Aber ich vertrete eine andere Ansicht: Der § 295 Abs. 2-Betrag und übriges pfändbares (Arbeits-)Einkommen sind zusammenzurechnen. Höhere Leistungsfähigkeit durch Mehrfacheinkommen muss auch zu einem höheren Pfändungsbetrag führen. Es wäre ungerecht, wenn man einen grds. pfändbaren Betrag einfach behalten dürfte.
Ich denke das kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls an. Prinzipiell ist die Obliegenheit eines Schuldners eine angemessene Tätigkeit (je nach Ausbildung und Möglichkeiten) auszuüben und die daraus pfändbaren Beiträge werden an den Treuhänder zur Befriedigung der Gläubiger abgeführt. Dreh- und Angelpunkt ist immer das angemessene Beschäftigungsverhältnis.
§295 Abs.2 ist je explizit eingeführt worden um selbständig tätigen Schuldnern eine neue Chance zu geben. Wie auch in der Selbständigkeit sind sie in dem Sinne für die Geschicke selbst verantwortlich, auch für eine ordnungsgemäße Abführung eines Beitrags an die Gläubiger. Dabei spielt eben gerade das tatsächlich erwirtschaftete Einkommen KEINE Rolle nach dem Wunsch des Gesetzgebers, weder im Falle übermäßiger noch im Falle ausbleibender Gewinne. Das muss man auch mal festhalten. Sonst hätte man auch gleich feststellen können, das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit wie Arbeitseinkommen während der WVP grundsätzlich der Pfändung unterliegt. Hat man aber nicht, und zwar ganz bewußt.
Wenn nun ein Schuldner neben einer Festanstellung mit 40Std./Woche eine gewerbliche Tätigkeit ausübt und zusätzliche Entbehrungen durch eine dazu ausgeübte Selbständigkeit auf sich nimmt, kann er dadurch nicht bestraft werden in dem er die daraus erzielten Einkünfte fast vollständig an die Gläubiger abzugeben hat. Schließlich ist er auch nicht verpflichtet über alle Maßen Anstrengungen zu unternehmen um die Gläubiger zu befriedigen (z.B. mit Selbständigkeit 60,70 oder 80 Stunden pro Woche zu arbeiten). Einzige Grundlage ist, ob das ausgeübte Beschäftigungsverhältnis als angemessen anzusehen ist und ob der Schuldner eventuell auf dem Arbeitsmarkt bessere Aussichten bei Neubewerbung hätte. Da die Gläubiger keinen Anspruch auf Mehrarbeit in diesem Sinne haben, haben sie auch keinen Anspruch auf die daraus erzielten Erlöse.
Dass eine abhängige Nebenbeschäftigung (z.B. auf 400 EUR Basis) zum Gehalt dazuzurechnen ist, ergibt sich aus der aktuellen Rechtslage über pfändbares Arbeitseinkommen. Ich halte es aber auch für eher selten, dass jemand mit einer Vollzeitbeschäftigung in der Insolvenz noch zusätzlich eine Nebenbeschäftigung ausübt. Insofern liegt zwar im Anschein eine Ungleichbehandlung vor, auf der anderen Seite kann es aber auch sein, dass ein selbständiger Schuldner durch seine Tätigkeit und Abführung von Beiträgen nach §295 Abs.2 InsO weniger zum Leben hat als jemand der festangestellt ist und dessen Einkommen der Pfändung unterliegt. Mal so, mal so.