Schulden und Insolvenz Hilfe Forum

Schulden => Die Wohlverhaltensperiode => Thema gestartet von: Vollmilch am 25. Februar 2012, 06:48:07

Titel: Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase
Beitrag von: Vollmilch am 25. Februar 2012, 06:48:07
Hallo zusammen,
ich habe folgende Situation.

Ich bin seit ca. 4 Wochen in der Wohlverhaltensphase. Nun hat mir das Finanzamt die Steuer aus den Jahren 2007 und 2008 rückerstattet, dieser Zeitraum liegt vor meinem Insolvenzverfahren. Die Steuererklärung habe ich vor 2 Jahren über meinen TH gemacht. Soll/muss ich jetzt die Gutschrift vom FA meinem Treuhänder anzeigen?

... und noch was: Ich bin seit 2010 verheiratet. Meine Frau befindet sich in der Ausbildung und erhält ca. 700€ Ausbildungsvergütung. Wir leben zusammen in einer Wohnung gemeinsam mit den 2 Kindern meiner Frau. Erhöht sich damit mein nichtpfändbares Einkommen?

Vielen Dank schon mal für Eure Hilfe
V
Titel: Re: Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase
Beitrag von: horst69 am 25. Februar 2012, 11:17:36
Meiner Meinung nach musst du die Erstattung nicht anzeigen, da es vor Verfahrensbeginn entstanden ist.

Dein unpfändbares Einkommen erhöht sich um eine Person, um deine Frau !!!

Titel: Re: Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase
Beitrag von: Vollmilch am 26. Februar 2012, 06:35:17
Hallo Horst69,
danke erst mal für Deine Rückmeldung. Gibt es zu Deiner Meinung dass ich die Steuererstattung behalten kann auch eine nachlesbare Bestimmung?
Titel: Re: Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase
Beitrag von: paps am 26. Februar 2012, 22:40:06
Ich gehe mal nicht davon aus, dass der Th gepennt hat.

Er wird, wenn er die Erklärung schon selbst erstellt hat, auch den Nachtrag im Auge haben.

Steht etwas dazu im Aufhebungsbeschluss ?
Titel: Re: Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase
Beitrag von: Insoman am 27. Februar 2012, 12:13:15
Zitat
Meiner Meinung nach musst du die Erstattung nicht anzeigen, da es vor Verfahrensbeginn entstanden ist.
Sehe ich anders.
Die Steuererstattung wird nicht von der Abtretungserklärung erfasst und stellt somit einen Vermögenszufluss dar.
Insofern wirkt der Insolvenzbeschlag für Erstattungen vor Eröffnung..

In der WVP allerdings (vgl. paps') nur mit NTV zu holen..
_________

Fraglich ist lediglich, ob die Verteilung vorbehalten sein muss, oder ob sie auch nach Aufhebung noch grundsätzlich möglich ist..?
Bitte setzt euch auch mit
BGH, Beschluss vom 26. 1. 2012 - IX ZB 111/10 (RdZf.18-23)...
auseinander...
Titel: Re: Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase
Beitrag von: Vollmilch am 28. Februar 2012, 07:03:18
Danke @paps & Insoman,
da ich den Aufhebungsbescheid vom Amtsgericht noch nicht zugestellt bekommen habe, weiß ich nicht, was da drin steht. Soll ich die Steuerrückerstattung auf jeden Fall schon mal bei meinem TH anzeigen? Oder wecke ich damit nur schlafende Hunde?
Titel: Re: Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase
Beitrag von: Insoman am 28. Februar 2012, 10:18:57
Zitat
da ich den Aufhebungsbescheid vom Amtsgericht noch nicht zugestellt bekommen habe
In diesem Fall ist davon auszugehen ,dass die Aufhebung noch nicht rechtskräftig ist.
Der Insolvenzbeschlag wirkt also noch fort.
Der Erstattungsanpruch gehört zur Masse!
Titel: Re: Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase
Beitrag von: Insokalle am 28. Februar 2012, 12:01:15
Fraglich ist lediglich, ob die Verteilung vorbehalten sein muss, oder ob sie auch nach Aufhebung noch grundsätzlich möglich ist..?

Nein, nicht fraglich. In § 203 Abs. 2 InsO steht, dass die Aufhebung des Verfahrens der Nachtragsverteilung nicht entgegensteht. Das gilt nach BGH auch für Verbraucherinsolvenzen.
Titel: Re: Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase
Beitrag von: Insoman am 28. Februar 2012, 12:29:23
Ja...schon..aber..

Wie so oft, bestätigen wohl Ausnahmen die Regel..?
So führt der BGH in dem von mir genannten - brandaktuellen - Urteil aus:
BGH, Beschluss vom 26. 1. 2012 - IX ZB 111/10 (Rdzf.25)
Zitat
Ob und in welchem Umfang eine Ausnahme in Fällen zu machen ist, in denen der Schuldner die Gegenleistung verbraucht hat in der Annahme, darüber unbeschränkt verfügen zu können, kann (im zugrundliegenden Fall, Anm.Insoman) ..dahinstehen (vgl. den Rechtsgedanken der § 818 Abs. 3, § 819 BGB).
Folglich müsste im Verbrauchsfall (wenn der Schuldner, in der Annahme, volles Verfügungsrecht zurückerlangt zu haben, die Erstattung ausgegeben hat), über eine Ausnahme nachgedacht werden..
Andere Interpretationen fallen mir schwer..
___
Welchen Sinn machte ansonsten der Nachtragsvorbehalt...?
Doch nur die Verhinderung des Eintritts einer derart gelagerten Fallkonstellation. :whistle:
Titel: Re: Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase
Beitrag von: Insokalle am 28. Februar 2012, 19:58:44
Verstehe ich nicht. Das Zitat betrifft doch ein ganz anderes Problem. Es bringt meist wenig, ein Teil eines Urteils isoliert aus dem eigentlichen Zusammenhang zu reißen. Um das mal aufzudröseln:

1. Frage:
Hindert die Verfahrensaufhebung die Anordnung der Nachtragsverteilung?
Eindeutig nein. Steht schließlich im Gesetz. Es wird auch von dem BGH IX ZB 111/10 nicht in Frage gestellt und braucht in den Entscheidungen nicht mehr extra erwähnt zu werden.


2. Frage:
Eine ganz andere Frage: Wird ein Gegenstand der Insolvenzmasse nachträglich ermittelt, kann allerdings die Nachtragsverteilung hinsichtlich dieses Gegenstandes nicht mehr angeordnet werden, wenn über ihn vom Schuldner in beschlagfreier Zeit so verfügt worden ist, dass der durch die Anordnung der Nachtragsverteilung erneut bestellte Treuhänder (Verwalter) den Rechtserwerb nicht mehr verhindern kann, so der BGH.

Der BGH beschäftigt sich aber konkret in BGH IX ZB 111/10 mit der Frage, was passiert bei einer Anordnung der Nachtragsverteilung über einen an den Schuldner ausgezahlten Betrag (also der Gegenleistung), denn die ursprüngliche Forderung (also der Gegenstand, der zur Masse gehört hätte) gibt es ja nach Auszahlung nicht mehr. Das löst er zum Nachteil des Schuldners. Der Betrag oder die Gegenleistung unterliegt der Nachtragsverteilung.

Und erst jetzt wird die Frage nach einer Ausnahme gestellt: Keine Nachtragsverteilung, wenn der Schuldner meint, die Gegenleistung ausgeben zu dürfen? Und diese Frage beantwortet der BGH hier nicht. Er lässt sie offen, weil in dem zu entscheidenden Fall der Schuldner Ermittlungen verhindert hat und von der drohenden Anordnung der Nachtragsverteilung wusste. Dafür gibt es natürlich keine Belohnung und die Anordnung der Nachtragsverteilung war in Ordnung.


Ich könnte mir vorstellen, dass die vom BGH offen gelassene Frage noch beantwortet wird. Ich vermute, dass die Entscheidung einige TH zum Anlass nehmen werden, Nachtragsverteilungen auch auf die beim Schuldner gelandete Gegenleistung zu erstrecken.