Ich gehe selbstverständlich davon aus das ich erstmal Anspruch auf Arbeitslosengeld habe. Heißt das dann das ich auf Grund dessen automatisch kein Anspruch auf meine Abfindung oder auch nur einen Teil davon habe oder wie hast du das gemeint???
Ja, im Grunde habe ich das so gemeint. Nur hat man keinen Anspruch auf die Abfindung weil es eine Pfändung resp. Insolvenzbeschlag in der Insolvenz oder alternativ eine Abtretungserklärung in der WVP gibt und nicht weil man parallel ALG I bekommt. Das ist ein kleiner aber feiner Unterschied. Normalerweise darf man bei ordnungsgemäßer Kündigung die Abfindung zusätzlich zum ALG I behalten, soweit richtig. Normalerweise darf man eine Lottogewinn oder eine Erbschaft auch behalten. Aber das gilt natürlich nicht in einer Insolvenz. Da ist das erlangtes Vermögen (Neuerwerb) und der ist dem Insolvenzbeschlag (§35 InsO) unterworfen.
Die Kündigungen sind übrigens noch nicht raus sondern die Belegschaft wurde letzte Woche lediglich von der Geschäftsführung darüber in Kenntnis gesetzt das die Schließung der Firma beschlossen u. nicht mehr abwendbar ist und so schnell wie möglich dieses Jahr noch abgewickelt werden soll.
Okay - dann würde ich im Moment mal die Füße still halten, solange nichts offiziell ist.
Diesen Antrag den man stellen muß wie du sagst, um einen Teil der Abfindung behalten zu können, kann ich den von einem Anwalt über meiner Rechtschutzversicherung beantragen oder wie läuft das???
Prinzipiell ja, wenn die Rechtsschutzversicherung Arbeitsrecht mit einschließt. Das wäre dann auf jeden Fall ratsam, da die Konstellation mit Berücksichtigung von ALG I und insolvenzrechtlichen Aspekten sowie Pfändungsregelungen (§850i ZPO) rechtlich anspruchsvoll ist und vermutlich Rechenkünste, Fallkonstellationen und Taktieren mit dem Arbeitgeber verlangt. Also wenn das Optimale rauskommen soll, wenn es das überhaupt gibt.
Prinzipiell könnte man natürlich auch (zusammen mit dem Arbeitgeber) dafür sorgen, dass sich der Anspruch auf ALG I durch Eintreten einer Ruhezeit zunächst mal verzögert und hier eine Periode ohne Einkünfte zu erwarten ist und daher einem Antrag nach §850i ZPO zu entsprechen ist, die Abfindung also auf mehrere Monate verteilt wird und dann daraus ggf. Pfändungsbeträge beim Überschreiten der Pfändungsfreigrenzen zu erwarten ist. Auf diese Weise könnte man die Abfindung aus der Insolvenzmasse raushalten. Muss man aber sorgfältig planen, weil das Insolvenzgericht das rein theoretisch auch ablehnen kann, insofern ist auch ein taktisches Risiko dabei. Auf der anderen Seite kennen die sich im Arbeitsrecht auch eher nicht so besonders aus.
Man könnte eventuell aber auch mit dem Arbeitgeber vereinbaren, eine langfristige Kündigung ohne Zahlung einer Abfindung zu akzeptieren bei sofortiger Freistellung von der Arbeit. Dann erhält man statt der Abfindung weiterhin das Gehalt bis zum Ende des Arbeitsvertrages und hat sozusagen ab sofort frei. Die Zeit kann man nutzen um sich ggf. sinnvoll auf neue Bewerbungen zu konzentrieren und der Anspruch auf ALG I bleibt durch die Ruhezeit voll erhalten bis zum Ende Abfindung.
Das hat in dem laufenden Insolvenzverfahren keine Auswirkungen auf die Restschuldbefreiung, weil während des laufenden Verfahrens keiner Arbeitstätigkeit nachgegangen werden muss. Den Aspekt der Verfahrenskostenstundung kann man meist getrost vernachlässigen wenn die Verfahrenskosten durch laufende Zahlungen/Pfändungsbeträge gedeckt sind (meist um die 1000 EUR Verfahrenskosten/Mindestvergütung). Aber aufpassen, wenn das Insolvenzverfahren aufgehoben wird und die WVP beginnt. Dann sollte man mit dem Taktieren vorsichtiger sein bzw. dafür Sorge tragen, dass die Gläubiger wenigstens auch in den Genuss der Abfindung kommen. Sonst kommt jemand an, man hätte seine Erwerbsobliegenheiten verletzt.
Also insofern spricht m.E. viel für die Lösung mit der vorzeitigen Freistellung weil mit Aufhebung des Verfahrens sowieso die Erwerbsobliegenheit beginnt und weil es natürlich auch das persönliche Befinden hebt, wenn man am Arbeitsmarkt gebraucht wird und das insgesamt auch sehr sozialverträglich ist.

Aber Du siehst, die Bandbreite der Handlungsmöglichkeiten ist groß. Ich würde mich ggf. bei Vorliegen einer entsprechenden Rechtsschutzversicherung einem Fachanwalt für Arbeitsrecht anvertrauen und vielleicht sicherheitshalber die Police mitnehmen. Wobei der BGH einschränkende Bedingungen auch schon angegriffen hat (das wird der Anwalt aber auch hoffentlich wissen):
Zudem hat der Bundesgerichtshof den Schutz der Arbeitsrechtspolicen stark ausgeweitet. Die Versicherer müssen nun stets auch dann für den Besuch beim Anwalt zahlen, wenn der Arbeitgeber noch gar nicht gekündigt hat, sondern erst einmal Gespräche über einen Aufhebungsvertrag anbietet.
Siehe auch:
http://www.kanzlei-flaemig.de/magazin/aktuelles-arbeitsrecht/aufhebungsvertrag-rechtsschutzversicherung-muss-in-der-regel-zahlen/Kann ich den Gläubiger im laufender Insolvenz jetzt noch ein Angebot unterbreiten die komplette Restschuld durch meine Abfindung zu begleichen, oder ist das jetzt nicht mehr möglich.
Das halte ich für ein schwieriges Unterfangen, weil die Gläubiger die Abfindung ja irgendwie sowieso bekommen. Das liegt ja letztlich nicht in Deiner Hand bzw. Du kannst über das Geld ja nicht frei verfügen. Etwas anderes wäre es, wenn man die Option hätte dass das Geld von einem Dritten kommt (unter bestimmten Bedingungen).
Hier ein paar Erläuterungen zum Thema "Entlassungsentschädigung" seitens der Bundesagentur für Arbeit.
http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/Veroeffentlichungen/Merkblatt-Sammlung/MB17-Entlassungsentschaedigungen-AN.pdfPS: Wichtige Frage:
Das Insolvenzverfahren ist noch nicht aufgehoben, oder ?
Immerhin wurde das im Forum "Insolvenzverfahren" und nicht WVP gepostet aber Du scheinst auch noch neu hier zu sein - insofern sollte man da immer sicher gehen. Ist halt wichtig zu wissen ob die WVP schon begonnen hat oder nicht. Die Eröffnung 02.2012 ist schon einige Zeit her und das ist bei Verbraucherinsolvenzverfahren eher lang aber durchaus möglich.