Hallo,
die ganze Eigentumsvorbehaltsgeschichte lässt sich nicht nur durch ein paar Paragraphen regeln, die Realität sieht komplizierter aus. Kann aber verstehen, daß sie erstmal ein ungutes Gefühl haben weil, - Liefant verlangt Ware zurück, sie haben aber schon teilweise gezahlt = doppelter Verlust (Geld + Ware)
Hier greift aber häufig daß Anwartschaftsrecht, nämlich, daß sie mit bereits getätigten Zahlungen immer mehr Eigentum an der Sache bekommen, siehe unten:
Es ließe sich nach dem bisher gesagten argumentieren, dass der Eigentumsvorbehaltskäufer schlecht gestellt wird, denn er erhält erst bei vollständiger Zahlung Eigentum an der Sache. Streng genommen hätte er also, wenn er hundert Raten zu zahlen hätte, nach Zahlung der 99. Rate noch keine Eigentümerstellung erlangt und wäre damit auch nicht befugt, mit der Sache wie ein Eigentümer zu verfahren – der Käufer hätte demnach nicht einmal einen Anspruch darauf, den gekauften Gegenstand zu benutzen oder auch nur in seinem Besitz zu haben.
Dass dieses Ergebnis unbillig wäre, liegt auf der Hand. Deshalb hat sich die Rechtsprechung dieses Problems angenommen und die Figur des so genannten Anwartschaftsrechtes beim Käufer entwickelt, welches dem vorbehaltenen Eigentum beim Verkäufer identisch gegenübersteht. Der Käufer eines Vorbehaltsgutes erwirbt ein so genanntes Anwartschaftsrecht in dem Moment, in dem der Verkäufer einen Eigentumsvorbehalt vereinbart. Dieses Anwartschaftsrecht richtet sich in seiner Größe und Intensität nach dem Anteil des Eigentums, der beim Verkäufer verbleibt; es handelt sich also sozusagen um ein “immer weiter wachsendes Anwartschaftsrecht bis zum vollständigen Eigentum”. Folgendes Beispiel soll dies verdeutlichen:
Beispiel: Herr A kauft von Herrn B im Januar ein Auto zum Preis von EURO 10.000. Herr B behält sich, weil Herr A nicht den kompletten Kaufpreis auf einmal zahlen will, das Eigentum bis zur vollständigen Zahlung vor. Es wird vereinbart, dass Herr A jeden Monat EURO 1.000 zahlt, und dann mit Zahlung der letzten Rate im Oktober das Eigentum vollständig übergeht.
Der Erwerb eines Anwartschaftsrechtes bei Herrn A beginnt bereits im Januar mit Zahlung der Eingangsrate von EURO 1.000. Jeden Monat verringert sich mit weiterer Zahlung das Eigentum des Herrn B, und das Anwartschaftsrecht des Herrn A wächst an.
Herr A hat also mit der Bedingung, dass er erst dann Eigentum erhalten soll, wenn er auch voll gezahlt hat, bereits ein Anwartschaftsrecht an der Kaufsache erworben. Dieses Anwartschaftsrecht ist auch unabhängig von einer ersten Teilzahlung; allein die bedingte Übereignung ergibt ein solches Anwartschaftsrecht bereits.
Das Anwartschaftsrecht stellt damit eine nicht mehr einseitig durch den Verkäufer zerstörbare Position dar. Der Verkäufer kann also nicht von sich aus die verkaufte Sache herausverlangen, denn das Anwartschaftsrecht gibt unter anderem ein Recht zum Besitz. Dies spiegelt auch die gesetzliche Lage wieder: Seit der Schuldrechtsreform (zum 01.01.2002) ist klargestellt, dass der Eigentumsvorbehaltsverkäufer die unter Vorbehalt verkaufte Sache nur dann zurückverlangen kann, wenn er vom Vertrag zurückgetreten ist, § 449 Abs. 2 BGB – und das, obwohl er noch Eigentümer ist !
Ferner kann das Anwartschaftsrecht selbst auch Gegenstand eines Rechtsgeschäftes sein; so könnte im obigen Beispiel Herr A das Anwartschaftsrecht am Auto auch weiterverkaufen, wenn dies in seinem Kaufvertrag mit Herrn B nicht ausgeschlossen ist.
Also, bitte nicht gleich mit dem "Totschlagargument" Eigentumsvorbehalt sich einschüchtern lassen. Theoretisch kann der Verkäufer aber eine Nutzungsentschädigung geltend machen, die er mit ihren bereits geleisteten Zahlungen verrechnet. Also, ich würde, wenn es soweit ist, mit dem Lieferanten sprechen, wie er sich das Ganze vorstellt...und ein Eigentumsvorbehalt ist auch KEIN Herausgabeanspruch, dies ist nur ein Titel und soweit muß es ja nicht kommen...
Gruß,
Doktor Mabuse