BGH, Urteil vom 25. 10. 2007 - IX ZR 217/ 06; OLG München
Das Urteil ist bekannt. Wer es aufmerksam liest (vor allem die gänzlich anders gelagerte Fallkostellation), wird schnell feststellen, dass das hier aufgeworfene Problem von willkürlichen Lastschriftwiderrrufen davon in keiner Weise tangiert wird. Es geht - u.a. wohlgemerkt - um die Frage von ausdrücklichen Genehmigungen von Lastschriften. Der Schwerpunkt liegt in der Widerrufsbefugnis durch VIV.
Das ist aber jetzt eine spitzfindige Auslegung.
Preisverdächtige Frage an Insokalle:
Wie werden den Lastschriftzahlungen genehmigt ?
Habe ich noch nie gemacht. Bei keiner einzelnen Lastschrift.
Ich wüßte auch keinen dazu passenden konkreten und praxisüblichen bankinternen Ablauf außer der konkludenten Genehmigung, wenn man einem Rechnungsabschluss der Bank innerhalb von 6 Wochen nicht widerspricht. Im Übrigen steht dem Kontoinhaber zu, Lastschriften ohne Angabe von Gründen zu widerrufen bzw. nicht zu genehmigen. Ich weiß nicht wo man hier noch Willkür reininterpretieren will und was man damit überhaupt zum Ausdruck bringen will. Natürlich ist jede willensgesteuerte Handlung einer Person willkürlich.
aa) BGH Rdnr. 13: Da die Bank mangels Weisung des Schuldners dessen Konto zunächst unberechtigt belastet, kann der Schuldner ihr gegenüber der Belastung seines Kontos ohne Angabe von Gründen sowie unabhängig vom Bestehen einer Verpflichtung im Valutaverhältnis widersprechen. Die Schuldnerbank hat dementsprechend keinen Aufwendungsersatzanspruch [und muss ggfs. eine Belastungsbuchung rückgängig machen ], solange ihr Kunde die Belastungsbuchung nicht nach § 684 S. 2 BGB genehmigt hat (folgen Nachw.). Erst die nachträgliche Zustimmung des Schuldners ergibt die Berechtigung der Schuldnerbank zur Einlösung der Lastschrift. Diese Zustimmung bzw. Genehmigung tritt an die Stelle eines Überweisungs- oder Abbuchungsauftrags. Erteilt wird sie entweder durch ausdrückliche Genehmigung des Bankkunden (selten) oder im Normalfall dadurch, dass die Bank dem Kunden den regelmäßigen Rechnungsabschluss übersendet und der Kunde innerhalb der Frist (i. d. R. 6 Wochen) nicht widerspricht.
http://juratelegramm.de/faelle/privatrecht/BGH_NJW_2006_1965.htmUnd da Du ja offenbar darauf plädierst, Urteile genau zu lesen und davon ausgehst, mein angeführter Sachverhalt wäre nicht zutreffend da sich das Urteil sowieso auf einen anderen Sachverhalt bezieht, kann ich den Ball hier locker zurückspielen. Denn Deine folgende angeführte Rn. 56 trifft bei dem hier geschilderten Sachverhalt auch nicht zu.
"Soweit der Senat schon ein rechts- und sittenwidriges Verhalten der Schuldnerin verneint hat, steht dies nicht in Widerspruch zur bisher ergangenen Rechtsprechung. Das Urteil BGHZ 74, 300 betrifft das Verhalten eines Schuldners, der sich nicht in der Insolvenz befand. Das Urteil BGHZ 101, 153 beruht entscheidend darauf, dass der Widerspruch dazu missbraucht wurde, den Betrag einem anderen Gläubiger zuzuwenden."
Denn es ist schon ein Unterschied, ob man hier die vorenthaltenen Beträge eines Gläubiger einem anderen Gläubiger zukommen läßt oder ob der Schuldner diesen Betrag im Rahmen seiner eigenen Disposition verwendet, z.B. um davon Einkäufe zur Sicherung des Lebensunterhalts zu tätigen. Oder die Miete zu zahlen. Oder, oder, oder.
Und das Urteil BGHZ 74,300 ist hier auch nicht zutreffend weil der Fall nicht nur einen Schuldner betrifft der sich nicht in der Insolvenz befindet sondern weil hier auch die Gläubigerbank geschädigt wurde weil nämlich der Gläubiger über die recht hohe Summe bereits verfügt und dann in Insolvenz gegangen ist und der Schuldner davon offenbar wußte.
Denn auch BGHZ 74,300 kommt zu dem Ergebnis, dass eine sittenwidrige Schädigung durch Widerruf der Lastschrift erst dann vorliegt, wenn er damit die Gläubigerbank schädigt oder dies billigend in Kauf nimmt. Und der konkrete Fall liegt insofern ganz anders, weil offenbar der Schuldner mit Forderungen gegen den Gläubiger aufrechnen wollte, dieses offenbar aufgrund einer bevorstehenden Insolvenz des Gläubigers nicht erfolgversprechend erschien und dann über Lastschriftwiderruf auf dem Rücken der Gläubigerbank ausgetragen wurde. In diesem Fall finde ich die Sittenwidrigkeit auch als gegeben und das Urteil des BGH in der Sache korrekt.
http://web.archive.org/web/20010424223734/http://gaius.jura.uni-sb.de/Skripten/Zahlungsverkehr/BGH79.htmAber so einen Anwendungsfall auf den Standardschuldner als "Regelfall" zu übertragen (unter dem Hinweis dass jede Lastschriftrückgabe das Risiko der Sittenwidrigkeit auslösen könnte) finde ich jetzt nicht so ganz passend.