Hallo, Andy,
na, Ihr IV scheint ja ein besonders unumgänglicher Zeitgenosse zu sein. Natürlich kann ich Ihnen nicht sagen, was Sie tun sollen, aber ich kann gern mal aufschreiben, was ich an Ihrer Stelle tun würde: nämlich mit allen - legalen - Mitteln um mein Einkommen kämpfen.
Zunächst würde ich dem guten Mann sehr freundlich aber bestimmt einen Brief schreiben, in etwa
Sehr geehrter Herr X,
vielen Dank für Ihr Schreiben; ich fürchte jedoch, daß ich Ihnen hinsichtlich pfändbarer Anteile meines Einkommens derzeit nicht weiterhelfen kann, da, wie Sie wissen, mein Nettogehalt im pfändungsfreien Bereich liegt, und es sich bei meinen Zulagen - wie bereits durch meinen Arbeitgeber nachgewisen - um reine Kostenerstattungen handelt, die anfallen, damit ich meine berufliche Tätigkeit überhaupt ausüben kann. Ich darf Sie in diesem Zusammenhang daran erinnerm, daß ich ja VOR Abschluß meines Arbeitsvertrages meine Gehaltserwartungen mit Ihnen durchgesprochen hatte und Ihnen bekannt war, daß ich zunächst so wenig verdienen würde, dass ich unter der Pfändungsgrenze bleibe
Ich bedauere dies sehr und kann Ihnen versichern, daß ich sehr gern mehr als nur den vorgeschriebenen niederländischen Mindestlohn verdienen würde. Weil ich mich an meinem Arbeitsplatz sehr einsetze hoffe ich jedoch, daß dies früher oder später der Fall sein wird, und ich dann auch meine Schulden abzahlen kann. Ich denke durch meinen Umzug in einen anderen europäischen Staat nur zur Arbeitsaufnahme, noch dazu im Leichtlohnbereich, habe ich bewiesen, daß mir dies ein ernsthaftes Anliegen ist.
Solange ich kein besseres finanzielles Angebot habe, ist es mir jetzt aber am wichtigsten meinen derzeitigen Arbeitsplatz zu behalten. Bedenken Sie, daß ich die Arbeit erst kürzlich angetreten habe, und ich habe ganz einfach Angst, dass mein Chef mir wieder kündigen könnte, wenn er laufend neue Bescheinigungen ausstellen muß.
etc. etc.
Und wenn Sie noch so wütend auf den IV sind: Lassen Sie sich's nicht anmerken, immer höflich und sachlich bleiben und regelmäßig bekunden, dass Sie ja gern Ihre Schulden zurückzahlen wollen, aber. . . leider. . . . Wenn Sie auf offene Konfrontation gehen, riskieren Sie am Ende nur Ihre RSB.
Mein weiterer Tip: Befassen Sie sich ausführlich mit der Insolvenzverordnung und mit dem berühmten Paragraph 850 ZPO - und anderen, ähnlich gelagerten. Das sollte in nächster Zeit Ihre "Bibel" sein. Je besser Sie sich auskennen, desto besser können Sie sich wehren, und desto besser können Sie bestimmte gesetzliche Vorschriften zu Ihren Gunsten interpretieren bzw. den unpfändbaren Anteil Ihres Gehaltes erhöhen.
Prüfen Sie auch mal, ob Sie in den Niederlanden die Möglichkeit haben, sich beraten zu lassen (kostenlos oder per Beratungsschein); falls das nur in D geht, versuchen Sie es dort zu organisieren; ich nehme ja an, daß Sie auch ab und zu "nach Hause" kommen.
Wenn Sie mit einzelen Entscheidungen des IV nicht einverstanden sind, spricht auch nichts dagegen, sich direkt beim zuständigen Amtsgericht zu erkundigen. Nicht über den IV beschweren, den werden Sie vermutlich sowieso nicht los, aber sich einfach mal unwissend stellen: "Ich hätte da einmal eine Frage, ich verstehe das nicht". Oder "Ich möchte nichts falsch machen, deshalb. . . . . " Zum Beispiel würde ich das in Bezug auf die verlangten Kosten (124,--) durch den IV so machen. Darlegen, dass Sie dieses Geld nicht haben und fragen, was Sie da tun können, ob es nicht gestundet werden kann, etc. Bedenken Sie, was hier im Forum schon oft gesagt wurde: Der IV ist nicht auf Ihrer Seite. Er ist der Gläubigervertreter und interessiert sich nicht dafür, wie SIE klarkommen oder wie es Ihnen geht. Das müssen Sie schon selber tun.
Es ist daher völlig legitim, an sich selber zu denken und eben NICHT alles zu schlucken. Schließlich ist die Insolvenz, nicht nur für die Gläubiger da sondern auch dafür, daß der Schuldner die Chance bekommt wieder auf die Beine zu kommen.
Deshalb: Lassen Sie sich nicht unterkriegen und tun Sie sich ab und zu auch mal was Gutes. . .
Schönen Sonntag noch,
lg Cornelia