Schulden und Insolvenz Hilfe Forum

Schulden => Die Wohlverhaltensperiode => Thema gestartet von: FortunaMD am 18. September 2010, 11:23:08

Titel: Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase
Beitrag von: FortunaMD am 18. September 2010, 11:23:08
Hallo zusammen,

im Dez. 2009 wurde mein Insolvenzverfahren eröffnet. Abgeschlossen wurde es im Ausust 2010. Demnach befinde ich mich seither in der Wohlverhaltensphase. Mein IV hat am Schlusstermin beantragt, das meine Steuererstattungen aus dem gesamten Jahr 2010 der Insolvenzmasse zufließen. Dies wurde mit Beschluss des Gerichtes auch bestätigt.

Nun habe ich gelesen, dass Erstattungen aus Einkommsteuer in der Wohlverhaltensphase wohl mir gehören. Ist das richtig, und wenn ja, was kann ich jetzt noch tun. Von irgendwelchen Einsprüchen, die ich haben könnte, steht nichts im Gerichtsbeschluss. Ich muss noch dazu sagen, dass ich ein geregeltes Einkommen habe, von dem der IV monatlich nicht unerhebliche Anteile bekommt.

 :gruebel:

Danke für die Antworten
Titel: Re: Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase
Beitrag von: Feuerwald am 18. September 2010, 12:46:58
Ist das richtig

- ja, für die Zeit  n a c h  Aufhebung des Insolvenzverfahrens.

http://lexetius.com/2006,74


Titel: Re: Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase
Beitrag von: FortunaMD am 18. September 2010, 15:10:37
Und was kann ich nun tun? Muss ich gegen den Beschluss klagen? Es ist immerhin ein Beschluss vom Insolvenzgericht. Über Widerspruch oder ähnliches steht nichts bei.
Titel: Re: Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase
Beitrag von: paps am 18. September 2010, 16:07:37
Nun Fristen dürfte es ja demnach nicht geben.

Wenden Sie sich an den Gerichtspräsident (oder Richter selber) mit der Bitte um Prüfung des Beschlusses unter Hinweis auf den angeführten BGH Beschluß.
Demnach stehen Ihnen mögliche Steuererstattungen, die auf den Zeitraum 09-12/10 fallen, zu.
Titel: Re: Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase
Beitrag von: Insokalle am 18. September 2010, 17:42:13
Zu den Fristen s. §§ 204 und 6 InsO
(1) Der Beschluß, durch den der Antrag auf Nachtragsverteilung abgelehnt wird, ist dem Antragsteller zuzustellen. Gegen den Beschluß steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu.
(2) Der Beschluß, durch den eine Nachtragsverteilung angeordnet wird, ist dem Insolvenzverwalter, dem Schuldner und, wenn ein Gläubiger die Verteilung beantragt hatte, diesem Gläubiger zuzustellen. Gegen den Beschluß steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

Die Frist beträgt also 2 Wochen.
Titel: Re: Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase
Beitrag von: FortunaMD am 02. Oktober 2010, 14:26:10
Ich habe mittlerweile Beschwerde beim Insolvenzgericht eingereicht und auch schon eine Rückmeldung bekommen. Der Beschluss wurde darin wie folgt begründet:

"Der Anspruch auf Steuererstattung gehört zur Insolvenzmasse, wenn der die Erstattungsforderung begründete Sachverhalt vor oder während des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist (BGH, Beschluss vom 12.01.2006, IX ZB 239/04)."

Meine Beschwerde wird also nicht nicht entschieden. Ich wurde aufgefordert die Beschwerde zurückzuziehen, anderen Falls wird die Beschwerde dem Landgericht übergeben.

Wer hat nun hier Recht? Muss ich die Einkommensteuererstattung bekommen oder bekommt sie doch der Insolvenzverwalter?
Titel: Re: Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase
Beitrag von: Insokalle am 02. Oktober 2010, 15:05:26
Die Steuererstattung ist m.E. auf die Zeiträume vor und nach Aufhebung aufzuteilen. Dies kann man dem angegebenen Urteil entnehmen, als dort steht: "Der Insolvenzschuldner hat mit der Vorauszahlung eine Anwartschaft auf den am Ende des Veranlagungszeitraums entstehenden Erstattungsanspruch, so dass dieser in die Masse fällt, wenn vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder während dessen Dauer der ihn begründende Sachverhalt verwirklicht ist."

Im Umkehrschluss also entsteht ein Teil der Erstattung erst ab August (ich gehe von Lohnsteuerabzug aus), also nach Aufhebung. Dieser Teil dürfte keinesfalls zur Masse gehören. In dem Urteil ging es auch nur um den Teil vor Verfahrensaufhebung.
Titel: Re: Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase
Beitrag von: Maurice Garin am 03. Oktober 2010, 23:22:13
Im Umkehrschluss also entsteht ein Teil der Erstattung erst ab August

Der Erstattungsanspruch entsteht am 31.12.2010 um 24:00. Das ist der Witz an der Sache.

Soweit der Erstattungsanpruch auf die Zeit bis zur Aufhebung des Verfahrens entfällt (08/2010) gehört er aber unstreitig zur Masse, weil er innerhalb des lfd. Verfahrens begründet wurde.

Die Kardinalfrage ist aber, ob das Gericht im Jahr 2010 bereits eine Nachtragsverteilung bzgl. des noch gar nicht entstandenen Erstattungsanpruches anordnen kann. Also als Vorratsbeschluss. Man weiß ja noch gar nicht, ob es überhaupt einen Anspruch geben wird. Und das wird von Teilen der Finanzverwaltung abgelehnt.

Erstaunlich finde ich, dass das Gericht die NTV bereits per Beschluss angeordnet hat. Üblicherweise wird die NTV in diesen Fällen nur vorbehalten.
Titel: Re: Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase
Beitrag von: Insokalle am 04. Oktober 2010, 11:32:57
Ich hab mich vielleicht unklar ausgedrückt, s. Urteilszitat. Es geht genau genommen um die Anwartschaft, z.T. losgelöst von den steuerlichen Vorschriften.
"Die Frage, welchem Vermögen Steuererstattungsansprüche zuzuordnen sind, bestimmt sich für die Zwecke des Insolvenzverfahrens nicht nach Steuerrecht, sondern nach Insolvenzrecht. Maßgebend ist danach nicht der Zeitpunkt der Vollentstehung des Rechts, sondern der Zeitpunkt, in dem nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt worden ist (BFHE 128, 146, 147; 172, 308, 310; 179, 547, 551). Der Anspruch hängt in diesem Fall nur noch vom Zeitablauf ab (vgl. BGHZ 92, 339, 341)."

Aber das ist für die Finanzverwaltung wohl zu schwierig.
Titel: Re: Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase
Beitrag von: Maurice Garin am 04. Oktober 2010, 14:13:00
Aber das ist für die Finanzverwaltung wohl zu schwierig.
Eher nicht. Die Finanzverwaltung sieht das genauso. Zumindest diejenigen Finanzbeamten, die sich etwas näher mit der Problematik beschäftigen.

Das Problem hier ist ja nicht die Massezugehörigkeit des Erstattungsanspruches. Diese ist unzweifelhaft gegeben. Sondern, dass das Insolvenzverfahren vor der Entstehung des Anspruches aufgehoben wird. Eine Auszahlung zur Masse kann somit nur noch durch die Nachtragsverteilung erreicht werden. Und hier ist fraglich, ob dieser Beschluss vor dem 01.01.2011 0:00 Uhr ergehen kann. Die Finanzverwaltung meint wohl nein.