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Schulden und Insolvenz Hilfe Forum

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Autor Thema: Sterbefall während der Wohlverhaltensphase  (Gelesen 6139 mal)

Archimedes

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Sterbefall während der Wohlverhaltensphase
« am: 08. Januar 2011, 12:55:30 »

Hallo,
 :wink:
ich bin neu hier und habe eine Mutter, die in der Wohlverhaltensphase ist. Das war ein ganz schöner Schock, als sie uns sieben Kindern vor vier Jahren mit der Insolvenz konfrontierte. Natürlich ist bis jetzt alles gut und ruhig verlaufen, dank meiner Mutter, aber trotzdem kommen immer wieder Fragen auf, denn ich mache mir schon Sorgen um meine Mum.

Sie ist jetzt fünfundsechzig und so langsam mache ich mir den Kopf, was wohl sein würde, wenn sie plötzlich stirbt. Nun meine Frage an Euch: Sie ist jetzt in der Wohlverhaltensphase. Was passiert mit Ihren Sachen? Und Ihrem Leichnam? Wer kümmert sich denn dann um alles? Man hat uns geraten, das Erbe (ihr Hab und Gut, es sind keine Geldbeträge vorhanden) auszuschlagen, das heißt doch dann auch, man darf nichts aus der Wohnung nehmen. Keine Bilder, keine Erinnerungsstücke usw. Können die Gläubiger auf die Kinder zurück greifen?
Kann ich als Tochter darauf bestehen, die Mutter beerdigen zu dürfen?
Bitte helft mir, denn ich habe echt keine Ahnung was dann wird.

Gruß Archimedes
« Letzte Änderung: 08. Januar 2011, 14:18:24 von Archimedes »
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bertino

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Re: Sterbefall während der Wohlverhaltensphase
« Antwort #1 am: 08. Januar 2011, 15:26:35 »

Guten Tag archimedes,

von den bedauernswerten Umständen, die Sie geschildert haben, fühle ich mich sehr betroffen. Ich hoffe, dass der Lauf der Dinge Ihnen, Ihrer Mutter und der Rest der Familie Angenehmeres bescheren wird.

Nun zu Ihrer Frage:

Sollte der Schuldner während der WVP sterben, dann beendet der Restschuldbefreiungsverfahren, und der Schuldner wird von seinen Schulden nicht befreit. Den Hinterbliebenen als Erben steht aber der Weg eines sog. Nachlassinsolvenzverfahrens offen.

MfG
bertino
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Archimedes

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Re: Sterbefall während der Wohlverhaltensphase
« Antwort #2 am: 08. Januar 2011, 17:41:28 »

Vielen Dank für die prompte Antwort,

also wäre es sinnvoll, sollte der Fall auftreten, das Erbe auszuschlagen. Nur heißt das doch dann auch, das mit dem Tod meiner Mutter die Wohnung von ihr für uns  Kinder absolut tabu ist und wir nichts mehr rausnehmen können, wie zb Bilder usw.

Was passiert denn mit dem Leichnam? Hat dann der Staat einfach das Recht, ihn mir zu enthalten und ich kann nicht für eine angemessene Beerdigung und somit Verabschiedung sorgen? Das wäre ja furchtbar schlimm für mich.

Was beinhaltet dieses Nachlassinsolvenzverfahren? Die gleiche Prozedur wie bei der Privatinsolvenz? Was passiert denn mit dem Geld, was meine Mutter monatlich abtreten musste? Ist das dann einfach weg und die Schuldenmasse wieder voll da?

Herzlichst Archimedes
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Der_Alte

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Re: Sterbefall während der Wohlverhaltensphase
« Antwort #3 am: 08. Januar 2011, 18:59:31 »

Hallo Archimedes,

die Bestattung hat nichts mit dem Verfahren zu tun. Egal in welcher Situation man steht, bleibt den nahen Angehörigen die Pflicht, für die Bestattung des Leichnams zu sorgen. Das ist völlig unabhängig davon,ob ein Erbe vorhanden ist oder nur Schulden. Die Schulden musst Du nicht erben, da reicht eine entsprechende Erklaärung bei Gericht. Für die Bestattung bleibt ihr dennoch zuständig. Nur wenn bei allen Angehörigen ebenfalls Mittellosigkeit herrscht, kann die Gemeinde die Bestattung übernehmen.

Wir haben das bei unserem Vater so gemacht. Nach Rücksprache mit dem Vermieter haben wir sogar die Wohnung geräumt um die Kosten zu minimieren. Ich denke, ihr könnte mit dem Treuhänder auch reden, dass ihr die Wohnung räumt; Wertgegenstände werde dort nicht zu erwarten sein. So bleibt euch eine würdige Bestattung und auch Erinnerungstücke.

Ich wünsche Euch dennoch, dass Eure Mutter noch viele Jahre lebt und Ihr erst spät Euch mit diesem Thema beschäftigen müsst.
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Archimedes

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Re: Sterbefall während der Wohlverhaltensphase
« Antwort #4 am: 08. Januar 2011, 19:24:45 »

Vielen herzlichen Dank,

Du hast mir sehr geholfen. Mir fällt ein Stein von Herzen. Ich hatte wirklich massive Angst davor, falls der Fall eintritt, ich meine geliebte Mum nicht richtig beerdigen kann und darf.
Auch meine Mutter ist jetzt heilfroh, beim  Lesen Deiner Antwort hatte sie Tränen in den Augen. Ich denke, es ist eine unmense Belastung für sie, vor allem plagt sie ihr Schuldgefühl uns Kindern gegenüber.
Ich für meinen Teil kann nur sagen, dass mir ihre Situation unendlich leid tut, konnte ihr aber nicht helfen. Also helfe ich jetzt in kleinen Dingen so gut ich kann.
Nochmals herzlichen Dank, der Tag und die nächsten sind gerettet!!!! :cheesy:
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paps

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Re: Sterbefall während der Wohlverhaltensphase
« Antwort #5 am: 08. Januar 2011, 20:37:39 »

Ich finde es legitim und richtig, dass auch über solche "Tabuthemen" angefragt und geantwortet wird.

Meist ist es doch so, dass die wenigsten Erben wissen, was auf sie zukommt, wenn der Erblasser in der Insolvenz ist.

Grundsätzlich muß auch hier zwischen den beiden Phasen unterschieden werden.

Da Ihre Mutter aber bereits in der Wohlverhaltenszeit ist, gibt es natürlich auch noch weitere Ansatzpunkte, die man bedenken kann.

- Wie viel Schulden sind denn neben den Gerichtskosten  noch offen   
  (angemeldete Forderungen)?
  Vielleicht könnte man die als Erbengemeinschaft, in Gedenken an die Mutter,
  übernehmen und gemeinsam abtragen.
  So besteht auch für keinen die Gefahr, den Termin für die Erbausschlagung zu
  verpassen.
- Sind die finanziellen Mittel auch bei den Erben gering, so sollte man von
  Seiten Ihrer Mutter mal über eine Sterbegeldabsicherung nachdenken.
  So könnte zumindest ein Teil der Bestattungskosten gedeckt werden.
  Nach Aufhebung des Verfahrens kann Vermögen angespart werden und solche
  Versicherungen wären im Falle einer möglichen Versagung pfändungssicher
  gestaltbar.
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MfG Paps (der jetzt in BW lebt)

Paps arbeitet hauptberuflich für die Debeka-Versicherungen Bausparkasse
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bertino

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Re: Sterbefall während der Wohlverhaltensphase
« Antwort #6 am: 08. Januar 2011, 20:54:40 »

Das Ausschlagen der Erbschaft muss ja im Einzellfall wohl überlegt werden.

Sollte der Erbe sich fürs Aussclagen entscheiden, sollte jedenfalls auf die gesamte Nachlasskette geachtet werden. Nicht dass der erst Erbe ausschlägt, aber der Nächste, welcher nun dran ist, mit dem unliebsamen Problem konfrontiert wird. Zu beachten sind also §§ 1942 ff BGB.


Nachlassinsolvenzverfahren?

Bei Nachlassinsolvenz geht es um ein spezielles Insolvenzverfahren, bei dem die Erben die Möglichkeit haben, von dem Nachlass ihr Eigenvermögen zu trennen, um es nicht der Pfändung zu unterwerfen.

Lt. einem Beschluss des BGH wird es einen unmittelbaren Übergang von Verbraucherinsolvenzverfahren in das Nachlassinsolvenzverfahren geben:

Zitat
BGH vom 21. 2. 2008 - IX ZB 62/ 05
Ein Verbraucher- oder Kleininsolvenzverfahren wird nach dem Tod des Schuldners ohne Unterbrechung als allgemeines Nachlassinsolvenzverfahren fortgesetzt.

Wo es übrigens etwas genauer heißt:

Zitat
Das Verbraucherinsolvenzverfahren wird - gleich ob es sich im Stadium der Schuldenbereinigung befindet oder bereits in das vereinfachte Verfahren übergegangen ist - mit dem Tod des Schuldners ebenso wie ein Regelinsolvenzverfahren ohne Zäsur in ein allgemeines Nachlassinsolvenzverfahren (§§ 315 ff InsO) umgewandelt.

Außerderm besteht die Möglichkeit, bestimmte Kosten erstattet zu bekommen:

Zitat
§ 323 InsO -- Aufwendungen des Erben
Dem Erben steht wegen der Aufwendungen, die ihm nach den §§ 1978, 1979 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aus dem Nachlaß zu ersetzen sind, ein Zurückbehaltungsrecht nicht zu.

MfG
bertino
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bertino

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Re: Sterbefall während der Wohlverhaltensphase
« Antwort #7 am: 08. Januar 2011, 21:04:37 »

Aber es gilt (und dies hatte ich leider vergessen):

Zitat
§ 324 InsO - Masseverbindlichkeiten

(1) Masseverbindlichkeiten sind außer den in den §§ 54, 55 bezeichneten Verbindlichkeiten:
   1.    die Aufwendungen, die dem Erben nach den §§ 1978, 1979 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aus dem Nachlaß zu ersetzen sind;
   2.    die Kosten der Beerdigung des Erblassers;
   3.    die im Falle der Todeserklärung des Erblassers dem Nachlaß zur Last fallenden Kosten des Verfahrens;
   4.    die Kosten der Eröffnung einer Verfügung des Erblassers von Todes wegen, der gerichtlichen Sicherung des Nachlasses, einer Nachlaßpflegschaft, des Aufgebots der Nachlaßgläubiger und der Inventarerrichtung;
   5.    die Verbindlichkeiten aus den von einem Nachlaßpfleger oder einem Testamentsvollstrecker vorgenommenen Rechtsgeschäften;
   6.    die Verbindlichkeiten, die für den Erben gegenüber einem Nachlaßpfleger, einem Testamentsvollstrecker oder einem Erben, der die Erbschaft ausgeschlagen hat, aus der Geschäftsführung dieser Personen entstanden sind, soweit die Nachlaßgläubiger verpflichtet wären, wenn die bezeichneten Personen die Geschäfte für sie zu besorgen gehabt hätten.

(2) Im Falle der Masseunzulänglichkeit haben die in Absatz 1 bezeichneten Verbindlichkeiten den Rang des § 209 Abs. 1 Nr. 3.
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