1.
Nein, das ist nicht akademisch. Erst einmal kann nur ein Gläubiger einen Versagungsantrag stellen, nicht der IV. Die Gläubiger sind auch nicht verpflichtet, Versagungsanträge zu stellen. Hingegen muss andererseits der Schuldner an die Masse zahlen, was zur Masse gehört.
Folgendes noch zu dem OLG:
Das OLG-Urteil ist zeitlich vor dem BGH-Beschluss ergangen. Das OLG war noch der Meinung, dass wegen der Nichtzahlung der nach §§ 35, 295 InsO abzuführenden Beträge die RSB nach § 296 zu versagen wäre. Das ist falsch, weil § 296 im lfd. Verfahren keine Anwendung finden kann. Dementsprechend hat der BGH die Versagung der RSB nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO geprüft. Dies wird auch zukünftig der Ansatzpunkt sein.
Zitat aus dem BGH-Beschluss:
Hierbei handelt es sich im Gegensatz zur Wohlverhaltensphase nicht um Obliegenheiten, sondern um im Insolvenzverfahren zu beachtende Mitwirkungspflichten des Schuldners, deren grobfahrlässige oder vorsätzliche Verletzung unmittelbar den Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO eröffnen (vgl. Ahrens in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, aaO Rn. 163; FK-InsO/Bornemann, 7. Aufl., § 35 Rn. 24a; D. Fischer in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, aaO, § 290 Rn. 62; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 35 Rn. 105; HmbKomm- InsO/Lüdtke, aaO). Eine entsprechende Anwendung des andersartigen Versagungsverfahrens nach § 296 InsO scheidet daher bereits aus systematischen Gründen aus (Ahrens, NJW-Spezial 2013, 85, 86; aA Grote, ZInsO 2011, 1489, 1493 f). Zu den vom Schuldner nach § 35 Abs. 2 Satz 2 InsO zu beachtenden Pflichten gehört insbesondere, die nach § 295 Abs. 2 InsO maßgeblichen Beträge an den Insolvenzverwalter abzuführen. Hierbei handelt es sich um eine eigenständige Abführungspflicht, auf deren Einhaltung der Insolvenzverwalter einen unmittelbaren Anspruch hat (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2011, aaO Rn. 9) und die im Regelfall eine jährliche Zahlung gebietet (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2012, aaO Rn. 14). Im Zusammenhang mit der Abführungspflicht aus § 35 Abs. 2 Satz 2, § 295 Abs. 2 InsO ist der Schuldner gegenüber dem Insolvenzverwalter und dem Insolvenzgericht auch auskunftspflichtig. Insbesondere hat der Schuldner die für die Ermittlung des fiktiven Maßstabs notwendigen Angaben gegenüber dem Insolvenzgericht und dem Insolvenzverwalter zu machen, aus denen sich die ihm mögliche abhängige Tätigkeit und das anzunehmende fiktive Nettoeinkommen ableiten lassen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 2009 - IX ZB 116/08, ZInsO 2009, 1268 Rn. 9; vom 26. Februar 2013, aaO Rn. 9).
Ergebnis:
Es macht keinen Sinn, dem IV einen Anspruch zuzuweisen, wenn er nicht gegen den Schuldner vollstreckt werden kann.
2.
Wenn man das Urteil als Ganzes betrachtet kommt man aber zu dem Schluss, dass hier der pfändbare Betrag aus der selbständigen Tätigkeit gemeint sein muss. Anders herum macht es wenig Sinn. Auch ist besonders, dass das Gericht sich unter (2) auf den Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit und unter (3) auf das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit bezieht.
Eben nicht! Das kann nur falsch sein. Sowohl aus rechtlicher wie auch aus grammatikalischer Sicht. Es geht hier um die Abführungspflicht aus § 295 Abs. 2 bei freigegebener selbständiger Tätigkeit. Damit kann sich „diese Tätigkeit“ natürlich nur auf das fiktive Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit beziehen. Auf eine andere Idee kann man eigentlich nicht kommen, weil es aus der Systematik heraus nicht anders sein kann. So steht es deutlich in § 295 Abs. 2 InsO.
Liest man den Beschluss gänzlich aufmerksam durch, wird das nachvollziehbar. Denn der BGH hat an anderen Stellen erklärt:
Maßstab ist aber das nach § 295 Abs. 2 InsO zu bestimmende fiktive Nettoeinkommen.
Daher bilden die Einkünfte einer unselbständigen und nicht der tatsächlich ausgeübten freiberuflichen Tätigkeit die Bemessungsgrundlage für die nach § 35 Abs. 2 Satz 2 InsO zugunsten der Masse abzuführenden Zahlungen (BGH, Urteil vom 18. April 2013, aaO).
Der BGH hätte sich sonst die seitenlangen Ausführungen dazu sparen können und es wäre widersprüchlich.