu erkennen.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

MfG

bertino
« Letzte Änderung: 13. Februar 2011, 08:13:17 von bertino »
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tomwr

Re: Platzt nun die Insolvenz???
« Antwort #24 am: 12. Februar 2011, 18:58:05 »

Die letzten Beiträge von tomwr und Feuerwald mögen für sich zutreffend sein. Sie können jedoch nicht eins zu eins auf andere Fälle übertragen werden, welche in abweichendem Kontext stehen.

Das würde ich mal eher auf Deine eigenen Zitate (i.d.S. Kontexte) anwenden.  :whistle:

Zu Deinen Anmerkungen zu §400 BGB.

Der Paragraph bezieht sich auf ARBEITSEINKOMMEN. Was unter Arbeitseinkommen zu verstehen ist, wird in §850 ZPO näher definiert. Arbeitseinkommen ist ein regelmäßig (in aller Regel monatlich) gezahltes Einkommen. Eine Abfindung zählt zu sonstigen Einkünften genauso wie die Einkünfte Selbständiger, die auch in vollem Umfang der Pfändung unterliegen sofern nicht ein Antrag auf Pfändungsschutz nach §850i gestellt wird.
« Letzte Änderung: 12. Februar 2011, 19:04:36 von tomwr »
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bertino

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Re: Platzt nun die Insolvenz???
« Antwort #25 am: 12. Februar 2011, 19:23:40 »

Guten Abend tomwr,

Den Link hatte ich bereits oben angegeben.

BGH, Urteil vom 11. 5. 2010 - IX ZR 139/ 09; http://lexetius.com/2010,1303

Zitat
Abfindungen nach §§ 9, 10 KSchG gehören zum "Arbeitseinkommen" im Sinne von § 850 ZPO. Das folgt insbesondere aus der Vorschrift des § 850 i ZPO, die den Pfändungsschutz für nicht wiederkehrend zahlbare Vergütung für persönlich geleistete Arbeiten und Dienste regelt, und wird - soweit ersichtlich - nirgends in Zweifel gezogen (vgl. etwa Thomas/ Putzo/ Hüßtege, ZPO 29. Aufl. § 850 Rn. 6a; Prütting/ Gehrlein/ Ahrens, ZPO § 850 Rn. 20, § 850 i Rn. 4 ff, 8).

Zitat
Das würde ich mal eher auf Deine eigenen Zitate (i.d.S. Kontexte) anwenden.

Könnte Sie sich bitte etwas deutlicher Ausdrücken?

MfG

bertino
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Feuerwald

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Re: Platzt nun die Insolvenz???
« Antwort #26 am: 12. Februar 2011, 19:29:36 »

Die Abfindung wird  als Teil des Arbeitseinkommens von der Abtretung des TH erfasst und ist im Monat der Auszahlung voll pfändbar. Das lässt sich nicht wegdiskutieren. Es gibt keinen automatischen Pfändungsschutz für Teile einer Abfindung. Es ist mir in den nun über 10 Jahren kein einziger Fall bekannt, in dem einem Schuldner ohne 850i ZPO Antrag ein Teil der Abfindung durch den TH  belassen wurde. Das ist auch deshalb nicht möglich, weil der TH darüber nicht befinden kann und darf.

850i ZPO setzt immer einen Antrag des Schuldners voraus und bedarf der Entscheidung durch das Gericht.

http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/kleve/ag_kleve/j2006/31_IK_18_00beschluss20060118.html

http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=6127

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- <a href="https://www.sido.org">Schuldnerberatung für Selbständige - Bundesverband Selbständige – sido! e.V.</a>

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bertino

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Re: Platzt nun die Insolvenz???
« Antwort #27 am: 12. Februar 2011, 20:24:51 »

Automatischer Pfändungsschutz für Teile einer Abfindung ?

Dies wurde auch nicht behauptet.

Aber wenn wir nun von Ihrer sehr hilfreichen Aussage ausgehen, dass Abfindung als Teil des Arbeitseinkommens von der Abtretung des TH erfasst wird, sollte es nur noch geklärt werden, ob es rechtens ist, von einem arbeitslosen Sch mit zweifacher Unterhaltspflicht, der weder von AA noch SA  Unterstützung geleistet bekam, das Arbeitseinkommen über die Pfändungsgrenze hinaus zu pfänden, obwohl er "mehrmals" den TH über seine schwierige Situation informiert hatte.

Meine Meinung ist doch Ihnen bekannt.
« Letzte Änderung: 13. Februar 2011, 11:36:25 von bertino »
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bertino

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Re: Platzt nun die Insolvenz???
« Antwort #28 am: 13. Februar 2011, 11:12:35 »

Ich habe die Beiträge zu diesem Thread mehrmals durchgelesen. Das Problem ist offenbar die Notwendigkeit der Formwahrung.

Aber wenn wir nicht die Abfindung einerseits und das restliche Arbeitseinkommen andererseits voneinander getrennt betrachten, verschwindet dieses Problem von alleine. Denn dann wird das Ansinnen des Sch nämlich nicht der Wunsch sein, einen Teil der Abfindung zu behalten, sondern den unpfändbaren Teil seines Einkommens insgesamt, was bereits durch geltendes Recht geschützt ist.

MfG

bertino
« Letzte Änderung: 13. Februar 2011, 11:38:36 von bertino »
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tomwr

Re: Platzt nun die Insolvenz???
« Antwort #29 am: 14. Februar 2011, 11:12:58 »

Aber wenn wir nun von Ihrer sehr hilfreichen Aussage ausgehen, dass Abfindung als Teil des Arbeitseinkommens von der Abtretung des TH erfasst wird, sollte es nur noch geklärt werden, ob es rechtens ist, von einem arbeitslosen Sch mit zweifacher Unterhaltspflicht, der weder von AA noch SA  Unterstützung geleistet bekam, das Arbeitseinkommen über die Pfändungsgrenze hinaus zu pfänden, obwohl er "mehrmals" den TH über seine schwierige Situation informiert hatte.

Natürlich ist es rechtens. Der Schuldner hat ein Recht darauf einen Antrag nach §850i ZPO zu stellen. Aber das muss der Schuldner schon selbst tun. Der TH hat wohl kaum die Pflicht die Rechte des Schuldners wahrzunehmen, genauso wenig wie er die Rechte einzelner Gläubiger wahrzunehmen hat. Auch hat der Schuldner das Recht einen Antrag auf ALG II zu stellen. Das ist aber ebenso nicht rückwirkend möglich. Versäumt der Schuldner seine Rechte wahrzunehmen dann muss er auch die Konsequenzen tragen.

Völlig unabhängig ob man die Abfindung jetzt als Arbeitseinkommen oder sonstige Einkünfte benennt nimmt §850 Abs.1 ZPO ausdrücklich auch auf §850i ZPO Bezug. Das bedeutet, dass eben auch für Arbeitseinkommen die Anwendung des §850i ZPO in Betracht zu ziehen ist, nämlich dann wenn es nicht als wiederkehrende Bezüge gezahlt wird. Das gilt neben Abfindung auch für Urlaubsabgeltung am Ende des Beschäftigungsverhältnisses.

Hier ein Urteil des LAG Niedersachen:
http://www.ra-kotz.de/aufrechnung2.htm

Zitat
Die Kündigungsschutzabfindung nach §§ 9, 10 KSchG gehöre zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis, weil sie gerade wegen seiner Beendigung vom Arbeitgeber gezahlt werde. Es sei deshalb unerheblich, dass sie kein unmittelbares Arbeitsentgelt, keinen Ersatz für ein Arbeitsentgelt oder auch keinen sonstigen Schadensersatz darstelle. Entscheidend sei vielmehr, dass sie, wie sonstige Geldleistungen des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis, der Sicherung des Lebensunterhalts des Arbeitnehmers und seiner Familie diene. Dieses rechtfertige es, die Abfindung den Pfändungsvorschriften der §§ 850 ff. ZPO zu unterwerfen.

Ggf. komme ein Pfändungsschutz gemäß § 850 i ZPO in Betracht, indem auch ausdrücklich von nicht wiederkehrend zahlbaren Vergütungen für persönlich geleistete Arbeiten die Rede ist (so Urteil des BAG vom 13.11.1991, Az. 4 AZR 39/91, in RZK I 11 c Nr. 8, vgl. auch BAG, Urteil vom 12.09.1979, Az. 4 AZR 420/77, in AP Nr. 10 zu § 850 ZPO).

Dieser Rechtsprechung schließt sich die Kammer in vollem Umfange an. Nichtentscheidend ist demgemäß, dass die Abfindung dazu dienen soll, die sich an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses anschließende Zeit einer möglichen Arbeitslosigkeit zu überbrücken, entscheidend ist vielmehr, dass die Grundlage der Zahlung der Abfindung letztlich im Arbeitsverhältnis liegt. Auf Grund der Zahlung der Abfindung ist der Lebensunterhalt des Klägers gerade bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch bei der entsprechenden Aufrechnung nicht gefährdet. Den Sicherungsvorschriften des § 850 ff. ZPO ist deshalb genüge getan.
« Letzte Änderung: 14. Februar 2011, 11:15:35 von tomwr »
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Ohneworte

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Re: Platzt nun die Insolvenz???
« Antwort #30 am: 14. Februar 2011, 18:25:27 »

Guten Abend,

ich bin total überwältigt von den ganzen Antworten.
Was ich erst heute erfahren habe ist, dass mein Bruder, als Er damals die Abfindung an den TH abgeführt hat einen Antrag nach §850i ZPO beim Insolvenzgericht gestellt hat. Dieses setzte sich damals mit dem TH in Verbindung der dazu Stellung nehmen sollte und dem Gericht geraten habe, den Antrag abzulehnen. Ablehnungsgrund von Seitens des TH war: Es lohne sich nicht, den Antrag zu bewilligen, weil Er nicht glaube, dass mein Bruder Kosten für eine Umschulung bekommen solle.!

Ich hole hier nochmal etwas aus. Also Stand damals: Mein Bruder hatte nach dem ganzen Scheidungskrieg und der Schuldenlast auch noch arg mit Mobbing seitens seines Chefs zu kämpfen. Es wurde Ihm dann, nachdem Er sich an den Betriebsrat gewendet hat, nahe gelegt eine Abfindung anzunehmen und zu gehen! Mein Bruder hat sich umgehend Arbeitslos gemeldet und Beantragung auf eine Umschulung gestellt.

Umgeschult wurde auf Flugbegleiter. Das Arbeitsamt hat die Kostenübernahme abgelehnt, weil mein Bruder zu diesem Zeitpunkt bereits 35 Jahre alt war. Also hat Er sich aus eigener Kraft aufgemacht und sich bei der Fluggesellschaft (für die Er heute tätig ist), selbst beworben. Die Kosten wurden zu 60% von der Fluggesellschaft getragen, den Rest brachte wir als Familie auf.

Mit 35 zu alt...aber man sieht es geht doch, oder?  :respekt:

Aber der TH wollte auch hiervon nichts hören und wissen. Das ist doch traurig, dass man so allein gelassen wird. Ich meine klar, mein Bruder hätte sich schlau machen können was geht und was nicht, aber nach der Odysee kann ich ihn irgendwie gut verstehen das Er resignierte. 

Ich persönlich habe hier in den letzten paar Tagen viel gelernt und ich denke auch mein Bruder hat, nachdem Er das hier alles gelesen hat, viel mitgenommen und dafür möchte ich echt Danke an Sie alle sagen. :thumbup:

Es hat mir wieder einmal mehr gezeigt, dass man sich seinem Schicksal nicht so einfach hingeben soll, sondern auch ruhig mal Veto einlegen darf. Ich denke, es ist in vielen Situationen sehr schwer etwas zu sagen bzw. man fühlt sich wie gelähmt, wenn man in so einer Situation steckt.  :Oh_no:
Vielleicht gibt es die Einen, Denen es egal ist, dass Sie Schulden aufgebaut haben und jetzt in Insolvenz sind. Dann die Anderen, Denen es sehr unangenehm ist die Gläubiger nicht mehr bedienen zu können, weil man nicht mehr Liquide ist. Zu Denen zähle ich meine Eltern und meinen Bruder. Egal wie...es ist nichts, auf was man Stolz sein könnte.

Gut, dass es Foren wie Dieses gibt, wo man Hilfe bekommt und nicht ausgelacht wird. Vielen Dank sagt Ohneworte
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bertino

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Re: Platzt nun die Insolvenz???
« Antwort #31 am: 14. Februar 2011, 21:50:58 »

Guten Abend Ohneworte,

herzlichen Dank für Ihre anerkennende Worte an das Forum.

Aber so genau habe ich die Zusammenhänge nicht verstanden. In welcher Situation befindet sich nun die Problematik?

Wurde der Antrag vom Gericht endgültig abgelehnt? Der von Ihnen genannte Grund durfte m. E. für die Ablehnung nicht ganz ausreichen. Denn lt. § 850i ZPO ist der Antrag insoweit abzulehnen, als  überwiegende Belange des Gläubigers entgegenstehen. Hätte der Gläubiger selbst finanzielle Schwierigkeiten, dann käme eine Ablehnung in Frage. Aber wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist der Gläubiger eine Bank. Ich bin wirklich gespannt, wie die anderen Forumsmitglieder hierzu Stellung nehmen.

Aber einige Fragen hätte ich noch.

Wenn der Antrag abgelehnt wurde, hat Ihr Bruder dann sofortige Beschwerde eingelegt?
  Wenn ja, wie ist es gelaufen?
  Wenn nein, möchte Ihr Bruder nun etwas dagegen unternehmen?
Ihr Bruder wollte ja einen RA konsultieren. Was hat der RA zu der ganzen Problematik gesagt?

MfG

bertino
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Ohneworte

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Re: Platzt nun die Insolvenz???
« Antwort #32 am: 15. Februar 2011, 15:26:40 »

Hallo Bertino,

Nein mein Bruder hat den Termin beim RA am Ende dieser Woche. Mein Bruder hat damals keine Beschwerde eingelegt, weil Er nicht wußte, dass Er dies hätte tun können. Als die Ablehnung des Gerichts kam, hat mein Bruder dies so angenommen! Die Gläubiger sind die Banken, die damals die Hausfinanzierung durchgeführt haben.

Mein Bruder hatte also soweit nirgendwo weitere Schulden aufgebaut und hatt dies auch nicht vor. Bei der Beantragung auf einen Teil der Abfindung ging es als aller erstes darum, die besagten 3 Monate Arbeitlosigkeit zu überbrücken, da bei einer Abfindung die Arge die ersten 3 Monate kein Arbeitslosengeld bewilligt. Die Abfindung dient ja eigentlich dazu die Familie und natürlich sich selbst über die Runden zu bekommen. Die finanzielle Unterstützung bezüglich der Umschulung, haben wir dann als Familie getragen, weil der TH gegenüber dem Insolvenzgericht äußerte, dass Er der meinung ist, dass mein Bruder bezüglich einer Umschulung keine Unterstützung erhalten sollte. Dies war dann auch die Begründung vom Gericht und somit hat mein Bruder nichts weiter unternommen...wie auch, wenn man nicht weiß wie?

Gruß Ohneworte
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bertino

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Re: Platzt nun die Insolvenz???
« Antwort #33 am: 17. Februar 2011, 07:33:51 »

Guten Morgen Ohneworte,

es ist ja so manches schiefgelaufen. Ich möchte dennoch anregen, dass Ihr Bruder vom RA überprüfen lässt, ob Voraussetzungen des § 233 ZPO "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" vorliegen.

http://dejure.org/gesetze/ZPO/233.html

Ich wünsche Ihnen, Ihrem Bruder und Ihren Eltern viel Erfolg.

MfG

bertino
« Letzte Änderung: 17. Februar 2011, 07:38:34 von bertino »
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Insokalle

Re: Platzt nun die Insolvenz???
« Antwort #34 am: 17. Februar 2011, 17:52:39 »

Wiedereinsetzung wird aus verschiedenen Gründen nicht funktionieren, allein schon wegen § 234 ZPO.
Im Moment sehe ich nur die Möglichkeit, das Problem mit TH und Gericht irgendwie zu klären.
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bertino

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Re: Platzt nun die Insolvenz???
« Antwort #35 am: 17. Februar 2011, 20:19:05 »

Danke Insokalle für die aufmerksame Bemerkung. Generell haben Sie recht.

Allerdings sieht Rechtsprechung auch Ausnahmen von der Regel des § 234 ZPO vor, wie z. B. im Beschluss vom 05.07.2007 des BGH - V ZB 48/ 06 (http://lexetius.com/2007,2147). Selbst wenn dieser Fall nicht direkt auf unseren konkreten Fall übertragen werden kann, könnte es m. E. nicht schaden, die Sache von dem RA, der ohnehin konsultiert wird, auch überprüfen zu lassen. Ob es auch andere Entscheidungen dafür oder auch dagegen vorliegen habe ich jedoch bis jetzt nicht untersucht.

MfG

bertino
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Ohneworte

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Re: Platzt nun die Insolvenz???
« Antwort #36 am: 18. Februar 2011, 19:55:52 »

guten abend,

also meine bruder hatte gestern seinen Termin beim RA. dieser hat sich alles genau angehört. als erstes wird jetzt die akte angefordert und ein termin mit dem TH vereinbart.
ich werde auf jedenfall weiter berichten, sobald ich weiteres weiß.

Vielen Dank, dass sich soviele diesem Thema angenommen haben. Bis bald....Ohneworte
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Ohneworte

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Re: Platzt nun die Insolvenz???
« Antwort #37 am: 12. März 2011, 19:19:45 »

Guten Abend,

wie versprochen möchte ich berichten, wie es nun bei meinem Bruder weitergegangen ist.
Also, mein Bruder hatte sich ja an einen Fachanwalt gewendet. Dieser hat alles genau recherchiert und nen Termin beim Insolvenzverwalter, zusammen mit meinem Bruder, vereinbart.

Das Treffen ist sehr positiv verlaufen. Der Treuhänder war wohl sichtlich erstaunt, dass mein Bruder mit einem Anwalt anrückte. Es wurde folgendes festgestellt und neu vereinbart:

Der TH hat nicht richtig gehandelt und dies wohl auch zum Teil eingestanden. Man hat sich auf eine monatliche Rückzahlung in Höhe von 25,- Euro geeinigt, dieses wurde diesmal alles schriftlich festgehalten. :thumbup:
Der Anwalt hat klargestellt, dass ab jetzt Er künftig die schriftlichen Verkehrswege übernimmt und eventueller weiterer Schriftverkehr zuvor von Ihm geprüft wird.

Der TH musste dem zustimmen und hat dies auch getan. Ferner hat der TH einen völlig anderen Eindruck von meinem Bruder gewonnen. (Hätte Er ja schon eher haben können, hat sich ja nie auf nen Termin eingelassen). :hi:

Ferner wurde ermittelt, dass mein Bruder viel zuviel Unterhalt für die KInder zahlen muß, dies wurde dem Jugendamt umgehend mitgeteilt und der monatliche Betrag wurde dementsprechend angepasst. Ganz zum Leidwesen meiner Exschwägerin, die jetzt einmal weniger in den Beautysalon gehen kann und selber arbeiten muß  :juchu:

Mein Bruder hat nur ein paar Tage später, also nach dem Termin, ein Schreiben vom Insolvenzgericht erhalten, dass wenn Er zum jetzigen Zeitpunkt eine Summe von 13.000,- Euro zahlt, Er komplett aus der Insolvenz entlassen werden kann und Er somit Schuldenfrei wäre! Da fragt man sich ernsthaft, woher Er denn nun diesen Betrag nehmen soll  :gruebel:

Aber generell und überhaupt ist es schon echt wahnsinn, was ein Auftreten mit einem Anwalt anrichten kann. Der Anwalt hat meinem Bruder auch zugesagt und angeboten, Ihn bei weiteren Problemen, jederzeit zu helfen.  :cheesy:

Ich bin sehr froh über diese Entwicklung und hoffe, dass nun wirklich alles gut wird. Vielen Dank nochmal an ALLE hier für die vielen hilfreichen Worte und die Anteilnahme.

LG Ohneworte
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paps

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Re: Platzt nun die Insolvenz???
« Antwort #38 am: 12. März 2011, 20:45:12 »

Ich hoffe es wendet sich nun alle zum Guten.
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MfG Paps (der jetzt in BW lebt)

Paps arbeitet hauptberuflich für die Debeka-Versicherungen Bausparkasse
 (http://www.cosgan.de/images/more/schilder/041.gif)
 
 

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