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Autor Thema: Pfändung bei Nebenbeschäftigung  (Gelesen 13235 mal)

Kater

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Pfändung bei Nebenbeschäftigung
« am: 19. Januar 2012, 11:09:37 »

Hallo,
ich möchte nebenberuflich mit einem Onlineshop arbeiten. Eventuell damit später auch selbstständig machen. Aus meinem Hauptberuf werden mir ca. 120€ gepfändet,wird mir von meinem Nebenjob auch gepfändet, und wiviel? Ich hab mal gelesen, alles was über einen bestimmten Betrag liegt, wird komplett gepfändet. Wenn das so ist, lohnt es sich ja gar nicht nebenbei zu arbeiten. Ich bin in der Wohlverhaltensperiode.
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horst69

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Re: Pfändung bei Nebenbeschäftigung
« Antwort #1 am: 19. Januar 2012, 16:04:37 »

Ich vermute einfach mal, das Sie sich ein Nebengewerbe anmelden möchten !?!

Wenn das der Fall ist, können Sie, weil Sie einen vollzeitjob haben, das komplette Geld aus dem Onlineshop behalten !
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Insoman

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Re: Pfändung bei Nebenbeschäftigung
« Antwort #2 am: 19. Januar 2012, 16:22:01 »


Vorsicht, hier bestehen durchaus noch unterschiedliche Rechtsauffassungen..

einerseits sind die klassischen "Überstunden zur Hälfte pfändungsfrei:
Zitat
§ 850a Unpfändbare Bezüge

Unpfändbar sind

1. zur Hälfte die für die Leistung von Mehrarbeitsstunden gezahlten Teile des Arbeitseinkommens;

andererseits käme auch ein TH-Antrag nach §850e ZPO in Betracht:

Zitat
Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens

2. Mehrere Arbeitseinkommen sind auf Antrag vom Vollstreckungsgericht bei der Pfändung zusammenzurechnen. Der unpfändbare Grundbetrag ist in erster Linie dem Arbeitseinkommen zu entnehmen, das die wesentliche Grundlage der Lebenshaltung des Schuldners bildet.

Schließlich normiert § 295 InsO die Pflichten des "Selbständigen":

Zitat
(2) Soweit der Schuldner eine selbständige Tätigkeit ausübt, obliegt es ihm, die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zu stellen, wie wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre.

Es wäre also m.E. zu einfach, pauschal von Unpfändbarkeit der aus dem Nebengewerbe erzielten Einkünfte zu sprechen.
Das "Problem" ist wohl noch nicht abschließend geregelt...
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Der_Alte

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Re: Pfändung bei Nebenbeschäftigung
« Antwort #3 am: 19. Januar 2012, 18:06:53 »

Die dritte Alternative passt nicht, denn hier wird von einem Schuldner ausgegangen, der ausschließlich unabhängig beschäftigt ist und deshalb den Treuhänder so stellen muss, als sei er abhängig beschäftigt.

Die erste Alternative ist auch falsch, weil es, egal wie man es dreht und wendet, keine Überstunden sind. Überstunden entstehen auf Anweisung des Arbeitgebers, entstehen also nur in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis.

Wenn der Zusatzjob im Angestelltenverhältnis ausgeübt wird, gilt Alternative 2. So einen Job hätte man dem Treuhänder auch anzuzeigen, sonst verstößt man gegen die Obliegenheit aus § 295 InsO, nach der gemäß Abs. 1 Nr 3 keine von der Abtretung erfassten Bezüge verheimlicht werden dürfen. Da es sich bei dem Einkommen um Arbeitseinkommen handelt, dass man abgetreten hat, besteht Anzeigepflicht. Solange das Gericht keine Zusammenrechnung beschlossen hat, wird jedes Einkommen einzeln hinsichtlich der Pfändung zu betrachten sein.

Wenn der Zusatzjob eine reine selbständige Tätigkeit ist, die zusätzlich zu einer Vollbeschäftigung ausgeübt wird, bekommt der Treuhänder davon nichts. Eine selbstädige Beschäftigung unterliegt nicht der Abtretung; durch die Abtretung aus dem abhängigen Beschäftigungsverhältnis wird die Pflicht aus Abs. 2 vollständig aufgehoben.
Ein Selbständiger hat dem Treuhänder nur abzuliefern, was in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis abzuliefern ist. Das ist hier bereits durch die Pfändung des Lohns geschehen. Das darüber hinaus erwirtschaftete darf ein Selbständiger für sich vereinnahmen.
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Insokalle

Re: Pfändung bei Nebenbeschäftigung
« Antwort #4 am: 19. Januar 2012, 19:57:12 »

Rechtsquelle?
Ich habe ebenfalls Bedenken. Es ist meines Wissens immer noch nicht geklärt, ob § 295 Abs. 1 und 2 kumulativ oder alternativ Anwendung finden.

Meiner Meinung nach kann nicht gewollt sein, dass in dem Bereich ein Schuldner mit Insolvenzverfahren besser dasteht als ohne.
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Der_Alte

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Re: Pfändung bei Nebenbeschäftigung
« Antwort #5 am: 19. Januar 2012, 20:20:27 »

Guckst Du hier: BGH, Beschluss vom 5. 4. 2006 - IX ZB 50/05 (http://lexetius.com/2006,820)

Randziffer 16: "Hinzu kommt, dass ein Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit nicht unter § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO fällt (vgl. FK-InsO/Ahrens, aaO § 295 Rn. 49 i. V. m. § 287 Rn. 34), der ein Verheimlichen von Bezügen und bestimmten Vermögensbestandteilen sanktioniert."

Da der Selbständige nur gefordert ist, ein dem abhängig Beschäftigten angemessenen pfändbaren Betrag zu zahlen, kommt dem Selbständigen in der WVP eine Besserstellung zu. Je nach seinem Geschick kann er einen deutlich über dem vergleichbaren Einkommen liegenden Gewinn erzielen und muss dennoch nur den vorgenannten Betrag zahlen.
Es wäre also widersinnig, wenn ein abhängig Beschäftigter in der WVP dafür betraft würde, dass er bereits angemessen abführt und zusätzlich noch den Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit zusätzlich teilweise abführen müsste, der rein Selbständige jedoch nicht. Ein Urteil habe ich dazu nicht, aber ich bin der Meinung, dass ist hier schon so diskutiert worden und entspricht auch meinem Rechtsempfinden.
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Insokalle

Re: Pfändung bei Nebenbeschäftigung
« Antwort #6 am: 19. Januar 2012, 21:13:05 »

Das überzeugt mich nicht. Im Gegenteil, ein weiterer Grund für eine kumulative Anwendung.

Ihren Beschluss muss ich mir nicht noch mal ansehen. Er beantwortet meine Frage nicht. Vielleicht wird es eines Tages geklärt.
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Der_Alte

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Re: Pfändung bei Nebenbeschäftigung
« Antwort #7 am: 19. Januar 2012, 21:30:05 »

Dr Beschluss sagt eindeutig, dass es sich nicht um Einkommen handelt, dass von der Abtretung umfasst ist. Damit ist es kein Arbeitseinkommen und sowohl Ihre ohnehin fragwürdige Überstundenhypothese als auch ein Zusammenrechnungsbeschluß scheiden aus. Mehr sollte das Zitat auch nicht begründen.

Da auch Sie für Ihre Annahme, der Schuldner in "Doppelfunktion" sowohl als Selbständiger als auch als abhängig Beschäftigter sei aus beiden Einkommen verpflichtet, wie auch immer abzuführen, keine Argumente bringen, bleibe ich bei meiner These, dass das aus selbständiger Tätigkeit erwirtschaftete Vermögen nicht der Pfändung unterliegt.
Sie können gern versuchen, eine praktikable und juristisch begründete Lösung für die Berechnung des pfändbaren Anteils dieses Vermögensteils zu finden. Ich bin gespannt.
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Insoman

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Re: Pfändung bei Nebenbeschäftigung
« Antwort #8 am: 19. Januar 2012, 22:15:36 »


Der Beitrag mit den Zitaten aus der ZPO kam von mir, nicht von Insokalle..

Es ging auch nicht darum, Hypothesen aufzustellen, sondern anzudeuten, dass die Lösung dieser Frage eben nicht so einfach ist, wie Sie es mit ihrem "gesunden Rechtsempfinden" als Erstantworter in Stein gemeißelt haben, mit Verlaub.

Meine Vermutung ist, dass es noch keine höchstrichterliche Entscheidung zu der Thematik gibt, weil die Lösung wohl auf unteren Ebenen unmissverständlich entschieden wurde..
Also behaupte ich jetzt einfach mal, dass es in solchen Fällen i.d.R. zu einer Einigung zwischen Schuldner und TH im Vorfeld gekommen ist oder eben zu Zusammenrechnungsbeschlüssen.
______

Zur "Besserstellung" des Selbständigen in der WVP ist anzumerken, dass mit seiner Tätigkeit wohl auch ein deutlich höheres Risiko verbunden ist als es der Lohnabhängige zu tragen hat.
Ich gebe zu bedenken, dass §295 InsO aus dem Wissen heraus entstanden ist, dass es immer mit erheblichem Aufwand verbunden sein würde, das tatsächliche Einkommen eines Selbständigen zu prüfen..
Jeder kennt wohl das Phänomen des "sich arm rechnens"...
Hier hat der Gesetzgeber eben eine pragmatische Lösung gesucht, mit Sicherheit wollte er den Selbständigen nicht besser stellen..
Wie Sie jedenfalls den "rein Selbständigen" mit dem "Gemischten" in einen Topf werfen können, bleibt mir rätselhaft.
Viel plausibler erschiene mir hier der Gedanke, den "gemischten Mehrarbeiter" mit dem "lohnabhängigen Mehrarbeiter" zu vergleichen..
______


Ich rücke jedenfalls nicht von meiner Idee ab, dass die Lösung über § 295 2 InsO iVm § 850e ZPO führen könnte..
Wenn der selbständig Tätige seine Gläubiger so zu stellen hat, wie wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre, dann wäre das -bereinigte- Einkommen aus selbständiger "Mehrarbeit" eben entsprechend anzurechnen.
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Der_Alte

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Re: Pfändung bei Nebenbeschäftigung
« Antwort #9 am: 19. Januar 2012, 23:43:11 »

Erstanworter war nicht ich und ich habe auch nichts in Stein gemeisselt.

Ihre Anmerkung zur Zusammenrechnung geht schon deshalb fehl, weil es lt. BGH-Beschluss kein von der Abtretung erfasstes Arbeitseinkommen ist, dass nach § 850 e ZPO zusammengerechnet werden könnte. Denn es können nur die in § 850 e ZPO genannten Einkommen zusammengerechnet werden.

Um die Argumentation ein wenig von "Einkommen" weg zu losten.
Es ist dem Schuldner in der WVP gestattet, Vermögen wieder aufzubauen. Wenn jemand - ich weiß, Beispiele hinken immer - beispielsweise jedes Jahr ein altes, nicht fahrtüchtiges Kfz kauft und mit eigenem Geschick wieder fahrbereit macht und dieses dann zu einem höheren Preis wieder verkauft, muss er den Gewinn dem Treuhänder melden? Oder der Flohmarktbesucher, der mit viel Geschick preiswert einkauft und dann bei EBAY wieder für gutes Geld verkauft, muss der abführen.
Oder sind nicht gerade solche vermögensbildenden Handlungen ausgenommen.
Wenn andererseits jemand das gewerblich macht neben seiner eigentlichen Tätigkeit soll das zu eine Pflicht zum Abführen welchen Teils auch immer an den Treuhänder begründen?

Dass es dazu keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt ist bedauerlich; ich würde zumindest den Versuch machen das Gericht davon zu überzeugen, dass eine "Abtretung" aus diesem Gewinn nicht von den Vorschriften der Insolvenzordnung gedeckt ist.
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Der_Alte

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Re: Pfändung bei Nebenbeschäftigung
« Antwort #10 am: 20. Januar 2012, 08:36:02 »

Zwei weitere Anmerkungen zu dem Problemfeld:

1. Es ist eine falsche Herangehensweise, die Obliegenheit des selbständigen Schuldners nach § 295 Abs. 2 InsO als eine Verpflichtung zur Zahlung zu sehen. Der Gewinn einen Selbständigen unterliegt in der WVP keiner Pfändung, die Höhe seines Gewinnes ist für das Verfahren vollständig unbedeutend. Nach der Gesetzesbegründung, die erstmals im Entwurf der InsO (Bundestagsdrucksache 1/92)veröffentlicht ist, wollte man im Gegensatz zur bis dahin geltenden Regelung es ermöglichen, dass ein Schuldner eine selbstädnige Tätigkeit ausüben kann und trotzdem in den Genuss der RSB kommt. Dazu soll er, um die Gläubiger im Verfahren zu befriedigen, im Verlaufe der WVP eine Geldsumme an den Treuhänder zahlen, die dem entspricht, was er in vergleichbarer Tätigkeit als abhängig Beschäftigter hatte abführen müssen. Es kommt dabei weder darauf an, dass jeden Monat dieselbe Summe noch das kontinuierlich gezahlt wird. Ein Selbständiger hat die Obliegenheit erfüllt, wenn mit Ablauf der WVP eine Geldsumme eingezalt ist, die diesem Äquivalent entspricht.

2. Gewinn kann in der WVP nicht gepfändet werden, auch nicht Gewinn aus selbständiger Tätigkeit. Deshalb hat der BGH in dem unten angeführten Beschluss auch festgestellt, dass es keine Obliegenheitsverletzung ist, wenn Gewinn aus selbständiger Tätigkeit dem Treuhänder nicht angezeigt wird. Das ist auch konsequent, denn weil Gewinn in der WVP nicht pfändbar ist, benötigt der Treuhänder diese Kenntnis auch nicht.


Alle Versuche einen pfändbaren Anteil von Gewinn aus selbständiger Tätigkeit zu konstruieren, um bei einem Schuldner, der sowohl abhängig als auch selbständig tätig ist, verkennen, dass eine Zusammenrechnung gesetzlich nicht normiert ist. Die Anwendung der Pfändungsregeln für Arbeitseinkommen auf Gewinn aus selbständiger Tätigkeit sind rechtlich unhaltbar, weil sie gegen das in der deutschen Rechtsordnung geltende Analogieverbot verstoßen.

Es gibt keine Regelung für die Abschöpfung von Gewinnen bei solchen Schuldnern, die neben einer abhängigen Beschäftigung auch eine selbständige Tätigkeit ausüben. Ob es sich dabei um eine versehentliche oder eine bewußte Regelungslücke handelt, ist dabei unbeachtlich.
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Insoman

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Re: Pfändung bei Nebenbeschäftigung
« Antwort #11 am: 20. Januar 2012, 09:46:42 »

Entschuldigung zunächst für mein Versehen bzgl. des Erstantworters...
Ihren Ausführungen zu folgen ist durchaus interessant.

Zitat
Ein Selbständiger hat die Obliegenheit erfüllt, wenn mit Ablauf der WVP eine Geldsumme eingezalt ist, die diesem Äquivalent entspricht.
Daraus kann doch ohne Weiteres eine potentielle Zahlungspflicht konstruiert werden...
eben die eines vgl. lohnabhängig Beschäftigten.

Zitat
Die Anwendung der Pfändungsregeln für Arbeitseinkommen auf Gewinn aus selbständiger Tätigkeit sind rechtlich unhaltbar, weil sie gegen das in der deutschen Rechtsordnung geltende Analogieverbot verstoßen.
Sorry, aber das Analogieverbot ist auf das Strafrecht gemünzt.
In anderen Rechtsgebieten sind Juristen geradezu angehalten Analogien zu bilden, wenn Regelungslücken bestehen..
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Der_Alte

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Re: Pfändung bei Nebenbeschäftigung
« Antwort #12 am: 20. Januar 2012, 10:41:42 »

Analogieverbot nur im Strafrecht --> ok, mein Irrtum.

Dann ist die Frage weiter zu diskutieren, ob 850 e ZPO anwendbar ist. Ich habe mir dazu mal den Kommentar geliehen. Lt. Beckscher Kommentierung zum § 850 e ZPO ist eine Zusammenrechnung nicht möglich. Ich zitiere aus Kommentarziffer 6 zu § 850 e ZPO: "Andere Einkommensarten: Eine Zusammenrechnung des Arbeitseinkommens mit anderen Einkommensarten wie zB aus selbständiger Tätigkeit findet schon nach dem klaren Wortlaut von II [gemeint ist § 850 ZPO] nicht statt. LG Hamm JB90, 1059, AG Adamar DGVZ 89,189

Damit ist es für mich eindeutig, dass die Möglichkeit des § 850 e ZPO auch in analoger Anwendung  ausscheidet.

Bliebe nur die Möglichkeit, dass der Schuldner eine Gewinnabführungspflicht aus § 295 Abs. 2 InsO haben könnte.
Da Inso nicht das Themenfeld hier im Hause ist komme ich auch an keinen diesbezüglichen Kommentar heran.
Ausgehend allerdings von dem bereits zitierten Beschluss, dass der Schuldner keine Verpflichtung habe, dem Treuhänder das Vorliegen solcher Einkünfte anzuzeigen, sehe ich keine solche Gewinnabführungspflicht.

Ich denke, wir können uns in der Diskussion darauf einigen, dass hier noch Unklarheiten bestehen. Vielleicht hat ja jemand die Chance aus einem passenden Kommentar hier Aufklärung zu schaffen.
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Insoman

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Re: Pfändung bei Nebenbeschäftigung
« Antwort #13 am: 20. Januar 2012, 10:49:22 »

Gruß zurück aus DA...
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Insokalle

Re: Pfändung bei Nebenbeschäftigung
« Antwort #14 am: 20. Januar 2012, 11:41:43 »

Bei § 295 Abs. 2 InsO kann es keine Gewinnabführung geben. Das ist auch systembedingt, da es nach Verfahrensaufhebung nicht möglich ist, auf die Gewinne zuzugreifen. Daher soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ein fiktives Einkommen ermittelt werden, das einem Lohnempfänger entspricht. Mit diesem Einkommen wird der pfändbare Betrag errechnet. Nicht nur deswegen ist die Regelung unglücklich.

Den Vorschlag von Insoman (“Viel plausibler erschiene mir hier der Gedanke, den "gemischten Mehrarbeiter" mit dem "lohnabhängigen Mehrarbeiter" zu vergleichen..“) finde ich gut und nachvollziehbar.
Um dazu auch ein Beispiel in den Raum zu stellen: Ich sehe absolut nicht ein, wieso zB ein Nebenjob als angestellter Hausmeister dem Haupteinkommen zugerechnet wird, eine Nebentätigkeit aber als selbständiger Hausmeister gänzlich unberücksichtigt bleiben soll.
Für eine derartige Einschränkung des § 295 Abs. 2 InsO gibt es keinerlei Hinweise in der InsO. Und es steht leider nirgends, dass § 295 Abs. 2 InsO bei selbständiger Nebentätigkeit unter den Tisch fallen soll. Folgeproblem: Wo soll die Grenze liegen? Was ist beispielsweise bei einer 50/50 Aufteilung der Tätigkeiten?

Wenn das fiktive Einkommen des selbständigen ohnehin wie Lohneinkommen behandelt wird, liegt eine Zusammenrechnung mit dem Haupteinkommen nahe. Ich sehe kein Problem darin, dann nicht auf die ZPO zurückgreifen zu können, weil es letztlich zwei Lohneinkünfte sind, auch wenn eines davon fiktiv ermittelt wird. Anders wäre die obige Gleichstellung wohl nicht hinzubekommen.

Bei der Bestimmung der Höhe des fiktiven Einkommens müsste man berücksichtigen, dass es sich um eine Nebentätigkeit handelt, damit eben keine Benachteiligung entsteht.
Dem Selbständigen bleibt natürlich der Vorteil, Gewinne behalten zu dürfen. Er hat aber auch das Verlustrisiko zu tragen.


Ich habe zu diesem Problem schon viel Zeit in Recherchen investiert. Ohne Erfolg. Dass es keine Obliegenheit ist, die selbständige Nebentätigkeit mitzuteilen, ist bedauerlich und zeigt meiner Meinung nach wieder einmal das unstrukturierte Chaos bei den Obliegenheitspflichten und die Unüberlegtheit des Gesetzgebers.

Zu einer gerichtlichen Überprüfung des Problems kann es nur kommen, wenn ein Insolvenzgläubiger herausfindet, dass ein Schuldner eine selbständige Nebentätigkeit hat, die Abführung von mögl. hieraus resultierenden pfändbaren Beträgen als Obliegenheitsverletzung wie oben beschrieben ansieht und einen Versagungsantrag stellt. Berücksichtigt man dann noch das oft vorhandene Desinteresse der Gläubiger an einem Insolvenzverfahren eines Schuldners, wird für mich deutlich, dass Gerichtsentscheidungen in dieser Art von Fällen wahrscheinlich selten sind oder bleiben werden.
Ich vermute also, dass diese Ungewissheit nicht in absehbarer Zeit geklärt werden kann. Und wieder einmal geht sie zu Lasten der Schuldner.

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doktor mabuse

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Re: Pfändung bei Nebenbeschäftigung
« Antwort #15 am: 20. Januar 2012, 14:15:12 »

Hallo,

habe das Thema hier mit regem Interesse gelesen, auch wenn ich nicht unmittelbar davon betroffen bin.

Hut ab von den konstruktiven Beiträgen der Autoren... :thumbup: das sollte auch mal gesagt werden...

Mit Gruß,

Doktor Mabuse
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Der_Alte

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Re: Pfändung bei Nebenbeschäftigung
« Antwort #16 am: 20. Januar 2012, 14:37:27 »

Ich möchte einen Punkt herausgreifen, den ich für missverständlich halte.

Sie schreiben: "Dem Selbständigen bleibt natürlich der Vorteil, Gewinne behalten zu dürfen. Er hat aber auch das Verlustrisiko zu tragen." Ihrer so in den Raum gestellte Aussage haftet der Anschein an, der im Nebengewerbe Selbständige habe dieses Risiko nicht. Da sehe ich deutlich anders, denn dieser haftet für seine Verbindlichkeiten aus der Nebentätigkeit sogar mit seinem bereits gepfändeten Arbeitseinkommen, während der "normale" Selbständige in der WVP nicht nur den Vorteil der Gewinnsteuerung hat, sondern auch noch je nach Ertragslage bestimmen kann, wann er die Zahlungen an den Treuhänder leistet. Und da er nur in der Höhe leistungsverpflichtet ist, die der andere bereits aufgrund seines der Ausbildung und dem Beruf angemessenen Entlohnung zwangsweise abführt, ist er in einem deutichen Vorteil.
Das fiktive Einkommen wird ja gerade nicht wie Lohneinkommen behandelt, denn es heißt im § 295 InsO " ... so zu stellen, als ob ..." Es ist eben keine Vergleichbarkeit hergestellt. Der selbständige Insolvenzschuldner handelt sozusagen einen Deal mit dem Treuhänder aus, was wohl vergleichbar zu zahlen wäre und kann bei geschickter Argumentation deutlich besser dastehen als ein vergleichbar abhängig Beschäftigter.

Ich kann auch nichts negatives daran finden, den nebenberuflich Selbständigen bezüglich der Gewinne aus dieser Tätigkeit gleichberechtigt neben dem hauptberuflich Selbständigen zu stellen.
Es besteht keine Verpflichtung, eine Nebentätigkeit, schon gar keine selbständige, zur Befriedigung der Gläubiger aufzunehmen.
Wenn jemand das aus freien Stücken tut und ohne Risiko ein weiteres abhängiges Beschäftigungsveerhältnis eingeht, muss er mit einer Zusammenrechnung leben. Das hat der Gesetzgeber so gewollt, wobei er sicher nicht an diese Konstellation in erster Linie gedacht hat.

Wer jedoch das Risiko einer nebenberuflichen Selbständigkeit auf sich nimmt darf meiner Meinung nach nicht schlechter dastehen als derjenige, der sich ganz auf die Selbständigkeit verlegt hat. Ihrer und auch Insoman Vorstellung von einer Zusammenrechnung folgend wäre das allerdings so. Das ist für mich genauso ungerecht wie in Ihrem Beispiel mit dem Vergleich der Hausmeister. Weil der Gesetzgeber es nicht geregelt hat und auch bei intensivem Forschen kein wirkliches Ergebnis zu erzielen ist, schließe ich daraus, dass der Gesetzgeber, weil der Fall auch eher selten ist, hier bewußt keine Regelung getroffen hat. Regierungsbegründung und Bundesratentgegnung beim Entstehen dieses Gesetzes geben jedenfalls keinen Hinweis darauf, dass diese Tätigkeitskonstellation als regelungsrelevant betrachtet wurde.

Das ganze Regelwerk ist nicht glücklich; im Zweifelsfall würde ich immer dazu raten, nicht vorschnell auf eine Einigung mit dem Treuhänder einzugehen, sondern eine gerichtliche Entscheidung abzuwarten.
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Insokalle

Re: Pfändung bei Nebenbeschäftigung
« Antwort #17 am: 20. Januar 2012, 16:28:27 »

Danke, doc m. Mit dem alten und insoman kann man die Inso-Dinge richtig gut diskutieren. Ich finde das wird dann schon sehr anspruchsvoll. Das gefällt mir, auch wenn wir bei solch ungeklärten Themen naturgemäß nicht immer einer Meinung sind. Wäre ja auch langweilig.

Noch kurz zum letzten Beitrag.


"Ihrer so in den Raum gestellte Aussage haftet der Anschein an, der im Nebengewerbe Selbständige habe dieses Risiko nicht."

- Nein, das sollte so nicht sein. Ich wollte die Sätze erst weglassen, habe sie dann aber doch belassen, um zu verdeutlichen, dass es dafür gerade keinen Unterschied macht, ob neben- oder hauptberuflich selbständig. Das ist nach derzeitigen Stand das Risiko, mit dem man leben muss.


"Wer jedoch das Risiko einer nebenberuflichen Selbständigkeit auf sich nimmt darf meiner Meinung nach nicht schlechter dastehen als derjenige, der sich ganz auf die Selbständigkeit verlegt hat. Ihrer und auch Insoman Vorstellung von einer Zusammenrechnung folgend wäre das allerdings so."

- Kann ich nicht erkennen, weil bei einer nur im Nebenerwerb ausgeübten Selbständigkeit auch das Risiko geringer sein dürfte als bei der hauptberuflichen. Auch der Kostenaufwand ist meist deutlich geringer. Und könnte man bei der Berechnung des pfändbaren Betrges die "Überstundentheorie" anwenden? Müsste man vielleicht sogar, je nach Gerichtspraxis.


"Der selbständige Insolvenzschuldner handelt sozusagen einen Deal mit dem Treuhänder aus, was wohl vergleichbar zu zahlen wäre und kann bei geschickter Argumentation deutlich besser dastehen als ein vergleichbar abhängig Beschäftigter."

- Leider wird das wohl vielfach so praktiziert. Das sollte meiner Meinung nach an sich nicht sein, auch hier müsste eine Regelung her.


"Weil der Gesetzgeber es nicht geregelt hat und auch bei intensivem Forschen kein wirkliches Ergebnis zu erzielen ist, schließe ich daraus, dass der Gesetzgeber, weil der Fall auch eher selten ist, hier bewußt keine Regelung getroffen hat. "

- entweder das und er überlässt eine Klärung bequemerweise den Gerichten oder er hat das Problem gar nicht erst gesehen, was hin und wieder auch vorkommt.


"Das ganze Regelwerk ist nicht glücklich; im Zweifelsfall würde ich immer dazu raten, nicht vorschnell auf eine Einigung mit dem Treuhänder einzugehen, sondern eine gerichtliche Entscheidung abzuwarten."

- Ich denke, da sind wir uns alle einig.

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Der_Alte

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Re: Pfändung bei Nebenbeschäftigung
« Antwort #18 am: 20. Januar 2012, 17:51:07 »

Danke Insokalle und Insoman für die guten Beiträge, hat Freude gemacht.
Das einzige Problem mit Ihnen beiden ist, dass man sehr genau gucken muss, wer gerade schreibt. Diese Ähnlichkeit des Namensanfangs. Da kann son alter Sack wie ich schon mal in Schwimmen kommen.  :biggrin:

Bleibt am Ende nur, Kater eine Antwort auf die Frage zu geben, damit dass in unserer Diskussion nicht untergeht.

Kater schrieb: Hallo,
ich möchte nebenberuflich mit einem Onlineshop arbeiten. Eventuell damit später auch selbstständig machen. Aus meinem Hauptberuf werden mir ca. 120€ gepfändet,wird mir von meinem Nebenjob auch gepfändet, und wiviel? Ich hab mal gelesen, alles was über einen bestimmten Betrag liegt, wird komplett gepfändet. Wenn das so ist, lohnt es sich ja gar nicht nebenbei zu arbeiten. Ich bin in der Wohlverhaltensperiode.

Meine zusammenfassende Antwort:
Ein Nebenjob in der Wohlverhaltensphase ist zulässig.

Wenn Sie als Angestellte arbeiten ist das dem Treuhänder zu melden. Dieser wird dann bei Gericht die Zusammenrechnung beider Einkommen beantragen. Es wird in der Regel von ersten Arbeitgeber die Pfändung des um das durch den Nebenjob erhöhten Netto vorgenommen und abgeführt. Der andere Arbeitgeber zahlt dann in voller Höhe aus.
Exkurs: Denken Sie bite daran, sich die Genehmigung des ersten Arbeitgebers für die Nebenbeschäftigung zu holen, häufig ist das per Arbeitsvertrag verboten oder zustimmungspflichtig.

Wenn Sie sich selbständig machen wollen, brauchen Sie es dem Treuhänder grundsätzlich nicht mitzuteilen. Wenn er es mitbekommt kann sein, dass er bei Gericht beantragt, dass auch hier eine Zusammenrechnung erfolgt. Diese Rechtslage ist ungeklärt.



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Maurice Garin

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Re: Pfändung bei Nebenbeschäftigung
« Antwort #19 am: 20. Januar 2012, 18:10:43 »

Diese Dame hat mir gegenüber in einem Seminar zu dem Thema mal ganz selbstverständlich
die Auffassung vertreten, es seien die "Überstunden-Regelungen" anzuwenden. Die hatte da gar keinen Zweifel.

Ob sie damit richtig liegt weiß ich auch nicht. Aber die Kanzlei ist zumindest nicht irgendwer in dem Bereich. Ein wenig Ahnung haben die...
« Letzte Änderung: 20. Januar 2012, 18:12:52 von Maurice Garin »
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