Ist es richtig, dass wenn ich mich mit dem IV über eine Ausgleichszahlung Az einige und der die sT freigibt dieses bis zum Abschluß des Verfahrens (bis zum Beginn der WVP) unwiderufbar gilt. Muss ich dem IV auch eine BWA vorlegen und was passiert wenn die Tätigkeit in seinen Augen zu lukrativ ist und er zu der Meinung gelangt, dass die Az zu gering ist.
Also generell muss man während des Verfahrens (ohne WVP) einer Beschäftigung nur bei Verfahrenskostenstundung nachgehen, das gilt natürlich nicht wenn die Insolvenzkosten gedeckt sind durch genügend Masse. Wenn man aber freiwillig einer Beschäftigung nachgeht, hat das rechtliche Auswirkungen.
Bei einer selbständigen Tätigkeit fallen alle Einkünfte ausnahmslos und in voller Höhe in die Insolvenzmasse, wenn man keinen Antrag auf Pfändungsschutz für sonstige Einkünfte stellt. Da ist im Übrigen auch das Pfändungsschutzkonto keine große Hilfe, weil da nach dem Willen des Gesetzgebers Einkünfte egal welcher Rechtsnatur bis zu einem bestimmten Betrag im Monat unpfändbar sind. Das nützt aber alles gar nichts wenn der IV (oder außerhalb des Insolvenzverfahrens ein Gläubiger) beim Auftraggeber pfändet. Insofern ist dieser Gedankenansatz des Gesetzgebers mehr oder weniger ein Schuss in den Ofen.
Der IV kann die selbständige Tätigkeit natürlich auch freigeben und wird das in aller Regel auch tun einfach um Masseverbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Tätigkeit vermeiden. Und als Ersatz kann und muss er eine Ausgleichszahlung festlegen, die im Streitfall im Rahmen einer Klage des IV vom zuständigen Amtsgericht (nicht Vollstreckungsgericht) zu überprüfen ist.
Basis dafür bilden die Erkenntnisquellen des Insolvenzverwalters was der Schuldner mit einer vergleichbaren abhängigen Beschäftigung voraussichtlich verdienen könnte und was daraus nach seinen Verhältnissen (ggf. unterhaltsberechtigte Personen) pfändbar wäre. Natürlich sind Wahrscheinlichkeit einer Beschätfigung im höheren Alter, Arbeiten in einem ungelernten Beruf, längere Berufsunterbrechungen, persönliche Voraussetzungen wie Erkrankungen usw. gehaltsmindernd zu berücksichtigen. Aber auch regionale Gegebenheiten sind zu berücksichtigen sowie die Anzahl der freien Stellen in einem bestimmten Berufszweig.
Also bei Kundenaquise würde ich darlegen, was ein Verkäufer verdient. Wahrscheinlich wird der IV auch noch die Branche spezifiziert haben wollen weil es natürlich ein Unterschied ist, ob ich Fleisch und Wurstwaren verkaufe, Autos oder Immobilien. Um mal nur ein Beispiel zu nennen. Generell ist es wohl eher so, dass man das ggf. telefonisch mit dem IV besprechen sollte was man vorhat und da kann man mal vorfühlen auf beiden Seiten, anschließend würde ich meine Vorstellungen schriftlich konkretisieren und untermauern durch z.B. Internetrecherchen oder andere Quellen.
Bei mir ist es eigentlich so gelaufen, dass mein IV von meiner vorherigen Selbständigkeit wußte, das auch freigeben wollte und wir am Telefon kurz erörtert habe wie das von statten geht und was es bedeutet und er hat mich dann gebeten ihm mal etwas schriftlich reinzuschicken und habe dann auch meinerseits einen Vorschlag gemacht. Später habe ich noch mal eine andere Tätigkeit freigeben lassen. Generell kam der IV immer auf einen höheren Abführungsbetrag als von mir vorgeschlagen bzw. dargelegt aber das ist halt Ermessenfrage. Er lag bei mir so in etwa 10-15% über dem von mir vorgeschlagenen Abführungsbetrag. Das sollte man ggf. einkalkulieren. Außerdem ist er in einer Erklärung davon ausgegangen, dass ich im zweiten Jahr mehr verdienen könne und hat den Betrag für das zweite Jahr entsprechend höher in der Erklärung ausgewiesen.
Wenn es überhaupt keine Einigung gibt, hat man eigentlich nur 2 Optionen. Gerichtliche Klärung oder Niederlegung der freigegebenen selbständigen Tätigkeit.
Der IV hat natürlich ein Recht auf die tatsächlich erzielten Einkünfte und quartalsweise BWAs oder zumindest Vorlage der Einnahmen, ggf. Ausgaben und Kontoauszüge. Allein schon weil er für den Schuldner auch Steuererklärungen abgeben muss. Wobei durch Freigabe der Tätigkeit zumindest die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen Sache des Schuldners ist. Er wird neben dem Insolvenzgericht auch das Finanzamt informieren.
Das Insolvenzgericht hat die Freigabeerklärung des IV öffentlich bekannt zu machen jedoch nicht im gesamten Umfang (z.B. Höhe der Abschlagszahlung). In der Regel wird wohl nur veröffentlicht, dass die die selbständige Tätigkeit xy freigegeben wurde und Einkünfte daraus nicht dem Insolvenzbeschlag unterliegen und Verbindlichkeiten daraus nicht als Masseverbindlichkeiten geltend gemacht werden können. Weiterhin hat die Gläubigerversammlung die Möglichkeit auf Beschluss die Unwirksamkeit der Erklärung durch das Insolvenzgericht feststellen zu lassen. In diesem Fall unterfallen die gesamten Einkünfte dem Insolvenzbeschlag, in aller Regel aber nicht rückwirkend weil der Schuldner nach Treu und Glauben sich auf die Erklärung des IV verlassen durfte und rückwirkend auch keine Massnahmen wie Pfändungsschutz veranlassen könnte.
Ob der IV die Höhe der Ausgleichszahlung bei besonders ertragreicher Selbständigkeit heraufsetzen kann ist in der Literatur umstritten. Die Befürworter gehen davon aus, dass der IV im Interesse der Gläubiger die erwirtschafteten Beträge bestmöglich in Beschlag zu nehmen hat und die Freigabeerklärung im Wesentlichen der Reduzierung der Masseverbindlichkeiten dient. Prinzipiell erwirtschaftet der Schuldner ggf. übermäßiges Vermögen im Rahmen der selbständigen Tätigkeit was im Widerspruch zu §35 Abs.1 InsO steht. Die andere Seite geht davon aus, dass die Erklärung des IV zum Zeitpunkt der Abgabe rechtlich bindend ist und nicht geändert werden kann. Nach meinen Recherchen gibt es mehr Befürworter für die "Anpassung" der Ausgleichszahlungen.
Ich gehe auch mal davon aus, dass mein IV im Zweifel die Erklärung anpassen wird. Sicherlich aber nur wenn die Ertragsaussichten deutlich besser sind, nicht um nur die maximale Höhe abzuschöpfen. Aber mal abwarten. Im Moment führe ich den Betrag laut Freigabeerklärung ab und alle sind zufrieden.
Viel Erfolg mit der Freigabe wünsche ich Dir und vor allem zu vertretbaren Bedingungen. Aber wird schon schiefgehen.
