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News und Wichtiges => Gerichtsurteile => Thema gestartet von: Feuerwald am 15. Dezember 2013, 00:11:43

Titel: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: Feuerwald am 15. Dezember 2013, 00:11:43
BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?

Über die Wirksamkeit von Vorausabtretungen nach Freigabe der selbständigen Tätigkeit aus dem Insolvenzbeschlag (§ 35 Abs. 2 Inso) und der sich daraus ergebenden Konsequenzen.

Hintergrund ist das BGH Urteil vom 18. April 2013, IX ZR 165/12: Tenor: Die Vorausabtretung künftiger, nach Verfahrenseröffnung entstehender Forderungen erlangt infolge Konvaleszenz ihre Wirksamkeit zurück, wenn diese aus einer durch den Insolvenzverwalter freigegebenen selbständigen Tätigkeit des Schuldners herrühren.

Mit diesem Urteil ist für viele aktive Selbständige, nicht nur für Ärzte und Zahnärzte, der Weg durch ein Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren mehr oder weniger verbaut.

Zwar verlieren gem. § 114 Abs. 1 InsO Vorausabtretungen von Forderung aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge für Dienstverhältnis nach Ablauf von spätestens zwei Jahren ihre Wirksamkeit. Nicht wiederkehrend zahlbare Vergütungen für persönlich geleistete Arbeiten oder Dienste oder sonstige Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind, sind davon jedoch ausgenommen. Somit werden „Globalzessionen“ gem. § 301 Abs. 2 S. 1 InsO auch nicht von der Restschuldbefreiung erfasst und können (endlos) weiter wirksam sein.

Das längst bewerte Regelungsinstrument der Freigab gem. § 35. As 2 InsO und der sich daraus ergebenen Abführungspflicht gem. § 295 Abs. 2 InsO führt im Fall einer wirksamen Globalzession zu einer Doppelpfändung, dem Abführungspflicht gem. § 295 Abs. 2 InsO bei gleichzeitiger Abpfändung durch den Abtretungsgläubiger. In der Folge kann es bei bereits freigegebenen Selbständigen zur Insolvenz in der Insolvenz oder zu einer endlosen Schuldknechtschaft kommen.

In neuen Insolvenzverfahren ist sich seitens der Insolvenzverwaltung die Frage stellen, ob eine Freigabe bei vorliegender wirksamer Globalzession überhaupt noch zu vertreten ist. Dies kann in der Konsequenz zu endlosen Insolvenzverfahren unter anhaltender Insolvenzverwaltung führen, da selbst in diesem Fall zum Zeitpunkt der Aufhebung des Insolvenzverfahrens und Überleitung in die Wohlverhaltensphase mit einem Auflebend der Globalzession zu rechnen ist.

Es sind bereits viele Selbständige akut betroffen. Wir arbeiten derzeit an Lösungen. Zunächst ganz individuelle, fallebezogenen Lösungen.

Es wird aber eine politische Lösung notwenigen werden.

Betroffene Selbständige können sich gerne bei uns unter www.sido.org.  melden.

Feuerwald
Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: tomwr am 16. Dezember 2013, 19:12:08
Mit diesem Urteil ist für viele aktive Selbständige, nicht nur für Ärzte und Zahnärzte, der Weg durch ein Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren mehr oder weniger verbaut.

Ganz so dramatisch würde ich das jetzt nicht sehen. Forderungsabtretungen sind nur wirksam, sofern sie hinreichend bestimmt sind. Das ist z.B. bei den üblichen Forderungen gegen die kassenärztlichen Vereinigung oder kassenzahnärztliche Vereinigung der Fall. Da bereits relativ früh entschieden wurde, dass das entsprechende Honorar bei Fortführung der Praxis durch den IV insolvenzbefangen ist, verwundert es nicht, dass die Abtretungsforderung als Absonderungsberechtigter entsprechend wieder auflebt.

Sehen wir mal die positive Seite: Die Kosten für den Fortführung der Praxis sowie dem Lebensunterhalt des Arztes ist gemäß den Pfändungsrichtlinien grundsätzlich gewährleistet. Und bei allem Ernst halte ich es auch nicht für ganz gerechtfertigt, dass sich ein Arzt oder Zahnarzt eine sündhaftteure Praxis finanzieren läßt ohne entsprechende Sicherheiten, zu denen ganz sicher auch der Vergütungsanspruch gegen die KV oder KZV gehört. Der glaubt doch nicht ernsthaft, sich mit den 200 EUR im Monat als Ausgleichszahlung für die nächsten 6 Jahre zu sanieren.  :wink:

Außerdem sind in der Regel privatärztliche Vergütungen davon nicht betroffen wegen den besonderen Verpflichtungen zur Verschwiegenheit. Ohne Zustimmung ist eine Forderung nicht übertragbar und damit auch nicht abtretungsfähig. So hat der Arzt oder Zahnarzt auch die Wahl sich auf Privatpatienten zu konzentrieren.

Das Urteil ist recht gut hier besprochen:
http://www.juris.de/jportal/portal/t/1tkj/page/homerl.psml?nid=jpr-NLIR000009313&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

Aber siehe auch dieses Urteil aus 2006:
http://www.biehl.de/abtretung-von-anspruechen-an-die-kv-nach-verfahrenseroeffnung/

Oder:
http://www.anwalt.de/rechtstipps/arzt-zahnarzt-kieferorthopaede-abtretung-von-forderungen-gegen-kzv-kv-wirksam_018868.html

Braucht man nur mal nach "kassenärztliche Vereinigung und Abtretung" zu googeln. Die Rechtslage war auch ohne dieses Urteil m.E. absehbar.

Was wäre die Alternative ? Der Gläubiger verkauft das Inventar und der Arzt oder Zahnarzt kann seine Praxis schließen. Oder der Arzt arbeitet in einem Anstellungsverhältnis und hat auch nicht mehr als seine pfändungsfreien Einkünfte. Oder er schließt die Praxis wenn er überhaupt keine Lust mehr hat. Insofern finde ich das Urteil jetzt nicht so übertrieben ungerecht.
Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: Maurice Garin am 16. Dezember 2013, 20:28:17
Und bei allem Ernst halte ich es auch nicht für ganz gerechtfertigt, dass sich ein Arzt oder Zahnarzt eine sündhaftteure Praxis finanzieren läßt ohne entsprechende Sicherheiten, zu denen ganz sicher auch der Vergütungsanspruch gegen die KV oder KZV gehört. Der glaubt doch nicht ernsthaft, sich mit den 200 EUR im Monat als Ausgleichszahlung für die nächsten 6 Jahre zu sanieren.  :wink:

Außerdem sind in der Regel privatärztliche Vergütungen davon nicht betroffen wegen den besonderen Verpflichtungen zur Verschwiegenheit. Ohne Zustimmung ist eine Forderung nicht übertragbar und damit auch nicht abtretungsfähig. So hat der Arzt oder Zahnarzt auch die Wahl sich auf Privatpatienten zu konzentrieren.


Manchmal schwafeln Sie aber auch ein Zeug!

Zudem haben Sie wohl auch nicht verstanden, warum dieser Beitrag hier eigentlich reingeschrieben wurde...
Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: tomwr am 17. Dezember 2013, 16:46:49
Das ist überhaupt nicht geschwafelt sondern Realität. Weil das Verhältnis von Ärzten und Patienten als besonderes Vertrauensverhältnis geschützt ist, dürfen Patientendaten und auch Behandlungsdaten nicht ohne Zustimmung des Patienten an Dritte abgegeben werden. Deshalb muss jeder Patient bei jedem Arzt mindestens einmal eine Zustimmungserklärung unterschreiben, wenn der Arzt die Rechnung nicht selbst stellen will und über eine Organisation abrechnen will. Im Grunde wird da aber einfach eine Forderung übertragen und der behandelnde Arzt bekommt halt das Geld von der Abrechnungsstelle. In der Regel gilt eine solche Erklärung dann auch für Folgebehandlungen wenn sie nicht widerrufen oder eingeschränkt wird.


Zitat
Das Erfordernis des Einverständnisses entspricht § 4 Abs. 1 a. E. Bundesdatenschutzgesetzt (BDSG) und einer vorangegangenen Rechtsprechung, wonach es gegen die ärztliche Schweigepflicht verstößt, wenn ein Arzt ohne das ausdrückliche Einverständnis des Patienten dessen Daten an einen Dritten, sei es eine gewerbliche oder auch berufsständische Verrechnungsstelle, weitergibt (BGH NJW 1993, 2371; BGH NJW 1991, 2955; OLG Düsseldorf, NJW 1994, 2421; OLG Stuttgart, AHRS 0457/7).

http://www.anwalt.de/rechtstipps/voraussetzungen-der-wirksamen-abtretung-im-zahn-aerztlichen-bereich_019588.html

M.E. kann ein Arzt im Wege der Vorausabtretung von Forderungen nicht dazu gezwungen werden, sich das Einverständnis des/der Patienten mit Abrechnung über eine bestimmte Verrechnungsstelle einzuholen. Da die Forderung nur mit Zustimmung des Patienten übertragbar ist gilt sie zunächst als nicht übertragbar und fällt damit nicht unter die Abtretungserklärung. Sollte ein Vertrag mit einer bestimmten Abrechnungsstelle bestehen, hat der Arzt auch die Möglichkeit die Zusammenarbeit mit der Verrechnungsstelle ggf. aufzukündigen und selbst Rechnungen zu stellen.

Ansonsten bliebe dem Gläubiger doch nur die Möglichkeit, sein Praxis/Behandlungsmobiliar in gebrauchtem Zustand abzuholen. Dann kann der Arzt seine Praxis schließen. Auf der anderen Seite bietet aber auch genau das im Umkehrschluss Spielraum mit dem Gläubiger über die Höhe der Restverbindlichkeit und/oder Höhe der zu zahlenden Raten neu zu verhandeln.

Die Folgen des Urteils werden hier meiner Meinung nach übertrieben und etwas einseitig dargestellt.
Meiner Meinung nach hat da ein Arzt oder Zahnarzt einfach alles auf eine Karte gesetzt und das Spiel halt verloren. Wobei es mehr oder weniger absehbar war. Also mit Karacho ins Risiko oder halt eine schlechte Beratung im Vorfeld der Insolvenz. Sicherungsabtretungen dieser Form und Größenordnung sollte man halt vielleicht mal vorab mit einem Rechtsanwalt besprechen.

Und das Insolvenzverfahren ist ja auch nicht dazu da, jedwede Form von Selbständigkeit zu sanieren - befreien kann sich der Arzt von seinen Verbindlichkeiten im Rahmen der RSB schon. Dass er nicht genauso weiterwurschteln kann wie vorher muss man halt berücksichtigen ist aber vielleicht auch nicht immer sinnvoll. Schließlich kommt die Insolvenz ja nicht von ungefähr. Wenn die Praxis sich nicht trägt, hilft auf Dauer auch ein Insolvenzverfahren nicht.
Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: Maurice Garin am 17. Dezember 2013, 17:15:10
M.E. kann ein Arzt im Wege der Vorausabtretung von Forderungen nicht dazu gezwungen werden, sich das Einverständnis des/der Patienten mit Abrechnung über eine bestimmte Verrechnungsstelle einzuholen.

Hier geht es aber überwiegend nicht um Privatpatienten oder -Liquidationen, sondern um Ansprüche aus der kassenärztlichen Tätigkeit. Und da hat der Arzt überhaupt keine Forderung gegen seine Patienten. Man merkt, dass Sie weder vom Gesundheitswesen an sich, noch von der Realität in vielen Arztpraxen irgendeine Ahnung haben. Aber dafür natürlich eine gefestigte Meinung. Die Sie wie üblich lang und breit daherschwafeln.

Aber betrachten Sie meine Beiträge einfach als gegenstandslos. Ich weiß eh nicht, warum ich mich mit Ihrem Zeugs immer auseinandersetze.
Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: tomwr am 17. Dezember 2013, 17:39:49
Natürlich kenne ich den Unterschied zwischen Privat- und Kassenpatienten und die Abrechnung über die kassenärztliche und kassenzahnärztliche Vereinigung. Das ist dem Fall doch gar nicht die alleinige Frage.
Soll er halt mehr Privatpatienten als Kassenpatienten behandeln - das steht ihm doch frei ?

Im Übrigen ist es natürlich Quatsch, dass es eine endlose Schuldhaft für Selbständige gibt.
Natürlich ist ein Absonderungsgläubiger auch ein Insolvenzgläubiger und der Schuldner wird im Rahmen der RSB am Ende des Verfahrens auch die restlichen Ansprüche des Absonderungsgläubiger ohne Probleme los. Der hat halt nur die Wahl, wie er seine Ansprüche geltend macht. Er muss zum Ende des Verfahrens sowieso pokern.

Entweder meldet er einen Teil seiner Ansprüche im Insolvenzverfahren bis zum Schlusstermin an als Ausfall oder er hält sich in der WVP an die Zahlungen des Schuldners aus der Abtretungsvereinbarung. Was besser ausgeht ist auch schwer einzuschätzen. Und wenn er seine Forderung für den Ausfall als Absonderungsgläubiger anmeldet, endet damit auch das Sonderrecht als Absonderungsgläubiger und kann von seiner Abtretungserklärung auch keinen Gebrauch mehr machen. Der Arzt kann seine Praxis für die Dauer des Verfahrens bzw. WVP auch auf Sparflamme kochen. Das ist im Grunde auch ein bischen Strategie und Poker zwischen Gläubiger und Schuldner.

Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: Maurice Garin am 17. Dezember 2013, 18:03:27
Soll er halt mehr Privatpatienten als Kassenpatienten behandeln - das steht ihm doch frei ?

Nein, steht es nicht. Sowohl aus rechtlichen als auch aus tatsächlichen Gründen. Aber auch da finden Sie jetzt sicher wieder 1000 theoretische Auswege. Weil Sie von der Praxis einfach keine Ahnung haben.
Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: Insokalle am 18. Dezember 2013, 18:39:39
Nicht nur davon, wie die Beiträge wieder einmal eindrucksvoll belegen, insbesondere zu den Absonderungsrechten. Aber ich habe keine Lust wieder der Buhmann zu sein und nehme die Theorien als gegeben hin.


Zitat
Dies kann in der Konsequenz zu endlosen Insolvenzverfahren unter anhaltender Insolvenzverwaltung führen, da selbst in diesem Fall zum Zeitpunkt der Aufhebung des Insolvenzverfahrens und Überleitung in die Wohlverhaltensphase mit einem Auflebend der Globalzession zu rechnen ist.

Könnte sein. Wenn man die Rechtsprechung BGH, IX ZB 196/09 zu den Abtretungseinkünften auf jedweden Neuerwerb ausdehnen würde, hätte die Insolvenzmasse spätestens nach Erteilung der RSB nichts mehr davon. Dann könnte auch das Insolvenzverfahren entsprechend beendet werden.
Das beseitigt aber nicht die fortbestehende Globalzession.

Zitat
Es wird aber eine politische Lösung notwenigen werden.
Dafür wäre ich auch. Für meinen Geschmack müsste der Gesetzgeber eine mit § 114 vergleichbare Regelung in den § 301 einbauen oder ähnliches.


Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: tomwr am 19. Dezember 2013, 22:24:16
Nein, steht es nicht. Sowohl aus rechtlichen als auch aus tatsächlichen Gründen. Aber auch da finden Sie jetzt sicher wieder 1000 theoretische Auswege. Weil Sie von der Praxis einfach keine Ahnung haben.

Fakten, Fakten, Fakten und nicht nur Geschwafel. Aus welchen rechtlichen Gründen ist einem Arzt die Behandlung von Privatpatienten verwehrt ? Ärzte wie auch Patienten sind in der Wahl der gegenseitigen Vertragspartner weitestgehend frei. Ausnahmen wie Behandlungspflicht akut Hilfsbedürftiger bestätigen die Regel.

Außerdem reden wir hier eigentlich von echten Selbständigen oder von selbständigen Pflegefällen die medizinischen Berufen nachgehen ? Einer meiner Mentoren hat das mal so schön auf den Punkt gebracht. Es gibt 2 Sorten von Menschen, Unternehmer und Unterlasser. Unternehmer erkennen in Widrigkeiten immer Chancen und setzen diese um. Unterlasser sehen immer nur Probleme und erklären der Welt warum etwas (aus ihrer Sicht) nicht geht.

Das Gejammer der Ärzte ist übrigens nicht neu. Dagegen ist jeder Aldi Kassierer ein Waisenknabe und findet sich brav mit seiner wirklich im Vergleich eher beschisseneren Situation ab.
Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: Feuerwald am 19. Dezember 2013, 23:32:39

es sind längst nicht mehr nur "jammernde" Ärzte betroffen. Das ganze erstreckt sich mittlerweile auch auf ganz andere Bereiche und Branchen.

Es kommt noch etwas hinzu, was mit der Änderung der Insolvenzordnung 07/2014 jetzt schon spürbar ist, die Insolvenzfestigkeit von Steuerschulden im Fall einer strafrechtlichen Verurteilung.

Neben 266a STGB kreist jetzt schon der Hammer und es erwartet uns m.E. eine Flut von Steuerstrafverfahren 2014. Das läuft jetzt schon an.

Die RSB wird für viele Selbständige zum Schweizer Käse.

Bedenklich.

Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: Maurice Garin am 20. Dezember 2013, 08:12:55
Fakten, Fakten, Fakten und nicht nur Geschwafel. Aus welchen rechtlichen Gründen ist einem Arzt die Behandlung von Privatpatienten verwehrt ?

Warum Ablehnung von Privatpatienten? Es geht um Kassenpatienten. Und da hilft ein Blick in § 13 Abs. 7 BMV-Ä.  Das ist aber noch nicht mal der Punkt. Sie schreiben ja, der Arzt solle halt mehr Privatpatienten behandeln. Sie wissen aber schon, dass es in Deutschland für den größten Teil der Arbeitnehmer eine gesetzliche Versicherungspflicht in der GKV gibt? Wenn der Arzt nicht grade in einer Beamtenstadt praktiziert, dann fällt es halt sehr schwer, den Anteil an Privatpatienten auszudehnen. Und nein, der Arzt kann noch nicht mal einfach umziehen, weil es sowas wie eine Bedarfsplanung und gesperrte Gebiete gibt.

Zitat
Außerdem reden wir hier eigentlich von echten Selbständigen oder von selbständigen Pflegefällen die medizinischen Berufen nachgehen ? Einer meiner Mentoren hat das mal so schön auf den Punkt gebracht. Es gibt 2 Sorten von Menschen, Unternehmer und Unterlasser. Unternehmer erkennen in Widrigkeiten immer Chancen und setzen diese um. Unterlasser sehen immer nur Probleme und erklären der Welt warum etwas (aus ihrer Sicht) nicht geht.

Das Gejammer der Ärzte ist übrigens nicht neu. Dagegen ist jeder Aldi Kassierer ein Waisenknabe und findet sich brav mit seiner wirklich im Vergleich eher beschisseneren Situation ab.

Das ist jetzt so dämlich, dass sich jeder Kommentar erübrigt. Aber sind Sie nicht selber pleite? Was sind Sie denn für ein Pflegefall?
Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: Insokalle am 20. Dezember 2013, 17:26:59
Er hat immer noch nicht kapiert, dass es hier nicht um Ärzte geht, sondern dass die Globalzession wie oben beschrieben ein umfassendes grundsätzliches Problem sein kann für viele Unternehmer vieler Branchen. Was er ganz offensichtlich auch nicht weiß, ist, dass die Globalzession ein sehr wichtiges Finanzierungsmittel ist und demzufolge bei sehr vielen Unternehmern gerade des Mittelstandes unumgänglich für Kreditaufnahmen ist. Aussagen in Beitrag #3 zeigen Unwissenheit, Ignoranz und was auch immer.

Zukünftig werden wohl Globalzessionen noch genauer auf Wirksamkeit und Umfang untersucht werden. Zu beachten wäre, dass Forderungen, die verlängerten Eigentumsvorbehaltsrechten unterliegen, nicht unter die Globalzession fallen. Vielleicht ein kleiner Vorteil von Unternehmern in entsprechenden Branchen.

Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: Der_Alte am 20. Dezember 2013, 23:18:01
Eure rectstheoretischen Überlegungen und ihre praktischen Auswirkungen sind ja ganz interessant, aber meint Ihr, dass mit Ausnahme von Euch jemand diesem umfangreichen Komplex - noch dazu versehen mit einer deutlichen Herabsetzung der Beiträge von tomwr - wirklich für den gemeinen Leser so wichtig findet, dass ihr euch darüber "zerfleischen" müsst? Vor allem bei der Masse der Verbraucherinsolvenzler hier, die dieses Thema nun wirklich nicht ansatzweise betrifft?
Vielleich wäre es gut analog zu f-sb ein Praktikerforum einzurichten, in dem solche für Euch sicherlich wichtigen Fragen intensiv behandelt werden können, der gemeine Forist aber seine Tasten zu sperren hat.
Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: Insokalle am 21. Dezember 2013, 11:53:26
Ich finde es nicht verkehrt, dass wichtige Themen und/oder Gerichtsentscheidungen angerissen werden, auch wenn sie vielleicht nicht gerade Mainstream sind. Ich denke allerdings, dieses Thema hier wird einige Leser betreffen.
Zwar sind RSB u.ä. Themen für fast alle interessant, Regel- wie Verbraucherinsolvenzen. Aber es schadet nicht, hin und wieder komplexere Dinge anzusprechen, die nicht unbedingt jeden betreffen, und die mit hier vorhandenem Wissen und Erfahrungen gut diskutiert werden können.
Wenn jemand ein Thema nicht betrifft oder nicht interessiert, kann er es überblättern. Aber dieses hier haben schon verhältnismäßig viele gelesen.
Man müsste eigentlich nur den überflüssigen Mist aus dem gesamten Thread (wie auch aus einigen anderen) rausstreichen, dann hat man definitiv mehr davon.

Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: Maurice Garin am 21. Dezember 2013, 14:38:20
Vielleich wäre es gut analog zu f-sb ein Praktikerforum einzurichten, in dem solche für Euch sicherlich wichtigen Fragen intensiv behandelt werden können, der gemeine Forist aber seine Tasten zu sperren hat.

Naja, wenn ein Moderator einen Thread eröffnen kann um für seine gewerbliche Schuldnerberatung zu werben (einen anderen Zweck hatte das m.E. nicht), dann werden wir gemeinen Foristen ja noch ein paar rechtstheoretische oder praktische Überlegungen dazu zum Besten geben dürfen. Dann wird der Thread von Tante Google vielleicht sogar noch besser gefunden und das ist ja schließlich der Sinn der Sache. Passt doch!

Das Problem mit den Beiträgen von tomwr ist halt, dass sie halt so sind wie die Beiträge von tomwr. Kann man aber natürlich auch anders sehen.
Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: Maurice Garin am 21. Dezember 2013, 14:39:12
.
Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: Insokalle am 21. Dezember 2013, 17:22:35
ja, ich wollts nicht sagen
Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: ThoFa am 10. Januar 2014, 04:16:37
Lösung hat man wohl noch keine für das Problem? Ich habe mit der Bank einer Zahnärztin jetzt erstmal 6 Monate stillhalten vereinbart. Also etwas Zeit für eine krative Lösung.  :gruebel:

MfG

ThoFa
Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: Maurice Garin am 10. Januar 2014, 08:19:09
Lösung hat man wohl noch keine für das Problem?

Wenn man sich nicht einigen kann, dann bleibt nur, den Forderungsinhaber auszutauschen und damit die Abtretung zu unterlaufen. Ist aber sicher nicht einfach und geht bei Zahnärzten noch eher als bei Ärzten.
Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: TomDens am 17. Februar 2014, 13:44:02
Hallo an alle Leserinnen und Leser!

Auch ich bin von diesem Urteil betroffen ... meine Praxis ist seit 2010 aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben, mein Inso-Verfahren, welches durch mehr als zweifelhafte Finanzierungsmodalitäten der Bank überhaupt erst notwendig wurde (aber danach fragt hinterher eh niemand mehr ...), endet im Februar 2015. Bis letzte Woche lief meine Praxis reibungslos ... dann kam der Brief meiner KZV, in welchem ich darauf hingewiesen werde, dass die Bank - entsprechend des Urteils - die Globalzession zieht und nunmehr erneut meine KZV-Zahlungen beansprucht. Bis die Rechtmäßigkeit dieser Forderung festgestellt ist, hinterlegt die KZV auf ein Anderkonto, ... und das kann zu einem existenzbedrohenden Zustand werden, da die KZV-Honorare für die Begleichung Betriebskosten dringend erforderlich sind. ... und nun lese ich hier, dass diese Forderung auch über die RSB hinaus bestehen bleibt ... da stellt sich doch eigentlich nur noch die Frage, wann - und nicht ob - ich den Schlüssel zur Eingangstür der Praxis umdrehe und wegwerfe! Gibt es Tips, wie mit diesen Dingen zu verfahren ist ???
Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: tomwr am 19. Februar 2014, 00:27:21
und nun lese ich hier, dass diese Forderung auch über die RSB hinaus bestehen bleibt ...

Grundsätzlich ist das nicht der Fall. Auch ein Insolvenzgläubiger mit Absonderungsrechten ist ein Insolvenzgläubiger und dessen Forderungen unterliegen im Falle der Erteilung auch der RSB. Was Feuerwald wohl meint, ist, dass man ggf. neue Gläubiger sammelt, wenn man deren Kosten im Rahmen der Betriebsführung nicht bezahlen kann und sich somit neue Forderungen und neue Gläubiger entstehen können.

Da kann und muss man natürlich vorbauen. Es gibt verschiedene Wege dazu. Generell kann der Schuldner aus seinem unpfändbaren Vermögen auch Gläubiger bedienen, siehe BGH, Urteil vom 14.01. 2010 - IX ZR 93/09. Siehe auch das von Feuerwald genannte Urteil, die letzten Ausführungen der Richter:

Zitat
Schließlich ist der Schuldner nicht gehindert, aus seinem insolvenzfreien Vermögen bestimmte Gläubiger zu befriedigen (BGH, Urteil vom 14. Januar 2010 - IX ZR 93/09, WM 2010, 523 Rn. 8 ff). Darum kann er ebenso nach Freigabe seiner freiberuflichen Tätigkeit erworbene Mittel dazu verwenden, Verbindlichkeiten bei seinen Altgläubigern zu tilgen.
http://openjur.de/u/632302.html

Hier hilft z.B. auch Verhandeln mit dem entsprechenden Gläubiger mit Offenlegung der Einnahmen resp. Gewinne der Praxis und freiwilliger Abführung von Beiträgen.

Es gibt aber ggf. auch andere Wege, den Praxisbetrieb zu sichern, z.B. Anträge nach §850f ZPO mit Erhöhung des unpfändbaren Betrages für besondere persönliche und/oder berufliche (!) Bedürfnisse.

Wichtig für erfolgreiche Umsetzung ist wohl eine ganz saubere Buchführung und ein guter Steuerberater, hilfreich sicherlich auch ein kundiger Rechtsanwalt. Auch diese Kosten können unter Betriebskosten subsummiert werden.

Es kommt hier wohl aber auch auf die entsprechende Formulierung der Abtretungserklärung an:

Zitat
...
Ist im Verhältnis zur Bank als Abtretungsgläubigerin der Freibetrag nicht von vornherein im Abtretungsvertrag vereinbart worden, hat der Zahnarzt gegen die Bank einen Anspruch auf Freigabe des KZV-Honorars in Höhe der für den laufenden Praxisbetrieb notwendigen Aufwendungen (vgl. BGH, Urteil vom 30.5.1995, Az. XI ZR 78/94, NJW 1995, 2219). Sollte die Bank die Freigabe verweigern, muß geschickt verhandelt oder ein zweites Mal der Weg zum Gericht genommen werden. Mit einem Antrag auf einstweilige Verfügung (gemäß § 940 ZPO) kann der Zahnarzt bei Gericht erreichen, daß ihm auch im Verhältnis zur Bank die Praxisaufwendungen freigestellt werden. Dies hat das Prozeßgericht zu verfügen.

Fazit: Insgesamt ist zu sagen, daß der Umfang des Freistellungsbetrages davon abhängig ist, wie umfassend und gut einzelne Positionen begründet werden.
http://www.iww.de/zwd/archiv/praxisfuehrung-schutz-der-zahnarztpraxis-bei-pfaendung-des-vertragszahnaerztlichen-honorars-f30623

Es gibt auch noch weitere Aspekte, z.B. dass die der Abtretung unterlegenen Forderung der KZV prinzipiell übertragbar ist. Dazu bedarf es in aller Regel einer Zustimmung der Patienten, die natürlich auch vom Patienten für künftige Behandlungen widerrufen werden kann. Ist halt die Frage, wie man den Patienten gegenüber damit umgeht.

Auch dazu noch ein hilfreicher Beitrag:
http://www.anwalt.de/rechtstipps/arzt-zahnarzt-kieferorthopaede-abtretung-von-forderungen-gegen-kzv-kv-wirksam_018868.html

Ganz einfach ist der Weg sicherlich nicht aber auch nicht ganz so unmöglich wie von Feuerwald im Eröffnungsbeitrag dargestellt.
Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: Maurice Garin am 19. Februar 2014, 08:51:36
Dazu bedarf es in aller Regel einer Zustimmung der Patienten, die natürlich auch vom Patienten für künftige Behandlungen widerrufen werden kann.

Hierzu würde mich eine Begründung interessieren.

@TomDens:

Als erster Schritt ist sicherlich ein Antrag nach § 850f ZPO erforderlich. Bzw. die Verhandlung mit der APO-Bank, damit diese die Praxiskosten freigeben. Das dürften Sie vermutlich eh schon gemacht haben.

Als grds. Lösung des Problems kann man m.E. an eine gesellschaftsrechtliche Umgestaltung denken. Ob das klappt, hängt von div. Faktoren ab. Für ein Forum ist das m.E. zu weitgehend. Aber unser Moderator macht ja fleißig Werbung, vielleicht hat der ja den Stein der Weisen gefunden...
Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: TomDens am 19. Februar 2014, 10:57:00
... den Namen der Bank hatte ich ja - wohlweislich - gar nicht erwähnt! Trotzdem, ... nett zu sehen, dass augenscheinlich sehr schnell der Verdacht auf diese Bank fällt, wenn es um unseriöse Finanzierungsmethoden bei Praxis(neu)gründern geht ... und das entspricht leider auch meinen Erfahrungen!
 
... und entsprechend meiner nunmehr jahrelangen Erfahrung sind Verhandlungen mit diesem Institut schlicht nicht möglich! Der seinerzeit mich betreuende Banker - in führender Position bei der Bank - hat zwischenzeitlich schon geraume Zeit auf Staatskosten verbracht. In meiner Region kenne ich inzwischen 20 Kollegen PERSÖNLICH (von etlichen anderen habe ich gehört, respektive habe ich mit ihnen telefoniert, in allen Fällen handelt es sich um das gleiche Vorgehen: Finanzierungen - meist einer Neugründung - ausschließlich auf Lebensversicherungsbasis, Platzenlassen der Lebensversicherungen unter teilweise extrem fadenscheinigen Vorwänden (und zwar zu dem Zeitpunkt, wenn die fetten Provisionen, die eingestrichen wurden nicht mehr zurückerstattet werden müssen), Neufinanzierung wiederum komplett auf Lebensversicherungsbasis (natürlich verbunden mit erneutem Einstreichen von Provisionen und wesentlich schlechteren Konditionen für den Kunden zuzüglich Heranziehung von neuen Sicherheiten ... gerne auch Privatvermögen aus dem Umfeld des Kunden)... und auch diese gehen den Bach runter, sobald der Banker seine Provision gesichert sieht (nach 25 Monaten) ... und wenn man da angekommen ist, hat man nicht mal mehr die Möglichkeit, sich zur Wehr zu setzen, weil man schlicht die Kohle nicht hat, die halbwegs kompetente Sanierungsberater oder Rechtsanwälte teilweise schon im Voraus haben wollen, bevor sie einem überhaupt "Guten Tag" sagen! Also ist man spätestens an diesem Punkt hilflos wie ein Kleinkind, wenn man nicht vorher schon den Geist aufgegeben hat ... zwei der oben genannten Kollegen hatten an diesem Punkt schon den zweiten Suizidversuch erfolglos hinter sich gebracht. ... und wenn diejenigen, die es bis dahin nervlich ausgehalten haben, sich dann doch noch irgendwie zur Wehr setzen, wird man flugs aus der Filial-Kompetenz - also weg von denen, die einen abgezockt haben - in die Direktionskompetenz überantwortet ... und da bekommt man es dann mit den richtig üblen Typen zu tun. In meinem Fall hatte seinerzeit das mich betreuende Großlabor versucht, schützend die Hand über mich zu halten und hat beim Vorstand Einspruch - mit der Ankündigung, selber sämtlich Konten aus der Bank abzuziehen - gegen das, was da passiert ist, eingelegt. Die einzige Aussage war kaltlächelnd sinngemäß "Tragisch, dass es dazu gekommen ist ... aber die Mitarbeiter, die dafür verantwortlich sind, arbeiten ja nicht mehr bei uns! ... und unsere Risikoabteilung ist wie eine Intensivstation ... und manchmal muss man eben auch Patienten in´s Hospiz begleiten ..."!

... das ist jetzt nur mal ein ganz, ganz kurzer Abriss dessen, was ich in den Jahren 2004 bis 2010 mit diesem Institut erlebt habe - die ganze Geschichte zu erzählen, würde Stunden bis Tage dauern - und wer jetzt noch glaubt, dass ich mit diesen Leuten auch nur noch 5 Minuten verhandeln und an einen Tisch setzen würde würde, glaubt auch an den Weihnachtsmann!

Und wie diese Jungs genau ticken, hat sich dann letztes Jahr gezeigt: Nach meinem Praxisumzug bekomme ich auf einmal Post der Bank, mit der freundlichen Aufforderung, doch mal ein Kaufangebot der an die Bank raumsicherungsübereigneten Geräte zu unterbreiten, welches man "wohlwollend prüfen wolle und sicherlich zu einer Einigung bringen würde". Dumm nur, dass ich mir über die Jahre genügend Wissen um die Materie angeeignet hatte, um zu wissen, dass besagte Raumsicherungsübereignung nicht mal das Papier wert war, auf dem sie stand ... weil es nämlich in so ziemlich allen Punkten an der notwendigen Bestimmtheit fehlt: Keine Bezeichnung der Geräte, keine Gerätenummern, keine Raumskizze, fehlende Angabe der Forderungshöchstgrenze ... und das ganze Pamphlet betitelt als "Vertrag zwischen XYZ und Bank für den Fall eines Verkaufes der Praxis oder Apotheke" ... das Problem war eben nur, ... ich hatte nichts verkauft, ich war nur in andere Räume gezogen ... aber versuchen kann man es ja mal!

... und das ist genau das Problem: Wenn man mit jemandem verhandeln will, sollte man zumindest rudimentäres Vertrauen in die Seriosität des Verhandlungspartners haben ... und selbst die allernotwendigsten Spurenelemente von Vertrauen sind bei mir nachhaltig zerstört worden ... anders ausgedrückt: Wenn diese Herren mir "Guten Tag!" sagen würden, würde ich als Erstes aus dem Fenster gucken, um zu sehen, ob es draußen tatsächlich hell ist!

... vielleicht vermittelt das ja einen kleinen Eindruck, wie groß meine Verhandlungsbereitschaft und mein Vertrauen ist! Eher drehe ich hier tatsächlich den Schlüssel um und lege im Ausland - in dem fast überall sowohl Arbeitsbedingungen, als auch Verdienstmöglichkeiten für Ärzte deutlich attraktiver sind, als hier in Deutschland ... und ich spreche nicht von der Schweiz (!!!) - nochmal einen Neustart hin ... natürlich hinterlasse ich damit gleich mal 5 Menschen, die in meiner Praxis ein anständiges Gehalt bezogen haben, welches sich mehr an Menschlichkeit als an den Empfehlungen der Kammer orientiert hat, arbeitslos, was natürlich auch niemand will ... aber dieses System in Deutschland, das da zunehmend lautet "Wasch mir den Buckel aber mach mich nicht nass!" wird mir von Tag zu Tag unsympathischer!

Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: tomwr am 22. Februar 2014, 21:38:40
Dazu bedarf es in aller Regel einer Zustimmung der Patienten, die natürlich auch vom Patienten für künftige Behandlungen widerrufen werden kann.

Hierzu würde mich eine Begründung interessieren.

Die Begründung liegt in der möglichen unbefugten Weitergabe von Patientendaten für Abrechnungszwecke. Nach nochmaliger Prüfung gilt das möglicherweise aber nur gegenüber privatärztlichen Abrechnungstellen und nicht gegenüber der KZBV oder KBV.
Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: TomDens am 03. März 2014, 19:39:40
Hallo mal wieder!

Bedeutet das von Euch zitierte Urteil - (BGH, Urteil vom 30.5.1995, Az. XI ZR 78/94, NJW 1995, 2219)... kann man das irgendwo im Volltext lesen ...???) - dass ich einen Anspruch auf Freistellung der betrieblichen Kosten habe ??? ... mein Anwalt weiss davon nichts, wie er mir soeben fernmündlich mitgeteilt hat ...!

Könnte mir das bitte nochmal jemand erklären, ... also jemandem wie mir, der NICHT Jurist ist, ... damit ich es meinem Anwalt erklären kann, der gerade meint, ausser Verhandlungen mit der Bank - und deren goodwill - hätte ich keine Chancen, dass die Betriebskosten freigegeben werden (müssten)!
Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: Maurice Garin am 04. März 2014, 12:19:59
Könnte mir das bitte nochmal jemand erklären, ... also jemandem wie mir, der NICHT Jurist ist, ... damit ich es meinem Anwalt erklären kann, der gerade meint, ausser Verhandlungen mit der Bank - und deren goodwill - hätte ich keine Chancen, dass die Betriebskosten freigegeben werden (müssten)!

Sie haben die Honorare an die Bank abgetreten. Die Abtretung ist aber nur wirksam, soweit sie sich auf pfändbare Forderungen bezieht (§ 400 BGB). Teilweise unpfändbar (und damit in Höhe des unpfändbaren Teils nicht abtretungsfähig) ist Arbeitseinkommen. Die Ansprüche des Arztes gegen die KZV gehören i.d.R. zum Arbeitseinkommen. Damit unterliegen sie nach der Maßgabe der §§ 850ff ZPO z.T. dem Pfändungsschutz und können insoweit nicht abgetreten sein.

Vgl. dazu z.B. LSG NRW, Urteil vom 25.04.2012 - L 11 KA 67/10 (ZInsO 2012 S. 1903). Das kann sich der Anwalt ja mal anschauen und die Rechtslage dann prüfen.
Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: tomwr am 04. März 2014, 23:12:25
Hallo mal wieder!

Bedeutet das von Euch zitierte Urteil - (BGH, Urteil vom 30.5.1995, Az. XI ZR 78/94, NJW 1995, 2219)... kann man das irgendwo im Volltext lesen ...???) - dass ich einen Anspruch auf Freistellung der betrieblichen Kosten habe ??? ... mein Anwalt weiss davon nichts, wie er mir soeben fernmündlich mitgeteilt hat ...!

Also das Urteil ist hier abrufbar:
http://www.money-advice.net/view.php?id=19984

Geht wohl konkret um diesen Part im Urteil:

Zitat
b) Regelungsbedürftig ist hier allenfalls die wesentlich anders gelagerte Frage, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die Kl. über die auf ihr Konto bei der Bekl. eingehenden Zahlungen verfügen kann. Eine solche Regelung haben die Parteien indes getroffen, indem sie für das Konto der Kl., auf das die kassenzahnärztliche Vereinigung alle Zahlungen zu leisten hatte, eine Kreditlinie von 80000 DM vereinbart haben. Solange diese nicht überschritten wurde, durfte die Kl. über alle eingehenden Zahlungen frei verfügen.
Dies verkennt das BerGer. nicht, vermißt aber eine Regelung der Verfügungsbefugnis für Zahlungen, die bei überschrittener Kreditlinie eingehen, aber nicht ausreichen, die ungenehmigte Kontoüberziehung zu beseitigen. Dabei läßt es jedoch außer acht, daß nur der pfändbare Teil der Honoraransprüche der Kl. gegen die kassenzahnärztliche Vereinigung abgetreten ist. Verfügungen über den pfändungsfreien Teil eingehender Zahlungen muß die Bekl. danach auch dann zulassen, wenn die Kreditlinie dauerhaft erheblich überschritten ist (vgl. § 850k ZPO). Die Höhe des pfändungsfreien Teils ist nach §§ 850 ff. ZPO zu bestimmen (BGHZ 96, 324 (327 f.) = NJW 1986, 2362 = LM § 400 BGB Nr. 7). Eine genauere, gar eine betragsgemäße Festlegung dieses Teils eingehender Zahlungen bereits in der Formularabtretung ist nicht möglich. Die für die Berechnung des pfändungsfreien Teils bedeutsame Höhe der Zahlungen der kassenzahnärztlichen Vereinigung steht im Zeitpunkt der Abtretung noch nicht fest. Hinzu kommt, daß der Kl. sämtliche Privatpatientenhonorare und alle Selbstbeteiligungsanteile von Kassenpatienten von durchschnittlich etwa 125000 DM pro Jahr abtretungsfrei verblieben. Diese - ebenfalls wechselnden und im Abtretungszeitpunkt nicht überschaubaren - Einkünfte dürfen bei der Festlegung des pfändungsfreien Teils der abgetretenen Honoraransprüche nicht unberücksichtigt bleiben.

Sofern keine Einigung möglich ist, kann man als Schuldner auch einen Antrag nach §850f ZPO stellen, wegen berufsbedingten Gründen nach Abs.1 S.1. Nr.b. Siehe auch Kommentar zur ZPO, Gottwald/Mock, §850f Rz.22

Zitat
Rz. 22
Berufliche Aufwendungen liegen vor, wenn besondere, d. h. den Durchschnitt erheblich übersteigende Bedürfnisse existieren, die beruflich begründet sind und der Schuldner hierfür keine gesonderten Aufwandsentschädigungen erhält. Praktisch relevant sind insofern freiberufliche Tätigkeiten. Geltend gemacht werden können allg. Praxiskosten eines Arztes, gesonderte Bürokosten, Anschaffungskosten für notwendige Kleidung, notwendige Ausgaben für ein Fahrzeug etc. Erforderliche Nachweise sind durch den Schuldner zu erbringen. Eine Prüfung durch Gläubiger ist dadurch möglich, dass der freiberuflich angestellte Schuldner ggf. einen Anstellungsvertrag vorlegt, aus dem ersichtlich ist, ob und welche Aufwendungen erstattet werden.
...
Titel: Re: BGH IX ZR 165/12 – Endlose Schuldhaft für Selbständige ?
Beitrag von: TomDens am 05. März 2014, 09:57:22
Danke Euch!