"Ich müßte dann Gelder für meine Schuldner zürücklegen (zahlen), obwohl ich die ich die unter Umständen garnicht erwirtschaftet habe? Bei dieser Handhabung würde ich mich zwangsweise verschulden müssen"
-> Wenn aus Ihre selbständige Tätigkeit in der Wohlverhaltensphase keine Einkünfte erzielen, die es Ihnen ermöglich, einen Abführungsbetrag gem. § 295 Abs. 2 InsO zu entrichten, brauchen Sie diese nicht zwangsläufig einstellen. Wenn aber erkennbar ist, dass Sie dauerhaft keinen Abführungsbetrag gem. § 295 Abs. 2 InsO entrichten können, sollten Sie Ihre Erwerbsobliegenheiten dadurch "heilen", dass Sie sich auch weiterhin um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemühen.
Zudem schreiben Sie ja selbst "Bin deutlich über 50 Jahre, und bekomme nach über einem Jahr Arbeitslosigkeit, trotz intensiver Bemühungen keine neue Arbeitsstelle". Die Frage ist also, was Sie auf dem Arbeitsmarkt überhaupt verdienen können. So gewaltig hoch kann der Abführungsbetrag gem. § 295 Abs. 2 InsO also nicht ausfallen.
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Erkennt der Schuldner in der Wohlverhaltensphase, dass er mit der von ihm ausgeübten selbständigen Tätigkeit nicht genug erwirtschaftet, um seine Gläubiger so zu stellen, als gehe er einer vergleichbaren abhängigen Tätigkeit nach, braucht er seine selbständige Tätigkeit nicht sofort aufzugeben; um den Vorwurf zu entkräften schuldhaft die Befriedigung seiner Gläubiger beeinträchtigt zu haben, muss er sich dann aber nachweisbar um eine angemessene abhängige Beschäftigung bemühen und - sobald sich ihm eine entsprechende Gelegenheit bietet - diese wahrnehmen.
BGH, Beschluss vom 7. 5. 2009 - IX ZB 133/07; LG Münster
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[23] Im Streitfall haben die Gläubiger einen Verstoß der Schuldnerin gegen diese Obliegenheit nicht zu belegen vermocht. Zwar löst die Vorschrift die zu berücksichtigenden Erträge vom tatsächlichen wirtschaftlichen Erfolg der selbständigen Tätigkeit des Schuldners (FK/InsO-Ahrens, aaO § 295 Rn. 64). Das anzunehmende fiktive Nettoeinkommen ist jedoch aus einem angemessenen Dienstverhältnis zu berechnen. Angemessen ist nur eine dem Schuldner mögliche abhängige Tätigkeit (HK-InsO/Landfermann, aaO § 295 Rn. 7; Haarmeyer/Wutzke/Förster, aaO Kap. 8 Rn. 270 f). Aus der Auskunft der Bundesagentur für Arbeit vom 28. November 2004 ergibt sich, dass die Aussichten der Schuldnerin, eine neue Arbeitsstelle zu bekommen, sehr gering sind. Eine kausal auf einen Verstoß gegen § 295 Abs. 2 InsO zurückzuführende Schlechterstellung der Insolvenzgläubiger ist daher auch insoweit nicht zu erkennen. Im vorliegenden Fall hat die Schuldnerin keinen Gewinn erzielt; wie ein solcher Fall zu entscheiden wäre, kann der Senat daher offenlassen.
BGH, Beschluss vom 5. 4. 2006 - IX ZB 50/05; LG Traunstein (lexetius.com/2006,820)
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[16] Voraussetzung für die Berechnung des anzunehmenden fiktiven Nettoeinkommens aus einem angemessenen Dienstverhältnis ist, dass es sich um eine dem Schuldner mögliche abhängige Tätigkeit handelt (BGH, Beschluss vom 5. April 2006 - IX ZB 50/05, ZInsO 2006, 547 Rn. 13; vom 19. Mai 2011, aaO Rn. 6; Graf-Schlicker/Kexel, InsO, 3. Aufl., § 295 Rn. 20; Pape in Pape/Uhländer, InsO, § 295 Rn. 30). Neben einer schlechten Lage am Arbeitsmarkt, die es verhindert, dass der Schuldner eine angemessene abhängige Beschäftigung findet, kann sich die Unangemessenheit auch daraus ergeben, dass der Schuldner aufgrund seines Alters oder aus Krankheitsgründen nicht in der Lage ist, die vergleichbare Tätigkeit auszuüben (vgl. Weinland in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 295 Rn. 43; Wischemeyer, ZInsO 2010, 2068, 2069).
BGH, Beschluss vom 10. 10. 2013 - IX ZB 119/12; LG Hannover (lexetius.com/2013,4719)